Scheidung kann tödlich sein. Andrea Ross

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Название Scheidung kann tödlich sein
Автор произведения Andrea Ross
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783967525403



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finanziell zu ruinieren. Nach den Kindern, mit denen sie selbst nicht klarkam und die sie auch nicht gernhaben konnte, wollte sie Attila auch noch alles andere nehmen, vor allem sein neues Leben in Spanien.

      Gegen Abend sprach ich wieder mit Attila, denn man konnte sich nicht tagelang aus dem Weg gehen. Es war einfach nicht möglich, dazu saßen wir zu eng aufeinander. Er erzählte, dass er meinen Brief an Uschi nicht wegschicken werde; mir war allerdings bewusst, dass der Grund dafür in der Hauptsache Uschis neuer Angriff war, nicht etwa die Rettung meines Seelenlebens. Denn an das Jugendamt hatte er am gleichen Tag geschrieben, dass er mit einer Heimeinweisung Solveigs keinesfalls einverstanden sei, sondern vielmehr wolle, dass sie ihm überlassen werde. Ich hätte mich angeblich einverstanden erklärt, die Verantwortung für die Erziehung mitzutragen.

      Eigentlich war es ein Glück, dass ich weder die Kraft noch Lust hatte, neuerliche Diskussionen zu beginnen. Ich nahm es nur noch hin, das war auch schon egal. Er hatte die Formulierung, die in meinem Brief ausschließlich für Uschi gedacht war, so ausgelegt, als sei ich nun plötzlich mit einer Übersiedlung Solveigs einverstanden. Vergessen war meine deutliche Äußerung ihm selbst gegenüber, dass ich mit diesem Mädchen nicht mehr zusammenleben könne und wolle.

      Konnte oder wollte er nicht sehen, dass er mich nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit verlor, wenn sie herkam? Und dass ich diesen Teil der Geschichte Uschi nur nicht auf die Nase binden hatte wollen?

      Noch einmal versuchte ich ihm aufzuzeigen, was genau an seinem Verhalten mich so sehr verletzt hatte. Nun dachte er zumindest darüber nach und sah ein, dass er Uschi bei mir nicht mehr dauernd als »seine Frau« titulieren und auch noch bauchpinseln durfte. Ich verlangte klare Worte ihr gegenüber und auch, dass er derartige Anrufe nicht mehr entgegennehmen sollte. Diese Hexe musste endlich realisieren, dass er die Leine gekappt hatte, an der sie ihn nach wie vor festzuhalten trachtete. Dass ihre Versuche ins Leere gingen, sie ihn emotional nicht mehr erreichen konnte. Und er – er musste sie loslassen, sonst hatten wir keine Chance. Er schien das einzusehen und ich konnte nur hoffen, dass er sich an diese Vereinbarung halten würde. Sonst hätte ich keine Wahl mehr und würde gehen müssen, wohin auch immer. Meine Lage wäre in diesem Fall alles andere als rosig gewesen, denn auch ich war seit dem Umzug nach Spanien finanziell und darüber hinaus emotional von ihm abhängig.

      Am Freitagmorgen rief Uschi schon wieder an und wollte erfahren, ob Attila mit dem Jugendamt gesprochen habe. Er fragte sie, ob sie einverstanden wäre, wenn Solveig zu uns ziehe. »Nein, auf gar keinen Fall«, gab sie ihm zur Auskunft.

      Dann sprach er sie geradeheraus auf die Anzeige bei der Polizei an. Uschi gab zu, der Urheber gewesen zu sein. Begründung: nachdem Attila »dauernd in der Gegend herumfliegen« könne, außerdem in Spanien in einem Haus mit Pool lebe, hätte sie doch nachprüfen lassen müssen, ob er leistungsfähig sei.

      Sie verstand wohl nach wie vor nicht, dass geschäftliche Flüge zwecks Kundenbesuchs auf einem ganz anderen Blatt standen als private Vergnügungen, die wir uns absolut nicht leisteten. Und dass es hier in Südspanien eigentlich gar keine Häuser ohne Pool gibt, das wusste sie auch nicht. Der Neid auf unser vermeintlich so schönes Leben hatte sie völlig zerfressen. Allerdings hätte man schon mindestens ein Masochist sein müssen, um die derzeitigen Vorgänge wirklich »schön« zu finden!

      Was sie auch nicht realisierte, war der Umstand, dass das Gutachten zur Erziehungsfähigkeit für sie nicht wirklich gut ausgefallen war. Sie rieb Attila deshalb unter die Nase, dass er durch dieses Gutachten doch wohl seine Quittung erhalten habe. Entweder sie kapierte den Inhalt wirklich nicht, oder sie schaffte es, diesen vollständig zu ignorieren, erfand ihr Leben in der Fantasie neu und glaubte dann selber daran. Ist bei Alkoholikern nicht selten, man nennt dieses Phänomen im psychologischen Fachjargon »konfabulieren«.

      Über mich zog sie natürlich auch wieder her. Ich sei das Letzte, weil ich meine Kinder im Stich gelassen hätte. Nette Formulierung. Vom »Kaukasischen Kreidekreis« hat die selbstverständlich auch noch nichts gehört; jedenfalls wurden meine Kinder nach wie vor nicht in die Psychiatrie eingeliefert, konnten sich mit der Situation zumindest arrangieren, auch weil die Erwachsenen sich nicht auf deren Kosten bekämpften.

      Nach diesem Telefonat meinte Attila erleichtert, Uschi werde ihn jetzt wohl nie wieder anrufen. Das tat sie zwar tatsächlich nicht, schickte dafür aber eine giftige Mail voller Anklagen. Dass er seine Tochter im Stich gelassen, ihr nur eine CD mit halbnacktem Mann auf dem Cover gesandt habe.

      Gott, konnte die wirklich so bescheuert sein? Er ließ es sich nicht gefallen und bat mich, die Erwiderung mit ihm zusammen abzufassen. Damit sie nicht wieder zu harmlos ausfalle, denn ihr richtig, so wie mir, die Meinung zu geigen, das brachte er irgendwie nicht fertig. Schon gar nicht verbal. Über die Gründe hierfür mochte ich gar nicht erst nachdenken. So formulierte ich unter anderem, dass sie ihn in Ruhe lassen solle, denn er sei an ihr und ihrem verkorksten Leben nicht mehr interessiert.

      Und ich, ich konnte mein Seelenleben leider nur einigermaßen wieder in Form bringen, indem ich ihn etwas unter Druck setzte. Erstens: ich gab ihm eine Frist von 3 Monaten, während deren Verlauf Nettigkeiten oder Telefonate mit Uschi nicht mehr vorkommen durften. Sonst würde ich ihn verlassen, weil ich annehmen müsste, dass seine Beziehung mit ihr in Wirklichkeit nicht beendet wäre.

      Zweitens: sollte Solveig hierherkommen, dann behielte ich mir vor, notfalls ins Büro umzuziehen oder zu gehen, falls die Situation für mich unerträglich würde. Er erklärte sich einverstanden und versprach noch, er werde Solveig in einem solchen Fall aber sowieso zurückschicken und sie nicht hierbehalten.

      Nun, wir würden ja sehen!

      Wir näherten uns wieder an, trotz allem liebte ich ihn ja total. Allerdings war mir klar, dass die durch Uschi ausgelöste Problematik weitergehen und vermutlich sogar an Schärfe noch zunehmen würde. Attila musste jetzt den Leumund seiner Firma wegen der Anzeige retten und seine Arbeitgeber davon überzeugen, dass er weiterhin als zuverlässig gelten konnte. Er wollte außerdem seinerseits eine Anzeige gegen Uschi einleiten und eine einstweilige Verfügung erwirken, dass sie derartige Rufschädigungen zu unterlassen hatte.

      Die Baustelle mit Solveig war auch noch aufgerissen; spätestens zur finalen Sorgerechtsverhandlung, welche vermutlich für unserem nächsten Deutschlandbesuch Ende Februar terminiert werden würde, musste der Richter sich entscheiden. Ob er dem Gutachten folgte und die Kinder bei Uschi ließ, oder ob er eher der Ansicht war, dass die neuesten Ereignisse nach dem Gutachten nun doch die Annahme rechtfertigten, dass sie zur Erziehung absolut nicht geeignet war. Dann wäre noch die Frage ungeklärt, ob er die Kinder in einem solchen Fall trennen und zu Pflegeeltern oder ins Heim stecken würde, oder ob der leibliche Vater dann den Behörden doch als die gangbarere Lösung erschiene. Nachdem dieser sich einem eigenen Gutachten zur Erziehungsfähigkeit gestellt hätte, selbstverständlich.

      Wie man es auch dreht und wendet: selbst wenn Attila sich nun Anrufen und Mails von Uschi verweigerte, los wurden wir sie definitiv nicht. Meine Verachtung für ihr Verhalten wuchs ins Unermessliche und ich fragte mich, ob einen Hass tatsächlich dermaßen blind machen konnte, dass man dafür sein Leben opferte, seine Kinder in den Abgrund trieb und nur noch an die Zerstörung dessen dachte, was man selbst nicht (mehr) haben konnte. Nachdem man »es« 12 Jahre lang systematisch vorab schon mal kaputt gemacht hatte.

      Am Wochenende arbeiteten wir im Haus, richteten das Badezimmer her und stellten wieder einmal fest, dass viele Dinge erheblich billiger zu kaufen waren als in Deutschland. Ob man hier eine Duschabtrennung oder Handtuchhalter brauchte, alles war gut ein Drittel günstiger im Baumarkt zu haben. Die körperliche Betätigung tat Attila gut, sie lenkte wenigstens vorläufig von seiner ständigen Grübelei ab. Er würde am Montagmorgen schließlich mit dem Anwalt telefonieren müssen, um seine eigene RufRettung in die Wege zu leiten. Diese negative Aufmerksamkeit würde Uschi noch bekommen müssen, es führte leider kein Weg hieran vorbei.

      Zunächst dominierte bei Attila die Angriffslust. Er wollte es Uschi zurückzahlen; sie sollte schon sehen, was sie von derartigen Angriffen hatte, wenn die Retourkutsche kam. Er machte so einige Paragraphen im Internet ausfindig, wonach sich Uschi bei Anzeigen mit falscher Grundlage strafbar machte und auch ihren Unterhalt verwirkte. Schließlich wusste sie