Название | H. G. Wells – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Herbert George Wells |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962813628 |
Eine Minute vielleicht hantierte es am Verschluss, und dann ging die Tür auf.
In der Dunkelheit konnte ich das Ding gerade noch sehen — mehr als allem anderen glich es einem Elefantenrüssel — es züngelte nach mir und tastete prüfend an der Mauer, an den Kohlen, am Holz und an der Decke umher. Es sah aus wie ein schwarzer Wurm, der seinen blinden Kopf hin- und herbewegt.
Und einmal berührte es die Ferse meines Stiefels. Ich war nahe daran zu schreien; ich biss mir in die Hand. Eine Zeit lang blieb es ruhig. Ich hätte glauben können, dass es sich schon entfernt habe. Plötzlich aber, mit einem unvermuteten Vorstoß, griff es nach etwas — ich dachte zuerst nach mir! — und schien wieder aus dem Keller hinauszugehen. Eine Minute lang war ich meiner Sache nicht sicher. Offenbar hatte es ein Stück Kohle erfasst, um es zu prüfen.
Ich benützte die Gelegenheit, um meine Lage ein wenig zu verändern, denn ich hatte Krampf in den Füßen. Dann lauschte ich wieder und flüsterte heiße Gebete um Rettung. Dann hörte ich das langsame, bedächtige Geräusch wieder, wie es mir immer näher kam. Allmählich und leise kam es dicht an mich heran und tappte die Mauer und die Einrichtungsstücke entlang.
Während ich noch zweifelte, sprang es rasch zur Kellertür und schloss sie. Ich hörte es, wie es in die Speisekammer schlich. Die Zwiebackbüchsen klirrten, und eine Flasche brach in Stücke. Dann kam ein heftiger Schlag gegen die Kellertür. Dann war es still — und die Stille wurde mir eine nicht enden wollende Zeit höchster Anspannung.
War es fort?
Endlich war ich davon überzeugt.
Es kam nicht mehr in die Waschkammer; aber den ganzen zehnten Tag lag ich in der stickigen Dunkelheit, unter Kohlen und Brennholz vergraben, und wagte nicht einmal, mir einen Trunk zu holen, nach dem ich lechzte. Schon war der elfte Tag angebrochen, als ich mich erst aus meinem Schlupfwinkel hervorwagte.
1 Briareus, der hundertarmige Titan der griechischen Göttersage <<<
V. Die Stille
Meine erste Handlung, bevor ich in die Speisekammer ging, war die Tür zwischen Küche und Waschkammer zu schließen. Doch die Speisekammer war leer; jeder Bissen Essen war verschwunden. Offenbar hatte der Marsmann am vorhergehenden Tag alles fortgenommen. Bei dieser Entdeckung erfasste mich zum ersten Mal die Verzweiflung. Weder am elften noch am zwölften Tage genoss ich Speise und Trank.
Erst trockneten mir Mund und Kehle völlig aus, und meine Kräfte nahmen merklich ab. Ich saß hilflos in der Dunkelheit der Waschkammer in einem Zustand mutlosen Elends. Meine Gedanken beschäftigten sich unausgesetzt mit dem Essen. Ich glaubte, taub geworden zu sein, denn die geschäftigen Geräusche, die ich von der Grube her zu hören gewohnt war, hatten vollständig aufgehört. Ich fühlte mich nicht stark genug, um geräuschlos zum Guckloch zu kriechen; ich hätte es sonst gewiss getan.
Am zwölften Tage schmerzte mich mein Hals derart, dass ich selbst auf die Gefahr hin, die Aufmerksamkeit der Marsleute auf mich zu lenken, mich auf die knarrende Regenwasserpumpe stürzte, die neben der Senkgrube stand, und mir ein paar Glas voll geschwärzten und schmutzigen Regenwassers verschaffte. Ich fühle mich nun überaus erfrischt und durch die Tatsache ermutigt, dass kein spürender Tentakel dem Geräusch folgte, das ich beim Pumpen machte.
Während dieser Tage musste ich viel an den Kuraten und an die Art seines Todes denken; aber meine Gedanken waren unklar und hatten nur wenig Zusammenhang.
Am dreizehnten Tage trank ich wieder etwas Wasser und machte mir abenteuerliche Gedanken über Essen und alle möglichen und unmöglichen Fluchtpläne. So oft ich einschlief, quälten mich furchtbare Wahnvorstellungen, einmal vom Tod des Kuraten, dann wieder von üppigen Gelagen. Aber wachend und schlafend empfand ich einen heftigen Schmerz, der mich zwang, immer wieder zu trinken. Das Licht, das jetzt in den Waschraum drang, war nicht mehr grau, sondern rot. Meiner verwirrten Einbildungskraft schien es die Farbe des Blutes.
Am vierzehnten Tage ging ich in die Küche und sah zu meiner Überraschung, dass die Zweige des roten Gewächses gerade über die Maueröffnung gewachsen waren und so das Dämmerlicht des Raumes in eine karmesinrote Finsternis verwandelt hatten.
Frühmorgens am fünfzehnten Tage hörte ich eine seltsame, aber vertraute Aufeinanderfolge von Lauten in der Küche, und aufhorchend erkannte ich das Schnüffeln und Scharren eines Hundes. Als ich in die Küche ging, sah ich die Nase eines Hundes, wie sie an einer Mauerlücke durch die rötlichen Zweige hereinschnüffelte. Das überraschte mich außerordentlich. Als der Hund mich witterte, bellte er kurz auf.
Wenn ich ihn bewegen könnte, leise hereinzukommen, so hoffte ich fähig zu sein, ihn vielleicht zu töten und zu verzehren. Auf alle Fälle aber wäre es geraten gewesen, ihn umzubringen, damit seine Bewegungen nicht die Aufmerksamkeit der Marsleute auf mich ziehen konnten.
Ich schlich mich zu ihm und rief schmeichelnd: »Guter Hund!« Er aber zog auf der Stelle seinen Kopf zurück und verschwand.
Ich lauschte — ich war ja nicht taub — aber, da war kein Zweifel möglich, die Grube war still. Ich vernahm Laute, wie das Flattern von Vogelschwingen und ein heiseres Krächzen, und das war alles.
Lange Zeit lag ich dicht am Guckloch, aber ich wagte nicht, die roten Pflanzen zur Seite zu drängen, die es verdunkelten. Ein oder zwei Mal hörte ich ein leises Getrippel von den Füßen des Hundes, der tief unter mir auf dem Sand hin- und herlief, dann wieder Geräusche, die von Vögeln herrührten, aber das war alles. Endlich, ermutigt durch die anhaltende Stille, blickte ich hinaus.
Außer in der Ecke, wo eine Menge von Krähen umherhüpften und sich um die Gerippe der Toten zankten, welche die Marsleute verzehrt hatten, war kein lebendes Wesen in der Grube zu sehen.
Ich starrte um mich und traute kaum meinen Augen. Sämtliche Maschinen waren verschwunden. Abgesehen von dem großen Hügel gräulichblauen Pulvers in einer Ecke, einer Anzahl Aluminiumstangen in einer anderen, den schwarzen Vögeln und den Gerippen der Gemordeten, war der ganze Platz nichts als eine leere kreisrunde Sandgrube.
Ich ließ mich langsam durch das rote Gestrüpp hinabgleiten und stand jetzt auf dem Schutthaufen. Außer hinter mich nach Norden konnte ich in jede Richtung blicken. Und weit und breit war weder ein Marsmann noch das Anzeichen eines Marsmannes zu erblicken. Zu meinen Füßen fiel die Grube jäh ab; aber als ich etwas