Название | Traumprotokolle |
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Автор произведения | Christof Wackernagel |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783866747784 |
– höre im Sender »France inter« ein Stück, das fast täglich seit Jahren gesendet wird, und wahnsinnig gut ist, und gehe ein Stockwerk tiefer, wo zu meiner großen Überraschung die Band das Stück gerade fürs TV aufnimmt, Thomas Metzler an einem riesigen Tisch im Viereck sitzend, in dem die Instrumente eingebaut sind, Orgel, verschiedene Bongos, Kongas etc; als sie fertig sind, spreche ich sie durch ein Fenster an und teile ihnen meine Bewunderung mit, was sie relativ ungerührt aufnehmen; meinem Wunsch mitzuspielen stehen sie skeptisch gegenüber und die einzige Frau, die dabei ist, sagt, sie sei die beste Percussionistin, und ich merke schon, dass ich da nicht mitkomme, denn sie haben einen total komplizierten Sound drauf; dann sagt die Frau auch noch, dass ihre Musik nicht justiziabel sei, und auf meine Nachfrage, dass man keine Politik gleichzeitig machen könne; allerdings ist das ihr einziges Stück, das sie haben und spielen –
– bin Schwiegersohn in einer Bauernfamilie und helfe als Handwerker und Bauarbeiter auf dem Hof –
– eine Artikelserie über Hardebek, wo wir nackt um den Tisch sitzen und Keramik machen, gläserne Zangen und Ähnliches – ein Haus, das abgerissen wird und genauso wieder aufgebaut, Olga drin, Dreck in den Ohren von dem vielen Staub, mit Wattestäbchen rausgepopelt; ein Hubschrauber will auf einer abschüssigen Wiese landen –
– ein Wächter kniet unter dem Waschbecken und will etwas reparieren; ein anderer sagt, ich solle doch den Wasserhahn aufdrehen, aber ich widerspreche: »dann wird er nass«, weil der Abfluss tropft –
– mit Rosemarie Fendel im Restaurant –
– eine Schlacht mit Eckie im Versandhaus, er reißt Pakete auf und wirft sie um sich –
– Walter Scheel sagt, er lasse sich jetzt für nichts mehr missbrauchen, keine Unterschriften mehr, nur noch Altenteil; Genscher ist nur von hinten zu sehen und macht Einwände – ein Leserbrief von mir ist in der »TAZ« gedruckt und bezieht sich auf die Praxis; er ist besonders schlau formuliert –
– Fritz Taubert und Christoph Möller – der einen ziemlich dicken Bauch hat – werfen mir in der kleinen Straße vor dem Maxgymnasium, wo alle Schüler vor dem Portal stehen, vor, ich würde mich zu wenig dafür interessieren, in der Klassengemeinschaft zu sein – ich widerspreche, aber Taubert hält mir spitz vor, ich hätte das Leintuch, das ganz nass gewesen sei, hoch gehalten, sodass alle es sehen konnten, als Bettwäschetausch gewesen sei, offensichtlich im Internat; außerdem würde ich wohl professionell schreiben; er habe neulich mal was zum Rauchen gesucht – und selbst der beste Tabak sei bei mir noch mieser als sein Schlechtester – und er habe gesehen, dass überall professionelles Schreibzeugs rumliege und alles vollgeschrieben sei –
– der Vatikan ist eine Agentur des Konkurrenzkapitalismus, Papst Wojtyla16 eine Marionette die an den Schnüren tanzt, ich kriege Einblick in die geheimen Machenschaften hinter den Kulissen und entdecke merkwürdige Parallelen –
– bin in der DDR und will dort bleiben; habe ein schlechtes Gewissen gegenüber der Bevölkerung, weil ich ein SED-Sympatisant bin, die aber nicht; weil sie es aber nicht von mir wissen, sind sie freundlich zu mir, aber ich komme mir wie ein Betrüger vor; in einer Konditorei kaufe ich ein Kirschtörtchen, ein schönes rotes Rundes, und die Verkäuferin, die nett ist und hübsch, bietet mir ein zweites an, das sie aus einer Torte rausschneidet, schön mehrschichtig, und sehe es von ganz nah durch die Glasscheibe des Tresens, Sahne und Creme und Gelantineschichten und Kirschen und zarter Kuchen –
– irgendein Gefangener, den ich mal im Stadelheimer Hof getroffen habe, schreibt mir einen langen, vorwurfsvollen Brief, ich hätte versprochen, mit ihm eine Analyse zu erarbeiten, und seitdem nichts mehr von mir hören lassen; ich denke, dass ich ihm dann ja die Entwürfe für das Arbeitsmaterial zukommen lassen kann, da kommt die Friseurin, die fünf Jahre hat, wegen diversen Junkiekisten, wovon sie mir beim Haareschneiden erzählt; die Wächter lassen uns komischerweise alleine und vergessen sie sogar, wir küssen uns und ich lange in ihre Möse, aber wir ficken nicht miteinander, im Gegenteil, sie ist plötzlich weg und eine andere Frau kommt, mit der auch was ist; die Tür ist offen und andere Gefangene von draußen grüßen schüchtern rein; da mache ich das Bett hoch und die Friseurin springt erleichtert auf – sie war eingeklemmt −, und ich frage mich, ob sie von der anderen Frau was mitgekriegt hat, aber sie scheint gepennt zu haben; ich muss dann in eine andere Zelle, kann aber problemlos viel mitnehmen, was ich an Büchern etc. brauche –
– eine Mischung aus K und Goethe beziehungsweise Faust mietet sich in einem Gasthof ein und wirbt von oben um eine Jungfrau gegenüber, bis sie mitkommt, er ruft sie dauernd an, nachts sagt er einfach, dass er kommt – und sie geht mit ihm; wir mieten ein Haus, es wird noch umgebaut und wir gehen durch Räume, ich zwinkere Fips zu, dass wir diesmal nicht alles putzen müssen, aber einiges ist doch verdreckt, und an der Querseite innen gehen rechts und links je eine Treppe in den Keller, der vollgestellt ist mit Zeug; auf dem Dachboden riesige Zimmer, die wir noch unterteilen wollen – ich kriege eine Ecke mit jeweils drei oder vier Fenstern − es ist nur der alleroberste Teil schräg – es ist so groß, dass wir überlegen, nochmal zu unterteilen, ich will es, weil ich schön schreiben kann, weil draußen eine Straße mit viel Lärm ist; wir überlegen, ob es nicht Verschwendung sei, wenn ich erst in zehn Jahren einziehen kann, da ich dann doch erst rauskomme –
– Gert und ich haben Hafturlaub und kommen zu einer Antistationierungsgruppe, langhaarige Typen, viele Frauen, die um einen Bunker stehen und beraten; wir schlagen vor, doch eine Demo zu machen, werden gefragt, wer wir sind – Gert sagt, dass wir aus Stammheim sind, und sofort sind wir wohlgelitten – drinnen beginnt eine lange Debatte, wie, wo, mit was für Inhalten; Gert redet die ganze Zeit, ich sage nur, dass es keine Demo wie am zweiundzwanzigsten Mai sein darf und dass die Gefangenen nicht das Wichtigste sind, was gegen die »Initiative« geht und verstanden wurde, und kriege dafür vor Freude einen Kuss von einer Frau; dann essen wir, Gert gibt mir ein Ei ab, Valentin ist auch da und gibt mir ein brezelartiges Brötchen nachdem ich nicht gleich kapiert habe, dass es für mich ist, auf einer Art silbernem Tablett, und die Frau zählt drei Punkte der Demo auf, im Stehen, wir müssen zurück, bzw. fahren schon wieder zur Demo, lange Autoschlangen, wir sehen einen Bus mit den Stationierungsgegnern und winken; dann wälzen sich endlose Massen durch Wiesen und Felder neben einem Wald; fünfzehntausend oder noch mehr − es geht voll gegen die »Initiative« und ich freue mich – Gespräche von Leuten, die sich wundern, dass so viele kommen; einer berichtet sogar von einem Aufruf im Radio vor einer Stunde, und ich frage mich, ob ich dabei bin oder es nur im Fernsehen sehe, denn ich kriege doch nicht schon wieder Hafturlaub für eine Demo, die auch noch wir angeleiert haben; treffe die Frau wieder, die sagt, dass sie unsere Briefe kennt, vor allem meine – und den an Arndt Müller −, aber keinen Kommentar geben will; ist aber klar, dass sie für uns ist; nach einer Weile Bergsteigen werden wir aus einem Schacht gehievt auf eine Burg, ein total wackeliges Holzgestell, ich gehe gleich eine Etage tiefer, wo alles fester ist, aber ein Mann mit Megafon kritisiert, dass eine Massenbewegung nicht in der Lage sei, alles sauber zu halten; auch wird das Affentheater um die Langhaarigen kritisiert – irgendwo wurde ein riesiger Affe mitgenommen, wohl eine Attrappe, die Symbol sein sollte; auf der Burg gibt es ein Essen für alle –
– komme aus dem Knast auf einen Platz, den man von dort aus gesehen hat, am Mark-Lieber-Platz, und zeige Fips die Kamera die am Knast den Platz überwacht; komme an einem riesigen Puff