Emsgrab. Wolfgang Santjer

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Название Emsgrab
Автор произведения Wolfgang Santjer
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839264287



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fahren und ihn befragen, ob er etwas gesehen hat? Ich komme hier noch nicht weg.«

      Die Stimme des Wachhabenden Klaus Hensmann krachte im Lautsprecher. »Moin, Onno. Bis jetzt ist hier alles negativ. Wir haben zwei Autos draußen, aber wonach sollen die suchen? Auf der Brücke war niemand und sonst haben wir keine Anhaltspunkte. Ich schick eine Besatzung zur Brücke, die sollen mit den Brückenleuten sprechen. Übrigens: Die Verbindung ist, vorsichtig formuliert, bescheiden.«

      »Dafür kann ich dich gut hören, Klaus.« Elzinga hatte das Funkgerät auf Abstand zu seinem Ohr gehalten. Er dachte an die Sprüche der Kollegen: ›Klaus hört man auch ohne Funkgerät.‹ ›An dem ist ein Marktschreier verloren gegangen‹.

      Elzinga brachte seine Ausrüstung zum Streifenwagen. Er verstaute den Spurensicherungskoffer, die Kamera und die sichergestellten Steine im Kofferraum.

      »Passat 20 für die Wache.« Die laute Stimme von Klaus Hensmann dröhnte aus dem Außenlautsprecher des Streifenwagens. Elzinga warf die Heckklappe zu und setzte sich in den Streifenwagen. Er schaltet den Außenlautsprecher ab und griff zum Hörer des Funkgerätes.

      »Klaus, hier ist Onno, ich höre.«

      Als Hensmann antwortete, konnte Elzinga an der hektischen Stimme erkennen, dass dort wieder einmal die Luft brannte. »Der Brückenwärter hat nichts gesehen und wir haben jetzt zwei Schwertransporte. Ich mache eine Eintragung im Vorgangssystem. Tut mir leid, mehr können wir nicht tun.«

      »Klaus danke für eure Unterstützung.« Elzinga ließ die Sprechtaste des Hörers los und startete den Motor.

      Auf der Rückfahrt zur Dienststelle überlegte Onno Elzinga, was er jetzt noch tun könnte. Die Fahndung war im Sand verlaufen. Kein Wunder, über den Steinwerfer war so gut wie nichts bekannt. Vielleicht wäre eine Pressemitteilung sinnvoll.

      Er brachte die Ausrüstung zusammen mit den Steinen ins Büro, griff zum Telefon und wählte die Nummer seines Chefs Rudolf Hansen. Er erzählte ihm, was sich an Bord des Baggers ereignet hatte.

      »Onno, die Idee mit der Pressemitteilung ist gut«, meinte Hansen. »Außerdem setzt noch bitte ein Fernschreiben ab. – Ach ja, und: Bitte zeitnah, das Ganze.«

      »Also sofort.« Das hatte Elzinga befürchtet.

      Zunächst einmal rief er aber noch im Krankenhaus an. Erst wollte man ihm keine Auskunft geben. Schließlich sagte man ihm aber doch, dass es dem Baggerkapitän den Umständen entsprechend gut ginge.

      Wenigstens eine gute Nachricht.

      Elzinga brütete über seinem Bericht. Nach einigen Versuchen war er fertig. Klares Amtsdeutsch und schön kurz. Ein Bericht als Fernschreiben und gleichzeitig als Pressenotiz.

      Das Faxgerät und der PC meldeten den erfolgreichen Versand. Eigentlich konnte er nun nach Hause. Jetzt noch die Abmeldung bei der vorgesetzten Dienststelle in Emden und dann Feierabend. Er griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Emder Wache.

      Der Wachhabende der Wasserschutzpolizei in Emden Kalle Lubinus erkannte die Nummer der Leeraner Kollegen im Display, als er sich meldete. »Mensch, Onno, bei euch war ja richtig was los – und …«

      »Allerdings«, unterbrach Elzinga seinen Kollegen. Er hatte keine Lust auf ein langes Gespräch, erst recht nicht mit diesem Plappermaul. »Und deshalb wollte ich jetzt Feierabend machen, Kalle. Vermutlich werden sich bei euch noch einige Presseleute melden. Ihr könnt auf die Pressemitteilung verweisen.«

      »Jo, Onno, hab ich gerade aus dem Faxgerät gezogen«, bestätigte Kalle. »Da steht ja nicht viel drin, aber wir machen das schon mit den Presseleuten«, fügte er selbstsicher hinzu. »Und noch einen schönen Feierabend.«

      Elzinga legte den Hörer auf. So ein Mist … Ausgerechnet Kalle Lubinus hatte als Wachhabender alle Gespräche über die gemeinsame Funkfrequenz mitgehört. Hoffentlich konnte der ausnahmsweise mal die Klappe halten, wenn die Vertreter der Presse wegen weiteren Einzelheiten zum Steinwurf anriefen.

      Onno verriegelte die Türen, setzte sich in seinen Privatwagen und fuhr nach Hause.

      Am nächsten Morgen traute Onno seinen Augen nicht, als er die kostenlose Sonntagszeitung aufschlug. Auf der ersten Seite wurde bereits über den Vorfall berichtet. Es wurde vermutet, dass Jugendliche aus Langeweile die Steine von der Brücke geworfen hatten.

      Onno lief rot an und raufte sich die Haare. Da hatte doch ganz offensichtlich ein Kollege noch in der Nacht ohne Rücksprache Informationen gemischt mit Vermutungen an diese Wochenzeitung weitergegeben. Plappermaul Kalle wahrscheinlich, er hatte es ja geahnt …!

      5.

      Nördliches Rheiderland

      Jugendliche … – Langeweile … !!

      Er glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. Diese Ignoranten! Konnten sie nicht erkennen, dass dies ein Teil seines berechtigten Protestes war? Die Planung und das Warten auf den günstigen Moment … Der Nebel, der ihn unsichtbar machte … Die Steine aus der Uferbefestigung …

      Bei den nächsten Aktionen muss ich ein Zeichen hinterlassen, dachte er.

      Ich werde mir etwas Passendes ausdenken.

      6.

      Polizeigebäude und WSP-Station Leer

      »Fingerabdrücke auf Steinen?« Der Beamte vom Erkennungsdienst schüttelte den Kopf. »Das kannst du vergessen. Was hast du außerdem am Tatort unternommen?«

      Onno erklärte seine Tatortarbeit.

      »Na gut … Das Einzige, was jetzt noch Sinn hat, ist eine Suche nach Spuren am Flussufer in Nähe der Brücke.«

      Onno ärgerte sich ein wenig, darauf hätte er auch selbst kommen können.

      Aber außer schmutzigen Stiefeln brachte die Suche am Flussufer nichts.

      Zurück auf der Station griff Onno zum Telefon. Der Tatort konnte freigegeben werden und Elzinga informierte den Beauftragten der Baggerfirma, Gerd Peters, dass mit den Reparaturarbeiten an Bord des Baggers begonnen werden konnte.

      Elzinga sah auf, als sein neuer Kollege Hans Schulz hereinkam. Der Berliner versah erst seit einigen Wochen auf der Station Dienst. Schulz ist unglaublich dünn und groß, dachte Onno. Der wird sich noch oft die Birne stoßen.

      Hans Schulz plapperte munter drauflos. »Hallo, Onno. Schön, dass du zurück bist. Was meinten die Kollegen von der Kripo?«

      »Ich hatte den Eindruck, die waren leicht genervt«, sagte Elzinga. »Kein Wunder – Frühdienst nach einem Wochenende! Du weißt doch, was da los war.«

      »Das ist mein Stichwort, Onno – wir beide müssen zum Sielhafen. Dort ist in der Nacht ein Kutter halb abgesoffen. Die Feuerwehr ist schon unterwegs.«

      Im Sielhafen angekommen, stellten die beiden WSP-Beamten erstaunt fest, dass nicht einer der alten Holzkutter teilweise untergegangen war, sondern einer der neuen, modernen Fischkutter.

      »Wie haren düchtig Glück und hem dat Water rutkregen, bevör he komplet ofsopen is«, sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr.

      Hans Schulz sah Onno Elzinga an. »Was hat er gesagt?«

      Elzinga grinste, im Sielhafen wurde nur Platt gesprochen und Hans Schulz hatte seine Probleme damit. »Er meinte, dass sie Glück hatten und das Wasser abpumpen konnten, ehe der Kahn komplett abgesoffen ist.«

      Im Gespräch mit Jan Brons, dem Eigentümer des Kutters, und den Feuerwehrkräften fand Elzinga schnell heraus, was passiert war. In der Nacht hatten Spaziergänger ein Alarmsignal auf einem Kutter gehört. Eingedrungenes Wasser hatte den automatischen Bilgenalarm ausgelöst.

      Im Dorf kannte jeder jeden, und so waren der Eigner und die Feuerwehr sofort informiert worden. Jan Brons hatte erstaunt festgestellt, dass die Eingangstür des Kutters nicht abgeschlossen war. Noch größer war sein Erstaunen gewesen, als er die Ursache für den Wassereinbruch gesehen hatte: ein geöffnetes