5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen. Alfred Bekker

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Название 5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Вестерны
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Издательство Вестерны
Год выпуска 0
isbn 9783745211658



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mit ihm reden. Jetzt sofort!“ Sie nickte Libbie und dem Jungen zu und war wieder draußen, bevor Libbie etwas sagen konnte.

      *

      Das Licht, das vom vielkerzigen Kronleuchter den ganzen Raum erhellte, fiel durch das Fenster bis auf die Straße. Hennie Cadburn sah Webster durch die Scheiben an seinem Schreibtisch sitzen. Neben ihm stand Kenworthy, der Sheriff.

      Hennie Cadburn zögerte erst, dann fasste sie sich ein Herz, ging die Stufen zur Haustür empor und klopfte. Sofort bellte drinnen die große Dogge, die sich Webster angeschafft hatte und die ihm auf Schritt und Tritt folgte.

      Es war Kenworthy, der die Tür öffnete, den Revolver in der freien Hand. Als er Hennie Cadburn erkannte, grinste er schief, winkte mit dem Revolverlauf und meinte hämisch: „Mit dir alten Schachtel hat er schon gerechnet. Komm herein!“

      „Was fällt dir ein, du Rotzlümmel?“, fauchte ihn Hennie an.

      „Geschenkt, Muttchen! Komm, geh zu ihm. Er wartet auf deinen Bericht!“

      Vom Vorraum aus ging es in Websters Büro. Feudal eingerichtet, mit mexikanischen Teppichen belegt, denen man indianische Handarbeit ansah, mit Möbeln, die ein Heidengeld gekostet haben mussten.

      Webster saß am Schreibtisch wie ein Regent. Neben ihm die Dogge, die böse knurrte, als Hennie Cadburn näher trat.

      Die Dogge war groß, hatte gelbbraunes, kurzhaariges Fell und rotunterlaufene Augen. So ein richtiger Killerhund ist das, sagte sich Hennie Cadburn.

      „Na, du warst bei ihr? Kenworthy, machen Sie, dass Sie hinauskommen. Ich brauche Sie jetzt nicht mehr!“, rief er nach seiner Frage Kenworthy zu. Der grinste wieder und ging. Daraufhin fragte Webster erneut: „Na, ist sie willig?“

      Hennie Cadburn sah ihn an, diesen fetten, selbstgefälligen Pascha. „Du bist früher einmal wie wild auf mich gewesen“, sagte sie.

      Er lachte schallend. „Willst du mir etwa einen Antrag machen? Du bist alt geworden, Hennie. Zu alt für einen Mann von Welt wie mich.“

      „Du bist auch alt. Alt und fett. Zu alt und zu fett für ein so junges Mädchen wie Libbie. Sie ist erst zwanzig.“

      „Na und? Ich bin im besten Alter. Je jünger desto besser.“ Er lachte wieder. „Hast du sonst nichts zu äußern als dieses Gewimmere?“

      „Du bist ein Schwein, Webster, ein dreckiges Schwein!“, keuchte sie zornig.

      Er lachte. „Du kannst mich nicht beleidigen, Indianer-Hennie!“

      Dieser Name versetzte sie augenblicklich in feurigen Hass. „Du Schuft, du erbärmlicher Schuft!“, schrie sie und hob drohend den Arm.

      Die Dogge schien auf so eine Bewegung nur gewartet zu haben. Sie flog wie von der Sehne geschnellt auf Hennie Cadburn zu, die damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Bevor sie begriff, was geschah, sprang sie der riesige Hund an, riss sie um, und dann schlug Hennie Cadburn mit dem Hinterkopf auf die scharfe Kante der Kommode. Der jähe Schmerz, der sie durchzuckte, war ihre letzte Wahrnehmung.

      „Toy!“, schrie Webster.

      Die Dogge kam auf alle Viere und blickte auf die reglos am Boden liegende Frau.

      Webster erhob sich, als Kenworthy hereinkam. Der Sheriff sah verblüfft auf Hennie Cadburn. „Was ist mit ihr?“

      „Sie ist gegen den Schrank gefallen. Sieh nach, was sie hat!“

      Kenworthy beugte sich über die Frau, hob ihren Kopf an und fühlte etwas Klebriges, Feuchtes an seinen Fingern. Als er daraufhin ihren Kopf etwas zur Seite drehte, entdeckte er die Wunde.

      Er machte ein betroffenes Gesicht, presste das linke Ohr auf Hennie Cadburns Brust und lauschte. Dann fühlte er nach ihrem Puls, schüttelte den Kopf und sagte fassungslos:

      „Boss, sie ist tot. Da rührt sich nichts mehr!“

      Webster machte große Augen. „Tot? Verdammt, das darf nicht sein! Du Narr, nimm einen Spiegel und halte ihn ihr vor den Mund! Los!“

      Aber auch der Spiegel beschlug nicht.

      „Der hat sie nur angesprungen“, meinte Webster verstört. „Es ist ein Unfall, nichts als ein Unfall. Sie hat mir gedroht, verstehst du?“

      „Ich verstehe schon, Boss, aber ob das die anderen in der Stadt verstehen, das weiß ich nicht, Boss“, meinte Kenworthy. „Die Sache mit Libbie Johnson wird schlimm genug werden, aber das hier, das gibt mehr als Ärger, Boss. Am besten, es erfährt niemand von ihr. Wenn man nur wüsste, ob jemand sie zu uns kommen sah ...“

      „Die Vorhänge zu!“, keifte Webster. „Hier sieht ja zu, wer will!“

      Kenworthy ging, die Vorhänge zuzuziehen. Dann drehte er sich um, sah Webster an und meinte eisig: „Ich meine, Webster, dass sie recht hatte, als sie schrie, du wärst ein Schwein. Du bist eines. Ein richtiges, ein fettes, ein dreckiges und mieses Schwein. Webster, steh ganz ruhig und greif mit zwei Fingern in deine Westentasche, zieh den Safeschlüssel heraus und rühr dich nicht mehr!“

      Webster stand wie gelähmt. Sein Gesicht verlor jede Farbe. Aus großen, erschrockenen Augen sah er den Mann an, den er zum Sheriff machen ließ - den Mann seines Vertrauens. Er war nicht imstande, nur ein Wort zu sagen.

      „Den Schlüssel, Webster, hörst du nicht?“, sagte Kenworthy mit eisigem Lächeln.

      Der Hund stand noch neben der Frau, aber er hatte wohl die Situation noch nicht erfasst. Denn Kenworthy schrie nicht, drohte nicht offen, er sprach ganz ruhig, scheinbar harmlos. Die Dogge schien nicht zu ahnen, worum es ging.

      Da aber hatte Webster sich gefasst und keuchte fassungslos: „Kenworthy, du kannst doch nicht... nicht auf mich ...“

      „Du interessierst mich einen feuchten Dreck, Webster. Dein Geld, Webster, nur dein Geld. Der Köter ist fällig, wenn du nur einen Ton zu ihm sagst.“

      Aber Webster kannte die Dogge besser. Sie war dazu erzogen, einen Mann sofort anzugreifen, wenn derjenige seinen Revolver zog und auf Webster richtete.

      Aber dann geschah plötzlich etwas, das weder Webster noch Kenworthy berechnet hatten. Während Webster noch darauf wartete, dass Kenworthy den Revolver zog, was den automatischen Angriff der Dogge auf Kenworthy zur Folge haben würde, drehte die Dogge sich um und sah zur Tür.

      Sie bellte nicht. Sie stand wie eine Statue. Aber ihre Ohren waren auf die Tür gerichtet, die Nasenflügel wirkten gespannt.

      Plötzlich polterte etwas im Nebenraum, dann klirrte Glas.

      Webster zuckte zusammen, Kenworthy riss den Revolver heraus, doch nicht in Richtung auf Webster. Beide Männer sahen zur Tür. Die Dogge sprang vor, und Webster zischte: „Lass sie hinaus!“

      Kenworthy war mit einem Sprung bei der Tür, öffnete sie so, dass man ihn von außen nicht sehen konnte. Sofort schoss die Dogge in den Vorraum. Aber wieder bellte sie nicht. Kenworthy sah dann, dass sie durch die offene Tür zum Nebenraum verschwand, und das war Websters Salonzimmer. Er steckte den Revolver wieder ein.

      Wieso steht diese Tür offen?, dachte Kenworthy noch, da spürte er auf einmal eiskalten Luftzug im Genick.

      Überrascht drehte er sich um. Und was er da sah, gab ihm das Gefühl, als sei ihm kochendes Blei in die Adern gefahren.

      *

      Er stand breitbeinig vor dem Fenster, das noch leicht hin und herschwang. Alles an ihm war schwarz, sein Hut, sein Wetterumhang, seine Hosen aus weichem Wildleder, die Stiefel, die so aussahen wie die Wintermokassins der Schwarzfußindianer. Und in seiner rechten Hand hielt der Mann einen Revolver, der auf Webster gerichtet war.

      Als Kenworthy ins Gesicht des Fremden blickte, sah er nur ein grimmig dreinblickendes Augenpaar. Alles darunter war durch ein schwarzes Tuch verdeckt. Der Mann war groß, breitschultrig und wirkte unheimlich.

      Mit einer