Traumprotokolle. Christof Wackernagel

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Название Traumprotokolle
Автор произведения Christof Wackernagel
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783866747784



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Zelle fällt mir siedendheiß ein, dass die Zettel rausgefallen sein könnten, und die Vorstellung, wieder runter zu müssen und sie aufzusammeln, eventuell anderen Gefangen, die sie schon gesehen und gelesen haben, wieder abnehmen zu müssen, ist entsetzlich – tatsächlich ist die Tasche leer und mein Herz sinkt in die Hose, aber dann war es die falsche Tasche und sie sind in der anderen –

      – wir haben Hafturlaub und fahren im Taxi zum Knast raus; kurz darauf kann ich mich schon nicht mehr erinnern, wie es außerhalb des Knastes aussieht; ich muss zum Arzt, wegen Nebenhöhlen – eine Ärztin im obersten Stock eines Hochhauses in einer karg und altmodisch eingerichteten Wohnung, deren Fenster bis zum Boden reichen, was mir Schwindel macht; eine andere Frau, eventuell auch Patientin, älter – spricht mit mir und ist konsterniert, dass sie nicht versteht, was ich will, ich schreibe einen Brief mit drei Anmerkungen, warum in der Metropole alles sinnlos ist; sie macht Annäherungsversuche, es entwickelt sich aber nichts und sie geht etwas kochen; ein Tisch, unter dem ein Hund liegt, der dauernd etwas kaut, steht jetzt in dem Raum, es wird gedeckt, und wir sitzen alle um den Tisch, es gibt Bestecke wie bei uns früher zuhause, eine große Holzplatte wird gebracht, auf der wohl irgendetwas tranchiert werden soll – vom Essen selbst ist immer noch nichts da –, Gert und ich werden gefragt, was wir trinken wollen; mir wird eine Schorle angeboten und ich nehme an; er nimmt ein Bier, und wir stellen fest, dass wir seit sechs Jahren keinen Alkohol mehr getrunken haben –

      – habe eine große Kiste mit Orangen gekauft und finde, als ich sie auspacke, zwei zusammengerollte Schlangen darin; sie tun nichts, ich sehe ihnen auch an, dass sie harmlos sind, aber sie sind einfach ekelhaft; erst lege ich sie raus auf mein Bett, um weiter auspacken zu können, dann packe ich sie in einen großen Karton, stelle ihn auf den Gang vor die Tür und schreibe: »Achtung Schlangen« darauf, damit Martin Walser das nicht aus Versehen aufmacht; Linda Caroll kommt dazu, freut sich, mich zu sehen, fragt, was los ist, und ekelt sich dann auch vor den Schlangen; wir schauen zusammen nochmal die Kiste durch, ob noch mehr drin sind, aber es sind nur noch ein paar andere Sachen drin, die ich auch gekauft hatte; –

      – bin in einer merkwürdigen Gruppe, in der geraucht und Musik gemacht wird und viele noch im Bett rumliegen – ich habe zwei Leute mitgebracht, von denen man nicht genau weiß, wer sie sind; Ebby fragt, ich gehe mit ihm über eine Wiese in Schwabing, wo andere Leute sitzen, vereinzelt, aber in irgendeiner Verbindung miteinander stehend, und erzähle ihm, woher ich sie kenne; er sagt, einer von beiden würde ab und zu absichtlich in Slang verfallen und das komme ihm seltsam vor –

      – unten am Abhang steht ein Haus, in dem eine vornehme Familie wohnt, mit deren Tochter ich befreundet bin; ich will dort duschen und sie lässt mich rein, aber es gibt Komplikationen, schwierig alles belastend; ein Brief muss wieder neu korrigiert werden –

      – habe im letzten James Bond Film die Rolle, in der ich ihn umbringen muss; danach Flucht durch ein riesiges Schloss, ein dicker livrierter Wächter verfolgt mich, ich will ihn kurz vor dem Hausgang wegstoßen, da sagt er, dass er mich doch nur zum Abschied umarmen will, er tut es auch; der letzte Drehtag, er scheint aber auch zur Rolle zu gehören, und ich sage, dass es zusätzlich auch privat ist, aber er ist wirklich ein gutmütiger alter Kerl – danach renne ich über einen riesigen Platz, auf dem durch seine wegamputierten Beine, anstelle derer er nur noch zwei Gipsstangen hat, Franz Josef Strauß steht und laut vor sich hinschimpft; weit hinten in der Ecke steht noch ein anderer Rentner auf Stöcken und stimmt ihm zu »ja wann kommt denn endlich der Helmut Kohl und holt mich ab«, ruft Strauß: »ich stehe schon anderthalb Stunden hier rum«; ich renne um die beiden rum und in eine Seitenstraße wieder hoch bis ich an zwei Bundesgrenzschutzwächer-Häuschen vorbeikomme, in denen die Wächter telefonieren, ich höre: »ja, ja der« – und als ich hinschaue: »aber mit Schleyer können wir dem nicht mehr kommen« und als ich darüber eher verärgert lache: »da lacht der!« –

      – bin mit Fips zusammen, er stochert in irgendeinem Ofen rum und wir überlegen, zusammen nach Libyen zu fahren; ich wende ein, dass ich doch nach der Entlassung nicht gleich für zweitausend Mark eine Videoanlage kaufen kann, aber er widerspricht und meint, dass es eine Möglichkeit gäbe, wenn er einundzwanzig Tage ins Kloster gehe, eine Erbschaft zu machen – Julia hockt im Kloster, aber hat ein Kind auf dem Arm, als wir dann zusammen auf die Straße gehen, muss sie scheißen oder hat Durst und riesige Lastwagen fahren an uns vorbei, sodass wir nicht über die Straße kommen; daneben ist eine Unterführung; es scheint so, als ob wir da durch müssen, Laimer Unterführung, erst dahinter sind Kneipen, etc., also schlägt sie vor, dass wir es tun –

      – auf einer Wiese nebenan ist ein junges Pferd geklaut worden – aber es scheint freiwillig mitgegangen zu sein, denn als es zurückgebracht wird, schlägt seine Mutter, auch ein Schimmel, mit den Hufen nach seinem Bauch, mehrmals, bis es wegrennt; die Mutter galoppiert um uns herum und steigt an der Seite hoch und wiehert; dahinter ist ein Flughafen, auf dem eine kleine Maschine gerade landet; davor wiederum jetzt eine Telefonzelle, um die herum gelangweilte Rucksacktouristen lümmeln, und in flachen Boxen daneben Zensoren; aus einem Fenster ruft jemand, wir sollten noch Briefe abgeben, wenn wir wollten, und ich rede mit einer Zensorin, die neu ist, ob ich in Zukunft auch noch mittags Briefe abgeben könne, damit sie dann am nächsten Tag schon beim Empfänger seien, was sie jedoch mit den Worten zurückweist, sie brauche ja auch Zeit zum Lesen und die reiche nicht; dann versucht sie, noch einen Brief von Erika zu entziffern und macht eine Bemerkung über die Ähnlichkeit der Schrift von meiner Mutter und mir –

      – ein Wächter setzt sich auf eine Mülltonne und rutscht ganz rein und schreit laut, weil ihm der Arsch zerschlissen ist – wir reden gerade über Inge Donnepp, die Justizministerin, die alle Mülltonnen leeren soll, damit nichts rauskommt –

      – Remo ist Sportler geworden – er kommt, nachdem Claudija gerade wegen eines Briefes, den sie tippen musste, da war und genörgelt hat, und er holt mich ab auf eine Wiese – ich erzähle ihm, dass ich drei Preise in letzter Zeit gewonnen habe, einen ersten, einen zweiten im Segelfliegen, obwohl ich gar nicht Segelfliegen kann, und einen dritten, und er kann es gar nicht glauben, findet das ein Zeichen für das Heruntergekommensein des Sports, er selbst hat inzwischen eine total fast bodybuildingartige, braune Figur, wir sitzen im Gras und noch mehr derartige Typen, seine Freunde kommen, sie werfen mit Bällen um sich und erst nach einer Wiele ist klar, dass sie zum Fußballspiel auffordern; ich sage, »wenn ihr vor lauter Sport nicht richtig Deutsch könnt, bringt das auch nicht viel« und gehe zum Fußballplatz mit ihnen; dort angekommen merke ich aber, dass ich keine Schuhe anhabe und renne zurück, lege einen Spurt ein und höre die höhnisch anerkennenden Rufe, es ist ein Gefühl, nicht ganz weg zu kommen, aber doch ziemlich schnell zu sein –

      – ein großes Flugzeug, eine Tristar, landet auf einer Dorfstraße, aber nichts passiert, erst dachte ich, der Zaun würde gerade typisch das Haus belästigen; ich hole zusammen mit anderen einen riesigen Packen Post und Zeitungen in einem Hauseingang ab, in dem der Besitzer, eventuell ein Knastdirektor, mit uns redet; in der Post entdecke ich zwei Umschläge von Lutz, aber den Brief habe ich schon vorher bekommen, ich wundere mich, dass er so umständlich verpackt ist, aber auch das Papier und die Umschläge, die es nur einmal pro Woche gibt, sind in solchen Umschlägen und ich sage lächelnd, »dort müsse ich wohl immer sein«; unter der Post finde ich einen persönlichen Brief vom Chefredakteur der »Nieuwe Rotterdammse Courant«, auf Geschäftskarten, in welchem er sich freut, dass ich die Auslandsausgabe habe und nur hundertundfünfunddreißig Leute sie auf diese Weise direkt bekämen, die meisten auf Paletten – die ich sehe! – an Großabnehmer gingen; danach schreibt er ausführlich über Artikel der letzten Zeit, entschuldigt und rechtfertigt sich für einen, der eine antisemitische Tendenz haben soll, und mir ist es peinlich, weil ich ihn gar nicht gelesen habe –

      – bin auf einem Bahnhof, ein Zug fährt an und plötzlich kriege ich mit, dass meine Mutter von ihm erfasst ist und ein paar Meter mitgeschleift schwer verletzt auf den Gleisen liegt – ich kriege einen riesigen Schrecken, stürze zu den Sanitätern, die sie bereits auf eine Trage gelegt haben, sie lebt noch, ist aber offensichtlich nicht mehr bei Bewusstsein, ich möchte nochmal »Mami« zu ihr sagen, damit sie es hört und getröstet ist, bevor sie stirbt, sie hört es offenbar auch und rührt sich; da kommt schon der Zug, der sie abholt und ich höre auf, Sturzbäche zu heulen, begleite sie in ein Sanatorium, wo sie operiert wird und ich durch die diversen Hallen,