9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld

Читать онлайн.
Название 9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017
Автор произведения Frank Rehfeld
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783745212556



Скачать книгу

kalt, und du merkst es nicht mal! So einfach ist das! Kapiert?“

      Barry wollte schlucken. Aber er riskierte es nicht. Er wusste, Benito und seine Komplizen standen unter Hochspannung. Eine Winzigkeit konnte genügen, um sie explodieren zu lassen. Was dann passierte, war nicht vorherzusehen. Nichts war kalkulierbar in diesem Bau.

      Im Zellentrakt herrschte völlige Ruhe.

      Und es waren auch keine Schritte von Aufsehern zu hören.

      Barry fühlte sich so allein wie selten in seinem Leben.

      Der Druck der Klinge verstärkte sich. Aus dem metallischkalten Ziehen wurde ein echter Schmerz. Der Trucker fragte sich, wann die Schneide in seine Haut eindringen, wann sein Blut fließen würde.

      Jäh ließ der Druck nach.

      Benito und seine Handlanger lachten. Der Mobster hob die Klinge hoch über Barrys Gesicht. „Nur, damit die Fronten geklärt sind, mein Junge! Nimm dir nichts heraus, was dir später Leidtun könnte. Lass die Dinge so, wie sie sind. Du bist ein einfacher, total unbedeutender Knastbruder, und damit hat sich’s. Bilde dir bloß nicht ein, hier irgendeine Sonderrolle spielen zu können.“

      Barry dachte nicht daran, sich erschrecken zu lassen.

      Deshalb tat er das, was die Kerle am allerwenigsten erwarteten.

      Er schlug zu. Mit allem, was er hatte.

      Seine Handkante senste aufwärts und traf den Messerarm des Mobsters. Im selben Sekundenbruchteil zog Barry die Beine an. Ruckartig.

      Sein linkes Knie traf Hondos Schädel.

      Benito stieß einen Schrei aus, in dem sich Wut und Schmerz paarten. Das Messer wirbelte in hohem Bogen durch die Luft und landete irgendwo auf einem der Betten gegenüber. Hondo sackte lautlos in sich zusammen. Benitos Arm fiel schlaff herab. Bevor er seinen gesunden Arm einsetzen konnte, um die Schlappe auszubügeln, hatte der Trucker sich herumgeworfen. Benitos Schrei war verstummt. Er schaffte es nicht mehr, sich zum neuen Angriff zu sammeln.

      Barrys zweiter Hieb schleuderte ihn gegen Caligula, die Schlange.

      Der Kahlkopf knurrte vor Wut und Überraschung. Unter dem Anprall Benitos wurde er gegen die Gittertür getrieben. Es schepperte. Das Geräusch knallte wie ein Schuss durch den Zellentrakt. Caligula sackte am Stahlgitter abwärts. Er musste sich den Kopf weh getan haben, und zwar so sehr, dass ihn die Bewusstlosigkeit gnädig aufnahm. Nur Benito hielt sich noch senkrecht. Schwankend jedoch, mit glasigen Augen.

      Barry schwang sich vom Bett.

      Er konnte es kaum glauben, aber er hatte tatsächlich geschafft, gleich zwei Kerle ins Traumland zu schicken. Hondo und Caligula lagen friedlich auf dem Zellenboden, zwischen den Betten, als fänden sie’s da besonders gemütlich. Und der dritte im Bunde hatte Mühe, seine Gleichgewichtsstörungen zu bekämpfen.

      Aus dem Mittelgang dröhnten Schritte.

      Barry Deegan fackelte nicht lange. Er konnte jetzt nicht mehr zurück.

      Er unterlief einen schlappen Angriffsversuch des Mobsters und setzte ihm eine kurze Serie von gezielten Geraden auf die empfindlichsten Punkte.

      Mit einem gurgelnden Laut folgte Benito dem Beispiel seiner Kumpane.

      Das Deckenlicht flammte auf.

      Barry stieg über die Bewusstlosen hinweg und packte die Gitterstäbe. Die Uniformierten sollten seine Hände sehen.

      Gemurmel aus den Nachbarzellen wurde laut.

      Das Dröhnen der Schritte schwoll an. Ebenso das Gemurmel. Nach und nach erwachte der komplette Zellenblock. Schon Sekunden nach Barry Deegans unverhofftem Sieg waren Aldo Benito, Caligula und Hondo die einzigen Schlafenden. Aus dem Gemurmel wurde Gebrüll, noch bevor die Aufseher den Ort des Geschehens herausgefunden hatten. Der Lärm griff vom ersten Stock auf das Erdgeschoß und den zweiten Stock über.

      Mitten in der Nacht brach die gleiche Hölle los, wie Barry sie bei seiner Einlieferung erlebt hatte. Er starrte auf den Mittelgang hinaus und wusste nicht, was passieren würde, wenn die Kerle hinter ihm in der Zelle wieder zu sich kamen. Konnte er überhaupt damit rechnen, dass ihn irgendjemand beschützte?

      Die Schritte wurden langsamer. Eine Kette von Uniformierten bildete sich im Mittelgang. Die Männer trugen Schlagstöcke, Revolver, bauchige Futterale und röhrenförmige Behälter an den Koppeln. Zusätzlich waren sie mit Langwaffen ausgerüstet. Maschinenpistolen und Shotguns wurden auf die Zellen gerichtet, abwechselnd zur einen und zur anderen Seite. Die Gesichter unter den Schirmen der Dienstmützen waren hart und entschlossen. Der brünierte Stahl der Waffen schimmerte im hellen Licht der Leuchtstoffröhren.

      Barry gab den Aufsehern ein Zeichen. Mindestens drei von ihnen sahen es, denn sie blickten direkt zu ihm herüber. Und sie mussten auch die drei Bewusstlosen am Zellenboden deutlich erkennen können.

      Aber sie reagierten nicht.

      Eine Lautsprecherstimme erscholl - donnernd, um ein Vielfaches stärker als der Lärm.

      „Achtung, Zellenblock A! Hier spricht der Leiter des Sicherheitsdienstes! Halten Sie Ruhe! Ich wiederholte: Halten Sie Ruhe! Wenn Sie ...“

      Gebrüll und Geklapper wurden nur noch lauter.

      „...die Aufforderung nicht befolgen, lasse ich Tränengas einsetzen! Eine weitere Warnung erfolgt nicht! Also stellen Sie den Lärm ein! Es wird sonst Tränengas eingesetzt!“

      Die doppelte Wiederholung wirkte. Der Lärmpegel bekam einen deutlichen Knick.

      Und dann öffneten die Uniformierten die Koppelbehälter und zogen die Gasmasken heraus. Mit wenigen geübten Handgriffen stülpten sie sich die Dinger über den Kopf und zogen die Haltebänder fest.

      Im Gebrüll der Häftlinge entstanden Lücken.

      Die ersten Aufseher hatten den Sitz ihrer Masken überprüft. Die Langwaffen in der Linken, öffneten sie die Koppelfutterale.

      Der Anblick der aluminiumfarbenen Tränengas-Granaten änderte die Situation grundlegend. Der heisere Chor der Stimmen senkte sich. Fast hörte es sich an wie der enttäuschte Chor der Anfeuerer in einem Football-Stadion, wo die eigene Mannschaft gerade eine prächtige Chance in den Sand setzte.

      Immer mehr Tränengas-Granaten kamen zum Vorschein.

      Und Stille kehrte ein, als ob sämtlichen Brüllern die Luft abgedreht worden war.

      Barry Deegan öffnete den Mund, um seine Meldung loszuwerden. Doch er brachte nicht einmal die erste Silbe über die Lippen. Die Uniformierten, die die ganze Zeit herübergeblickt hatten, taten dies noch immer. Aber dennoch nahmen sie ihn einfach nicht wahr, und das, obwohl er wie ein Schimpanse hinter dem Gitter stand. Teufel nein, sie wollten ihn nicht wahrnehmen!

      Die Ernüchterung sackte auf ihn herab wie eine Zentnerlast.

      Die Aufseher blieben noch eine halbe Stunde im Mittelgang.

      In dieser Zeit krochen die Gefangenen zurück in ihre Kojen. Der Trucker war in seiner Zelle der erste, der sich auf sein Bett schwang. Gern hätte er nach dem selbstgebastelten Messer gesucht. Aber er riskierte es nicht. Ihm war in diesen Minuten klargeworden, welche Macht Benito besaß, obwohl er Gefangener in dieser Strafanstalt war. Barry wusste, wenn die Aufseher ihn mit dem Messer in der Hand sahen, würden sie ihm die Verantwortung dafür in die Schuhe schieben.

      Verdammt, er konnte machen, was er wollte - gegen Benito hatte er keine Chance. Dabei hätten die Aufseher einen eindeutigen Grund gehabt, den Mobster in eine Einzelzelle zu stecken. Und warum taten sie es nicht? Schlagartig wurde es Barry klar: Sie mussten Benito mit Samthandschuhen anfassen. Denn er war es, der die Gefangenen unter Kontrolle hatte. Ein Wort von ihm, und sie würden losschlagen. Und das gleiche würde passieren, wenn man versuchte, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Die Gefängnisdirektion steckte in einer teuflischen Klemme.

      Aber ausgerechnet er, Barry Deegan, sollte dagegen etwas tun können?

      Es