Название | Thomas Morus: Utopia |
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Автор произведения | Thomas Morus |
Жанр | Зарубежная прикладная и научно-популярная литература |
Серия | |
Издательство | Зарубежная прикладная и научно-популярная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783969176078 |
So wird gerade der Umstand, der das Hauptglück eurer Insel zu bilden schien, durch die unverantwortliche Habgier Weniger in sein Gegenteil verkehrt. Denn die Teuerung der Lebensmittel ist die Ursache davon, dass jeder so viele Leute als möglich aus seinem Haushalte entlässt. Wohin aber muss das führen, wenn nicht zum Bettel, oder, bei herzhafteren Naturen, zum Diebstahl?
Zu solcher Armut und Not gesellt sich andererseits aufdringlicher Luxus. Nicht nur die Dienerschaft der Adeligen und die Handwerker, sogar schon die Bauern und alle übrigen Stände treiben unverschämten Aufwand in der Kleidung und huldigen der Üppigkeit in den Lebensmitteln. Wenn durch Kneipenleben, Bordelle, liederliche Wein- und Bierhäuser, so und so viele wenig ehrenhafte Spiele, wie Würfel-und Karten-, Ball-, Kugel- und Wurfscheibenspiel ihre Geldmittel nur zu schnell erschöpft sind – wohin soll das die solchen Passionen Fröhnenden anders führen, als zum Diebstahl?
Diese Pestbeulen entfernt von eurem Leibe; macht ein Gesetz, dass die Dörfer und Ackerbau treibenden Städte von jenen wieder hergestellt werden müssen, die sie zerstört haben, oder dass sie sie Solchen abtreten, die sie wieder herstellen und aufbauen wollen. Dämmt diese Aufkäufe der Reichen ein, die ihnen die Möglichkeit gewähren, ein Monopol auszuüben. Es sollen sich weniger und immer weniger Leute vom Müssiggange ernähren können; der Ackerbau werde wieder eingeführt, die Wollindustrie wieder blühend gemacht, man schaffe ehrlichen Erwerb, der jener arbeitslosen Menge nützliche Beschäftigung bietet, die die Not bisher zu Dieben machte, und jenen umherschweifenden, stellenlosen Dienern, die bald zu Dieben werden müssen.
Wofern ihr nicht diesen Übeln steuert, rühmt ihr vergeblich eure zur Sühne des Diebstahls gehandhabte Rechtspflege, die mehr scheinprächtig als gerecht und heilsam ist. Wenn ihr eine schlechte Erziehung geben und die Sitten von den zartesten Jahren an allmählich verderben lasset, dann, wenn sie endlich Männer geworden sind, jene Verbrechen bestraft, die zu begeben sie von Kindheit auf in Aussicht gestellt haben – was tut ihr da anders, frage ich, als Diebe heranbilden und sie dann mit der Schärfe des Gesetzes treffen?«
Während ich so sprach, hatte sich jener Rechtsgelehrte zur Antwort fertig gemacht und bei sich beschlossen, sich jener feierlichen Weise der Disputierenden zu bedienen, die wackerer wiederholen als antworten, indem sie ein gutes Gedächtnis für besonders preiswürdig ansehen. »Wahrlich, du hast gut gesprochen«, sagte er, »da du nämlich ein Fremder bist, der von diesen Dingen eher etwas hören als gründlich verstehen kann, was ich sofort mit wenigen Worten klar legen werde. Zuerst werde ich noch einmal durchnehmen, was du vorgebracht hast, sodann werde ich zeigen, wie dich die Unkenntnis unserer Verhältnisse irregeführt hat, zuletzt werde ich nacheinander alle deine Gründe widerlegen und zunichte machen.
Also ich gehe von dem ersten Teile meines Versprechens aus; du scheinst mir vier –«
»Halt«, sagte der Kardinal; »es dünkt mich, derjenige werde nicht eine kurze Antwort geben, der so anfängt. Daher überheben wir dich für jetzt einer Beantwortung, die wir aber gleichwohl für eure nächste Zusammenkunft aufsparen wollen, die ich gern (wenn du oder Raphael nicht verhindert ist) für morgen ansetzen möchte. Inzwischen aber möchte ich von dir, lieber Raphael, gar gerne hören, warum der Diebstahl nach deiner Meinung nicht mit dem Tode zu bestrafen sei und was für eine andere Strafe du statuierst, die sich dem Gemeinwohl zuträglicher erweist, denn dass er zu dulden sei, das meinst auch du nicht. Wenn aber jetzt nicht einmal der Tod vom Stehlen abhalten kann, welches Schreckmittel vermochte sich, ist die Sicherheit des Lebens erst einmal gewährleistet, gegen die Verbrecher noch wirksam erweisen, die die Auffassung bekunden würden, die Milderung der Strafe sei eine Art Ermunterung zum Verbrechen?«
»Sicherlich, ehrwürdigster Vater«, erwiderte ich, »halte ich die Entziehung des Lebens für die Entziehung von Geld für geradezu ungerecht. Es ist meine Meinung, dass sämtliche Glücksgüter das menschliche Leben nicht aufwiegen können. Wenn man aber sagte, dass die verleite Gerechtigkeit, die übertretenen Gesetze durch diese Strafe gesühnt werden sollen, und nicht die Entwendung des Geldes, – warum sollte dieses höchste Recht nicht mit Fug höchstes Unrecht genannt werden? Denn weder ist jene Manlische Strenge der Gesetze zu billigen, dass in den leichtesten Fällen das Schwert ohne Nachsicht zu ziehen sei, noch jene stoïsche Unbeugsamkeit dass alle Vergehen gleich geachtet werden, als ob es keinen Unterschied mache, ob einer Einen totschlage, oder ihm bloß Geld entwende, Vergehen, die, wenn die Billigkeit mehr als leerer Schall ist, nicht die geringste Ähnlichkeit und Verwandtschaft mit einander haben. Gott hat verboten, irgend einen Menschen zu töten, und wir töten so mir nichts dir nichts wegen einer erbärmlichen Summe entwendeten Geldes?
Wenn einer etwa die Auslegung anwenden wollte, durch jenes Gebot Gottes sei das Töten verboten, insofern nicht das irdische Gesetz das Töten erlaubt – was hindert dann, dass die Menschen unter einander festsetzen, in wie weit Notzucht, Ehebruch, Meineid zu erlauben sei? Wenn nun, da Gott verboten hat, nicht nur fremdes, sondern auch das eigene Leben zu nehmen, die Menschen durch Übereinkunft unter sich mittels gewisser gesetzlicher Abmachungen festsetzten, sich gegenseitig umzubringen, so müsste das die Geltung haben, dass diese sich untereinander mordenden Spießgesellen von dem göttlichen Verbote ausgenommen sind, weil ein menschliches Gesetz ihrer Tötung die Sanktion erteilt, und müsste das göttliche Recht einem solchen Pakte zufolge nicht bloß so viel Geltung haben, als ihm das menschliche Recht zu haben verstattet? Und so würde es nach Analogie dieses Falles sich begeben, dass die Menschen in allen Angelegenheiten statuieren, in wie weit man es passend finde, die göttlichen Gebote zu beobachten. Kurz und gut: sogar das Mosaische Gesetz, obwohl rau und unbarmherzig, gegen Sklaven und Verstockte erlassen, hat den Diebstahl nur mit Geld, nicht mit dem Tode bestraft. Glauben wir doch nicht, dass Gott unter dem neuen Gesetze der Milde, mit dem er uns, seine Kinder, regiert, eine größere Freiheit gewährt habe, gegen einander zu wüten.
Aber, dass es nichtsdestoweniger unsinnig und für das Staatswesen verderblich sei, einen Dieb und einen Mörder gleichmäßig zu bestrafen, das, glaube ich, weiß ausnahmslos jedermann. Denn, wenn dem überfüllten Diebe nicht geringere Strafe droht, als wenn er überdies des Mordes angeklagt wäre, so wird er ja durch diese eine Erwägung schon zum Morde dessen angereizt, den er sonst bloß beraubt haben würde, da er ja, außer dem, dass ihm bei seiner Ergreifung keine größere Gefahr droht, sogar im Falle der Ermordung des Bestohlenen sicherer geht, indem die Hoffnung auf Verheimlichung der Missetat wächst, wenn derjenige, der als der Betroffene den Hauptzeugen hätte abgeben können, beseitigt ist. Während wir die Diebe also durch allzu strenge Maßregeln einzuschüchtern trachten, verlocken wir sie, sich am Leben braver Menschen zu vergreifen. Nun ist aber meiner Meinung nach die Fragen welche Bestrafung ist besser? viel leichter zu lösen, als die, welche schlechter sei. Denn warum bezweifeln wir, dass der Weg zur Bestrafung von Verbrechen der praktischste sei, den einst, wie wir wissen, die Römer so lange beliebt haben, die doch in der Staatsverwaltung die meiste Erfahrung hatten? Sie verurteilten nämlich schwere Verbrecher in die Steinbrüche und Erzgruben, wo sie nach Metallen schürfen mussten, woselbst sie zeitlebens Ketten zu tragen hatten.
Übrigens billige ich in dieser Beziehung keine Einrichtung eines Volkes mehr, als jene, die ich während meiner Reisen in Persien bei den Polyleriten, wie sie gewöhnlich genannt werden, getroffen habe, einer nicht kleinen Völkerschaft mit vernünftigen Einrichtungen, die außer einem jährlich dem Perserkönig gezahlten Tribut sonst frei ist, und unter eigenen Gesetzen steht. Da sie aber weit von der See abliegen, fast ringsum von hohen Bergen eingeschlossen sind, und mit den Erzeugnissen ihres Landes in jeder Beziehung sich begnügen, mit anderen Völkern nicht oft in Berührung kommen, sei’s, dass sie zu diesen, sei’s,