Die Ethik. Baruch de Spinoza

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Название Die Ethik
Автор произведения Baruch de Spinoza
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783843802734



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      Über den Autor

      Baruch de Spinoza (1632-1677) war der Sohn einer portugiesischen Kaufmannsfamilie mit iberisch-jüdischen Wurzeln. Zunächst ging er der Kaufmannstätigkeit im väterlichen Unternehmen nach, setzte sich aber schon bald ausschließlich kritisch mit dem orthodoxen Judentum auseinander, was ihm 1656 die Verbannung aus der jüdischen Gemeinde eintrug. Die Exkommunikation beförderte seine Bibel- und Religionskritik jedoch und schlug sich in den beiden auf den Index gesetzten Hauptschriften, der Ethik und dem Tractatus theologico-politicus, nieder. 1673 wurde Spinoza von Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz eine Philosophie-Professur angetragen, die der Niederländer aus Furcht vor Meinungsrestriktionen ablehnte. Philosophiegeschichtlich nimmt Spinoza innerhalb des Rationalismus einen bedeutenden Stellenwert ein und gilt als Pionier der europäischen Aufklärung.

      Zum Buch

      Die Gedanken des angriffslustigen niederländischen Freigeistes Baruch de Spinoza sind noch heute von ungeheurer Brisanz und praktischer lebensweltlicher Bedeutung. In seinem Hauptwerk, Die Ethik, setzt der Philosoph sich mit den Ur-Fragen menschlicher Existenz auseinander: Was kennzeichnet echtes Glück, wie lässt es sich dauerhaft erreichen und inwiefern ist es an das unendliche Wesen Gottes gebunden? Wie vermag der Einzelne Gott zu erkennen, wie mit seinen Affekten und Leidenschaften verantwortungsvoll umzugehen, bzw. sie in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen? Spinozas Antworten sind dabei nicht nur von überraschender Aktualität, sie weisen ihn zugleich als einen Begründer moderner Bibelkritik aus.

Haupttitel

      Inhalt

       Cover

       Über den Autor

       Zum Buch

       Haupttitel

       Impressum

       Tractat

       Vorrede

       Anmerkungen des Übersetzers

       Erster Teil

       Zweiter Teil

       Dritter Teil

       Vierter Teil

       Fünfter Teil

       Fußnoten

       Kontakt zum Verlag

      TRACTATUS

Theologico- Politicus

      Vorrede

      Wenn die Menschen alle ihre Angelegenheiten nach einem festen Plan zu besorgen vermöchten, oder wenn das Glück ihnen immer günstig wäre, so würden sie in keinem Aberglauben befangen sein. Allein oft geraten sie in Verlegenheiten, wo sie sich nicht zu raten wissen, und meist verlangen sie nach den ungewissen Glücksgütern so maßlos, dass sie jämmerlich zwischen Furcht und Hoffnung hin und herschwanken, und ihre Seele deshalb Alles zu glauben bereit ist. In solchen Zweifeln genügen schwache Gründe, um sie bald hier- bald dorthin schwanken zu lassen, und in höherem Maße geschieht dies, wenn sie zwischen Angst und Hoffnung eingeklemmt sind, während sie sonst zuversichtlich, prahlerisch und aufgeblasen sind.

      Ich meine, dies weiss Jedermann, obgleich die Meisten schwerlich sich selbst kennen mögen. Denn wer unter den Menschen gelebt hat, weiss, wie im Glück selbst die Törichten sich so von Weisheit erfüllt halten, dass sie es übel nehmen, wenn man ihnen einen Rat geben will. Aber im Unglück wissen sie nicht, wohin sie sich wenden sollen. Dann flehen sie Jedweden um Rat an und folgen selbst den verkehrtesten, unsinnigsten und eitelsten Vorschlägen. Ebenso genügen die geringsten Umstände, um sie auf Besseres hoffen oder wieder Schlimmeres befürchten zu lassen. enn ihnen, während sie in Furcht sind, etwas begegnet, was sie an ein früheres Glück oder Unglück erinnert, so nehmen sie es für die Ankündigung eines guten oder übeln Ausganges der Sache, und wenn sie auch hundertmal betrogen worden sind, so nennen sie es doch eine gute oder schlimme Vorbedeutung. Sehen sie etwas Ungewöhnliches, so staunen sie und halten es für ein Wunderzeichen, was den Zorn der Götter oder des höchsten Wesens verkünde, und sowohl die Abergläubischen wie die Ungläubigen meinen, es sei Unrecht, wenn man sie deshalb nicht durch Opfer und Gelübde zu versöhnen suche. Sie erdichten in dieser Weise Unzähliges und erklären die Natur auf so wunderbare Weise, als wenn sie selbst mit ihnen toll geworden wäre.

      Während sich dieses so verhält, sieht man, dass vor Allen Diejenigen am meisten allen Arten von Aberglauben zugetan sind, welche das Ungewisse unmässig begehren, und dass alle Menschen vorzüglich dann, wenn sie in Gefahr sind und sich nicht zu helfen wissen, mit Gelübden und weibischen Tränen die göttliche Hilfe erflehen und die Vernunft blind und die menschliche Weisheit eitel schelten, weil sie ihnen den Weg zur Erfüllung ihrer eitlen Wünsche nicht zeigen kann. Dagegen halten sie die Tollheiten, Träume und kindischen Einfälle ihrer Phantasie für göttliche Offenbarungen; sie meinen sogar, Gott hasse die Weisen und verkünde seine Beschlüsse nicht dem Geiste, sondern habe sie den Eingeweiden der Tiere eingeschrieben, und Toren, Wahnsinnige und Vögel verkündeten sie im göttlichen Anhauch und Instinkt. Zu solchem Wahnsinn treibt die Furcht den Menschen; die Ursache also, aus der der Aberglaube entspringt, durch die er erhalten und genährt wird, ist die Furcht.

      Verlangt man neben dem bereits Gesagten noch besondere Belege hierfür, so nehme man Alexander den Grossen; dessen Geist wurde erst dann von dem Aberglauben erfasst und wandte erst dann den Wahrsagern sich zu, als er das erste Mal an seinem Glück in den Engpässen von Cilicien zu zweifeln begann. (Man sehe Curtius‘ Geschichte, Buch V. Kap. 4.) Nach Besiegung des Darius hörte er dagegen auf, Zeichendeuter und Wahrsager zu befragen, bis er wieder durch die Unbill der Zeiten erschreckt wurde, als die Baktrier abgefallen waren, die Skythen ihn zum Kampfe reizten, und er selbst erschöpft an ­einer Wunde darnieder lag. Da, wie Curtius Bd. VII. Kap. 7 sagt, »wandte er sich wieder dem Aberglauben, dem Spiel­werk des mensch­lichen Geistes, zu und hiess den Aristander, dem er seine Leichtgläubigkeit mitgeteilt hatte, den Ausgang der Sache durch Opfertiere ermitteln.«

      Solcher Beispiele liessen sich noch die Menge beibringen; sie zeigen auf das Deutlichste, dass die Menschen nur in der Furcht dem Aberglauben sich ergeben, dass Alles, was sie in solchem eiteln Glauben verehrt haben, nur Phantasien und irrsinnige Einfälle eines traurigen und furchtsamen Gemütes gewesen sind, und dass die Wahrsager immer dann am meisten das Volk beherrscht haben und den Königen am furchtbarsten gewesen sind, wenn die Not des Staates am grössten war. Allein ich enthalte mich dessen, da dies Jedermann genügend bekannt sein wird.

      Aus dieser Ursache des Aberglaubens folgt offenbar, dass die Menschen von Natur für Aberglauben empfänglich sind, wenn auch Andere meinen, es komme davon, dass die Menschen nur verworrene Vorstellungen von Gott haben. Solcher Aberglaube muss natürlich sehr wechseln und schwanken, wie alles Spielwerk des Geistes und wie die Anfälle der Wut. Er kann sich nur durch Hoffnungen,