Название | Sophienlust Paket 3 – Familienroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Sophienlust Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740959937 |
Peter Knoll beugte sich über sie und küsste sie flüchtig. Der Duft, der von ihm ausging, war herb und beunruhigend.
»Spazieren gehen«, stieß er leise und belustigt hervor und streifte mit seinen Lippen ihre Wange, »das ist etwas für ältere Semester. Ich habe mich so auf einen guten Cognac bei dir gefreut. Außerdem«, fügte er wichtigtuerisch hinzu, »will ich mir später einen Film im Fernsehen anschauen. Über die neuesten Motorjachten.«
»Motorjachten?« Barbara konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen. Was war die erste köstliche Frühlingsluft gegen eine Motorjacht, die sie doch niemals benutzen würde?
»Ja, Barbara.« Peter Knoll zog sein Lederjackett aus und hing es an den Garderobenhaken. Der hellblaue Pullover, den er darunter trug, brachte seine sportliche Figur perfekt zur Geltung. Er umarmte Barbara, führte sie ins Wohnzimmer, nahm im Vorbeigehen zwei Cognacschwenker aus dem Schrank und goss sich ein, als wäre er in dieser Wohnung von Geburt an zu Hause. Dann ließ er sich auf die weiche goldgelbe Couch fallen und legte mit einem eleganten Schwung die Füße auf den Tisch.
»Ich werde mir eine Motorjacht kaufen, Barbara«, verriet er nicht ohne Stolz in der Stimme. Als sie ihn zweifelnd ansah, fuhr er fort: »Schon in diesem Sommer. Dann kreuze ich im Mittelmeer.«
Barbara schwieg. Irgendetwas störte sie an diesem Satz. Warum sagte er nicht ›wir‹?
»Du ganz allein?«, fragte sie unschuldig.
Er lehnte sich zurück und lachte laut auf. »Nein, natürlich nicht. Mit ein paar Geschäftsfreunden und deren Frauen.«
Wie der Stich einer Nadel durchzog es Barbara. So, wie er von diesen Plänen sprach, war sie gar nicht eingeplant. Ohne sich um ihn zu kümmern, ergriff sie nun auch das Glas und nippte an dem Getränk, bis sie von innen her eine Wärme aufsteigen fühlte, die sie im Zusammensein mit Peter immer vermisste.
Ein kurzer Blick zu ihm und sie sah, dass er sein Glas bereits zum zweiten Mal füllte. Eine maßlose Traurigkeit ergriff sie. Sie wollte und musste mit Peter über Robin sprechen, musste ihm von ihrem Fund erzählen und den merkwürdigen Entschuldigungen, die ihr Sohn angeführt hatte. Doch schon flimmerte es auf dem Bildschirm, und die Stimme eines Sprechers kündigte einen Krimi an.
Da riss Barbara die Geduld. Sie sprang auf, knipste den Apparat aus und setzte sich so zu dem erstaunten Peter, dass er ihr gerade in die Augen sehen musste.
»Du musst mir helfen, Peter«, begann sie fast flehentlich. »Robin trinkt Gin, bevor er schlafen geht. Heimlich.«
Als Barbara weitersprach, mied sie den Blick des Mannes, in dem eine kalte Schadenfreude und hochmütiger Triumph lag.
»Na und?«, fragte Peter, als sie mit ihrer Geschichte zu Ende gekommen war. »Der Junge braucht eine Tracht Prügel, weiter nichts.«
»Er braucht ein Vorbild, Peter. So etwas wie einen Vater«, widersprach sie zögernd. In ihren großen grünlich schimmernden Augen flackerte dabei eine Hoffnung auf.
Peter Knoll stieß seinen Atem laut durch die Nase. »Ich habe dir ja immer gesagt, du hättest diesen Hallodri, Robins Vater, zur Ehe zwingen müssen. Oder wenigstens zur Kasse bitten müssen. Dann hätte er jetzt mehr Interesse für den Bengel.«
»Das alles ist längst vorbei, Peter.« Barbaras schmales Gesicht wirkte streng. Aber in ihr sehnte sich alles nach Liebe und Verständnis. Sie erkannte nicht, dass sie das alles von Peter niemals erhalten würde. Sie liebte sein selbstsicheres Auftreten, seinen strahlenden Witz und die Tatkraft, die sein Äußeres und sein Charme vermuten ließen.
Als Peter ihr fast mitleidig über das Haar fuhr, lächelte sie ihn vertrauensvoll an, als würde sich irgendwann doch alles so lösen, wie sie es heimlich ersehnte.
»Wenn alles längst vorbei ist, Barbara«, erwiderte er gönnerhaft, »so vergiss es. Robin wird dir noch viele Sorgen machen. Du hast ihn von Anfang an verwöhnt. Je großzügiger du bist, desto frecher wird er. Und für so einen Bengel findest du niemals einen Vater. Niemals.«
Barbara machte eine so schnelle Kopfbewegung, dass seine Hand von ihren Haaren glitt. Dabei blieb ihr Blick auf der Wohnzimmertür haften. Die Klinke der Tür bewegte sich leise.
»Robin«, rief sie mit heller, fröhlicher Stimme, als könnte die Gegenwart ihres Sohnes sie vor weiteren Geschmacklosigkeiten schützen, »komm herein!«
Die Tür öffnete sich einen Spalt. Robin erschien mit einem verschlafenen Gesicht. »Ich habe mich in der Tür geirrt, Mami«, stammelte er mit halb geschlossenen Augen. »Ich wollte mir nur etwas zu trinken holen. Ich habe Durst. Ist noch Milch im Eisschrank?«
Peter Knoll lachte laut und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel. »Der kleine Milchbubi will etwas zu trinken, haha!« Er ergriff seinen Cognacschwenker und hielt ihn hoch. »Komm, trink mit mir. Oder ist dir Cognac zu milde?«
Robin war zusammengezuckt. Sekundenlang haftete sein Blick nun auf dem Gesicht seiner Mutter. In seinen dunklen Augen stand Verzweiflung, Scham und ein bitterer Vorwurf.
Barbara hielt dem Blick stand. Sie ahnte, wie sehr sie sich schuldig gemacht hatte, indem sie Peter von Robins Vergehen berichtet hatte. Sie wusste, dass ihr Sohn diesen Mann nicht nur ablehnte, sondern ihn auch verachtete. Würde er seine Verachtung nun auch auf sie übertragen?
In diesem Moment spürte Barbara, wie sehr sie ihren Sohn liebte. Es wurde ihr alles gleichgültig, wenn sie ihn leiden sah. Sie erhob sich, trat mit ihm auf den Korridor und zog ihn an sich.
»Peter redet zuweilen dummes Zeug, Robin. Nimm es nicht tragisch.«
Robin bebte. »Hast du ihm …, hast du ihm etwa auch erzählt, dass Kai manchmal trinkt?«
»Nein«, antwortete sie wahrheitsgemäß. Aus dem Wohnzimmer hörte sie dabei den Fernseher. Peter hatte ihn also wieder angestellt, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte. Er wollte das unterbrochene Gespräch mit ihr gar nicht fortsetzen. Seine Motorjachten waren ihm wichtiger als das Kind der Frau, die er liebte. Die er liebte? Barbara zog Robin an sich. Dann schenkte sie ihm ein mütterliches Lächeln, das alle seine Wunden heilen sollte.
»Ich habe Peter wirklich nichts von Kai erzählt, Robin. Nur von dir. Aber ich verspreche dir, in Zukunft werde ich es für mich behalten, wenn du mir Kummer machst.«
»Ich will dir ja keinen Kummer machen, Mami. Und Kai ist mein bester Freund. Ihn will ich nicht verpetzen. Er hat schon genug auf dem Hals.«
Barbara dachte kurz an Kais Stiefmutter, die ein Baby erwartete und sich nicht wohlfühlte. Müsste diese Frau nicht glücklich darüber sein, ihr Kind in einer glücklichen Ehe heranwachsen zu fühlen, unter der freundlichen Obhut eines liebevollen Mannes?
Barbara goss Robin kalte Milch ein und sah aufatmend zu, wie er sie mit langen Zügen trank. Dann geleitete sie ihn bis zu seinem Bett.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, war ihr Gang nicht so beschwingt wie sonst. Der Bericht über die Motorjachten war gerade zu Ende. Trotzdem schaltete Peter das Gerät nicht aus. Barbar schob ihr Cognacglas beiseite und sah ihn an, als warte sie auf etwas, das doch nie eintreffen würde.
*
Barbara erwachte am nächsten Morgen von einem leisen Plätschern. Es regnete also. Sie sah zur Uhr und drehte sich auf die andere Seite. Sie konnte ja ausschlafen. Es war Sonntag, der einzige Tag, an dem sie so richtig faul sein konnte.
Aber Barbara fand keine Ruhe. Wenn es regnete, war es gescheiter, sich irgendeiner dringenden Hausarbeit zu widmen, zu der sie sonst nicht kam. Vor ihren geschlossenen Augen türmten sich Berge von ungebügelter Wäsche und zerrissenen Hosen und Strümpfen ihres Sohnes auf. Sie gähnte und streckte sich. Wie schade, dass sie am Abend zuvor nicht die gute Luft ausgenutzt hatte und spazieren gegangen war. Aber Peter war eben nicht zu solchen Unternehmungen zu überreden. Und heute würde er auch keine Zeit haben. Tagsüber war er immer beschäftigt. Dann musste er – wie er immer wieder stöhnend erzählte – über Kalkulationen seiner Werbefirma