PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN. Victor Boden

Читать онлайн.
Название PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN
Автор произведения Victor Boden
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957658937



Скачать книгу

worden waren. Midget war vor drei Jahren beauftragt worden, auf Oberon an der Entwicklung künstlicher Intelligenz auf Nanobasis zu arbeiten, die der Produktion intelligenter Kampfroboter dienen sollte, um die immer wieder aufflammenden Aufstände in den Kolonien des solaren Reiches endgültig niederzuwerfen.

      Paul beschritt dazu einen völlig neuen Weg und verzichtete auf die Anwendung von Siliziumdioxid als Grundlage seiner Forschungen, sondern wählte eine verkleinerte Variante von Kohlenstoffmolekülen, die Fullerene oder auch Bucky Balls genannt. Es gelang Paul, daraus organische Netzwerkstrukturen zu züchten, die sich in elektronische und mechanische Roboterstrukturen integrieren ließen und die Funktion eines zentralen Nervensystems übernahmen. Durch Vereinigung von vielen Milliarden winziger Bucky Balls mit einem Hochleistungscomputerprozessor entstand eine halborganische Intelligenz mit eigenem Bewusstsein. Das war sensationell und löste im Kriegsministerium wahre Begeisterungsstürme aus. Die Einsatzmöglichkeiten dieser intelligenten Killermaschinen schienen unbegrenzt. Doch leider hatte man einen klitzekleinen Haken an der Sache übersehen …

      Inzwischen hatte der Gleiter des Generals die Sicherheitsschranken des Geländes passiert. Die beiden Wissenschaftler beobachteten auf dem Monitor, wie ein einzelner Mann in Uniform das Fahrzeug verließ.

      »Das ist nicht Maximo!«, entfuhr es Ischar überrascht.

      Sie wissen Bescheid, flüsterte Laurin in Pauls Kopf. Sie gehen kein Risiko ein. Das war natürlich zu erwarten. Gleichzeitig reduzierte sich Midgets Pulsfrequenz, die Angst flaute ab. Laurin hatte wieder sein zerebrales Belohnungssystem stimuliert, sodass reichlich Glückshormone freigesetzt wurden.

      »Was geht da vor?«, zischelte Ischar. Er hob den Kopf und sah seinen Vorgesetzten ratlos an.

      »Was ist so amüsant an der Situation?«, fragte er mit Verärgerung in der Stimme, als er das glückselige Lächeln auf Pauls Lippen bemerkte. Als der nicht antwortete, schüttelte Jud unwillig den Kopf, um zu einer spitzen Bemerkung anzusetzen, doch dann betrat der Uniformierte aus dem Gleiter den Raum.

      Ohne die Anwesenden eines Blickes zu würdigen, geschweige denn, sich zu einer Begrüßung herabzulassen, zog er eine Art Laserpointer aus der Jacke, richtete ihn in die Luft und aktivierte einen Kontakt. Mit hellem Sirren entstand mitten im Raum das Hologramm von General Maximo, worauf sich der Uniformierte schweigend in den Hintergrund zurückzog.

      Die imponierende Gestalt des obersten Militärs des Reiches blickte ernst mit gerunzelter Stirn auf die beiden Wissenschaftler herab. Das grobporige Gesicht mit dem gelbbraunen Teint, den mandelförmigen Augen und dem langen, schwarzen Kinnbart erzeugte unwillkürlich die Assoziation eines spätantiken Hunnenkriegers.

      Ischar ließ eingeschüchtert Kopf und Schultern hängen. Paul konnte nicht anders, als mit seinem drogeninduzierten Idiotenlächeln fortzufahren.

      »Kommen wir direkt zur Sache!«, schnarrte der General. »Vor drei Erdmonaten wurde ich davon unterrichtet, dass es im Rahmen des Projektes Prometheus zu einem ernsten Störfall gekommen sei. Die von Ihnen, Paul, entwickelten Nanobausteine konnten sich aus dem Sicherheitsbereich der Forschungslaboratorien unkontrolliert auf Oberon ausbreiten. Tests hatten ergeben, dass sich Bucky Balls nicht nur in der Nahrung und im Trinkwasser des Mondes, sondern auch in Blutproben des wissenschaftlichen Personals nachweisen ließen. Die Folgen und Risiken dieser katastrophalen Panne sind unabsehbar.«

      Es entstand eine Pause, in der Maximo die Gesichter seiner beiden Zuhörer erwartungsvoll musterte. Ischar errötete verunsichert und senkte den Blick auf seine Stiefelspitzen. Schweiß perlte ihm auf der Stirn. Paul hingegen lächelte nach wie vor scheinbar unbeeindruckt.

      »In unserem letzten persönlichen Gespräch versicherten Sie mir, die Situation unter Kontrolle zu haben und das Problem aus der Welt zu schaffen, Paul. Und …?« Ein Lauern lag in der Stimme des Generals.

      »Wie sieht es nun aus mit Ihrem kleinen Problem? Haben Sie eine Lösung gefunden?«

      Er weiß Bescheid, wiederholte Laurin. Sag ihm die Wahrheit. Es spielt jetzt keine Rolle mehr für uns, wie er reagiert.

      Midgets Stimme war ruhig und gefasst. »Ich kann Sie beruhigen, General Maximo. Es gibt kein Problem mehr.«

      »Um es noch klarer auszudrücken: Es hat nie ein echtes Problem gegeben. Wenn es nach mir gegangen wäre …«

      Midget warf einen kurzen Seitenblick auf Jud, der sich inzwischen vor lauter Angst in ein zitterndes Häufchen Elend verwandelt hatte.

      »… wäre die Erde gar nicht über dieses Thema informiert worden.«

      Pauls Lächeln wurde noch eine Spur strahlender. Er zwinkerte dem General aufgeräumt zu. Ischar stöhnte entsetzt auf, als er das sah, und wimmerte nur noch leise vor sich hin.

      Maximo wirkte für einen Augenblick sprachlos. Mit halb offenem Mund starrte er Midget an, als habe er eine Kakerlake die Wand hochklettern sehen.

      »Wie soll ich das verstehen?«, zischte der General. »Sie wollten uns diesen desaströsen Störfall verheimlichen?«

      Sein Gesicht hatte vor lauter Zorn an Farbe verloren. Die starken Kieferknochen traten hervor, die wulstigen Lippen waren zusammengepresst. Nach einem kurzen Grunzen setzte er seine Rede mit drohend erhobenem Zeigefinger fort.

      »Uns ist durchaus bekannt, dass die von Ihnen kreierten Nanopartikel so klein sind, dass sie problemlos durch die Poren der Haut in den Körper eines Menschen eindringen können. Was dann mit ihm passiert, das weiß dagegen lediglich Gott!«

      »Falsch!«, antwortete Midget knapp und schnitt eine alberne Grimasse. Maximo starrte den Biochemiker entgeistert an.

      »Was sagen Sie da?«, fragte er heiser. Ihn beschlich ein zunehmendes Unbehagen.

      »Ich sagte: falsch! Im Sinne von: Sie irren sich!«, antwortete Paul in dozierendem Tonfall. »Aber ich könnte Ihnen den interessanten Sachverhalt am besten persönlich bei einem Tässchen Tee anhand meiner Forschungsaufzeichnungen erklären. Sie sind herzlich eingeladen.«

      Mit einer leutseligen Handbewegung forderte er den General auf, näher zu kommen.

      »Halten Sie mich wirklich für solch einen Narren, dass ich mich auf diesen verseuchten Mond begebe und mich von Ihren Nanomonstern penetrieren lasse?«

      Maximo schrie seine Worte förmlich heraus. Speicheltröpfchen schossen durch das wabernde Hologrammbild. Ischar wich mit einem Aufschrei des Erschreckens zurück und drängte sich wie eine Ratte im Käfig an die Stahlwand der Forschungszentrale.

      Midget dagegen blieb unbeeindruckt mit in die Hüften gestützten Fäusten stehen und sah Maximo ohne Wimpernschlag in die Augen.

      »Nun gut. Wie Sie meinen, General«, erwiderte Paul. Und nach einer kurzen Pause: »Dann kommen wir eben zu Ihnen.«

      Ein dröhnendes, bösartiges Lachen kam zur Antwort und dann ein Kopfnicken in Richtung des Soldaten, der sich nach Aktivierung des Hologramms bislang unauffällig im Hintergrund aufgehalten hatte.

      Achtung, Paul!, flüsterte Laurin. Ich übernehme jetzt.

      Der Uniformierte griff blitzschnell nach seinem Neutronenblaster und verfeuerte eine Salve gleißender Energiepartikel, die ein hässliches haselnussgroßes Loch in Ischars Hals hinterließen, der mit einem letzten Gurgeln zu Boden stürzte.

      Bevor sich der Soldat Midget zuwenden konnte, hatte dieser schon einen Satz nach vorne gemacht und das Handgelenk mit der Waffe des Angreifers gepackt. Mit einem Ruck riss Paul den Arm nach hinten. Der Soldat stürzte mit einem Aufschrei und luxierter Schulter zu Boden.

      Das Hologramm erlosch mit einem feinen Surren. Midget bückte sich beiläufig, um den Blaster aufzuheben und setzte sich vor die Beobachtungsmonitore, ohne den stöhnenden Soldaten oder seinen toten Stellvertreter eines weiteren Blickes zu würdigen.

      Midget war klar, dass Maximo nicht so dumm sein würde, persönlich auf Oberon zu landen. Ischar hatte zu