Der Sieg des Islams. Eduard Gibbon

Читать онлайн.
Название Der Sieg des Islams
Автор произведения Eduard Gibbon
Жанр Религиозные тексты
Серия
Издательство Религиозные тексты
Год выпуска 0
isbn 9788075838438



Скачать книгу

ungestüme Verlangen von Konstantins Nachfolger zurückgegeben. Der Sieger geizte nicht danach, die Grenzen des geschwächten Reiches zu erweitern. Der Sohn des Chosroes leistete ohne Bedauern auf die Eroberungen seines Vaters Verzicht. Die Perser, welche die Städte von Syrien und Ägypten räumten, wurden ehrenvoll bis an die Grenzen geführt, und ein Krieg, der beide Monarchien so sehr verwundet hatte, brachte in ihrer äußeren gegenseitigen Lage keine Veränderung hervor. Die Rückkehr des Heraklius von Tauris nach Konstantinopel war ein ununterbrochener Triumph, und er genoß nach den Heldentaten von sechs glorreichen Feldzügen in Frieden die Früchte seiner Mühen. Nach langem Harren gingen Senat, Geistlichkeit und Volk ihrem Helden unter Tränen und Freudengeschrei, mit Ölzweigen und unzähligen Fackeln entgegen. Er fuhr auf einem von vier Elefanten gezogenen Wagen in die Hauptstadt ein, und sobald er sich dem öffentlichen Jubel entzogen hatte, kostete der Kaiser eine reichere Freude in den Umarmungen seiner Mutter und seines Sohnes.

      Das folgende Jahr war durch einen Triumph sehr verschiedener Art, die Rückbringung des heiligen Kreuzes nach dem heiligen Grabe, ausgezeichnet. Heraklius wallfahrte persönlich nach Jerusalem. Der kluge Patriarch ermittelte die Identität der Reliquie, und diese hohe Feier wurde durch das jährliche Fest der Kreuzerhöhung verewigt. Bevor der Kaiser den heiligen Boden betrat, unterwies man ihn, das Diadem und den Purpur, den Pomp und die Eitelkeit dieser Welt abzulegen. Leichter aber waren nach dem Urteile seiner Geistlichkeit die Verfolgung der Juden mit den Vorschriften des Evangeliums zu vereinbaren. Er bestieg dann abermals seinen Thron, um die Glückwünsche der Gesandten von Frankreich und Indien entgegenzunehmen, und nach der allgemeinen Meinung wurde sogar der Ruf Moses', Alexanders und Herkules' durch das überlegene Verdienst und den höheren Ruhm des großen Heraklius in den Schatten gestellt. Aber der Befreier des Ostens war arm und schwach. Der wertvollste Teil der persischen Beute war im Kriege ausgegeben, unter die Soldaten verteilt oder durch einen unglücklichen Sturm in den Wogen des Schwarzen Meeres begraben worden. Die Verpflichtung der Geistlichkeit, ihre Reichtümer, die er zu ihrer eigenen Verteidigung entlehnt hatte, zurückzugeben, folterte das kaiserliche Gewissen; ein unendlich großer Fonds war erforderlich, um die Forderungen dieser unerbittlichen Gläubiger zu befriedigen. Die Provinzen, ohnehin schon durch die Waffen und die Habsucht der Perser erschöpft, wurden gezwungen, die Steuer zum zweiten Male zu bezahlen; die Rückstände eines einfachen Bürgers, des Schatzmeisters von Damaskus, wurden in eine Geldbuße von hunderttausend Goldstücken umgewandelt. Der Verlust von zweihunderttausend durch das Schwert umgekommener Soldaten war von geringerer Bedeutung als der Verfall der Künste, des Ackerbaues und der Bevölkerung in diesem langen und verheerenden Kriege, und obschon sich unter Heraklius' Fahnen ein siegreiches Heer gebildet hatte, scheint die unnatürliche Anstrengung ihre Kraft eher erschöpft als gestählt zu haben. Während der Kaiser in Konstantinopel oder Jerusalem seinen Triumph feierte, wurde eine kleine Stadt an der syrischen Grenze von den Sarazenen geplündert, die einige zur Hilfe vorgerückte Truppen vernichteten; ein gewöhnliches und geringfügiges Ereignis, wenn es nicht das Vorspiel einer gewaltigen Umwälzung gewesen wäre. Diese Räuber waren die Scharen Mohammeds. Sie tauchten in tapferen Schwärmen aus der Wüste, so daß Heraklius in den letzten acht Jahren seiner Regierung an die Araber dieselben Provinzen, die er von den Persern befreit hatte, verlor.

      Zweites Kapitel.

       Die Spaltung der orientalischen Sekten

       Inhaltsverzeichnis

      Theologische Geschichte der Lehre von der Menschwerdung. – Die menschliche und göttliche Natur Christi. – Feindschaft der Patriarchen von Konstantinopel und Alexandria. – Der heilige Cyrill und Nestorius. – Die dritte allgemeine Kirchenversammlung von Ephesus. – Ketzerei des Eutyches. – Die vierte allgemeine Kirchenversammlung von Chalcedon. – Bürgerliche und kirchliche Zwietracht. – Unduldsamkeit Justinians. – Die drei Kapitel. – Der monotheletische Streit. – Zustand der orientalischen Sekten. – I. Die Nestorianer. – II. Die Jakobiten. – III. Die Maroniten. – IV. Die Armenier. – V. Die Kopten und Abessinier

      Nach dem Erlöschen des Heidentumes hätten die Christen in Frieden und Frömmigkeit ihren Triumph genießen können. Aber Zwietracht war zwischen ihnen, und sie strebten mit mehr Ernst danach, die Natur ihres Stifters zu ergründen als seine Gebote zu befolgen. Ich habe bereits bemerkt, daß den Streitigkeiten über die Dreieinigkeit jene der Menschwerdung folgten, gleiches Ärgernis in der Kirche erregend, gleich unheilvoll für den Staat, in ihrem Ursprunge noch geringfügiger, aber viel dauerhafter in ihren Folgen. Es ist meine Absicht, in diesem Kapitel einen Religionskampf von zweihundertfünfzig Jahren zusammen zu drängen, die kirchliche und politische Spaltung der orientalischen Sekten darzustellen und ihre lärmenden oder blutigen Kämpfe durch eine kurze Untersuchung der Lehren der Urkirchen einzuleiten.

       I. Lobenswerte Rücksicht auf die Ehre der ersten Proselyten hat die Meinung, die Hoffnung und den Wunsch erregt, daß die Ebioniten oder wenigstens die Nazarener sich nur durch ihr hartnäckiges Beharren auf der Ausübung der mosaischen Gebräuche unterschieden haben könnten. Ihre Kirchen sind verschwunden, ihre Bücher vertilgt, ihre zweifelhafte Freiheit könnte eine Erweiterung des Glaubens gestatten, die Weichheit ihres noch jungen Bekenntnisses durch den Religionseifer und die Weisheit von drei Jahrhunderten verschiedenfaltig umgeformt worden sein. Aber auch der mildeste Kritiker muß diesen Sektierern jede Kenntnis von der reinen und eigentlichen Göttlichkeit Christi absprechen. In der Schule jüdischer Prophezeiungen und Vorurteile erzogen, waren sie nie unterwiesen worden, ihre Hoffnungen über einen menschlichen und zeitlichen Messias hinaus zu erheben. Wenn sie gleich den Mut hatten, ihren König zu begrüßen, als er im geringen Gewande erschien, waren sie mit ihrem gröberen Begriffe doch nicht imstande, den Gott zu erkennen, der seine himmlischen Eigenschaften geflissentlich unter dem Namen und der Gestalt eines Sterblichen verborgen hatte. Die vertrauten Gefährten Jesus von Nazareth gingen mit ihm als mit ihrem Freunde und Landsmann um, der in allen vernünftigen und menschlichen Verrichtungen ganz desselben Geschlechtes zu sein schien wie sie selbst. Während seines Reifens von der Kindheit zur Jugend und zum Mannesalter nahm er regelmäßig an Wuchs und Weisheit zu und er verschied nach schmerzlichem Kampfe der Seele und des Leibes am Kreuze. Er lebte und starb zum Wohle des Menschengeschlechtes. Aber auch Leben und Tod des Sokrates waren der Sache der Religion und der Gerechtigkeit gewidmet gewesen, und obschon der Stoiker oder Held die demütigen Tugenden Jesu vielleicht verachtet hätte, müssen doch die Tränen, die er über seinen Freund und sein Vaterland vergoß, als der reinste Beweis seiner Menschlichkeit gelten. Die Wunder des Evangeliums konnten ein Volk nicht in Erstaunen versetzen, das unerschrocken die glänzenderen Wundererscheinungen des mosaischen Glaubens geschaut hatte. Die Propheten der alten Tage hatten Krankheiten geheilt, Tote erweckt, das Meer geteilt, der Sonne Stillstand geboten und sich in einem feurigen Wagen zum Himmel erhoben. In dem metaphorischen Stil der Hebräer konnte sehr wohl einem Heiligen und Märtyrer der Titel des Sohnes Gottes beigelegt werden.

      Indessen läßt sich in dem unzulänglichen Glaubensbekenntnisse der Nazarener und Ebioniten ein geringer Unterschied zwischen den Ketzern nachweisen, welche die Zeugung Christi mit der gewöhnlichen Ordnung in der Natur verwechseln und den Schismatikern, welche die Jungfräulichkeit seiner Mutter verehrten und die Beihilfe eines irdischen Vaters ausschlossen. Der Unglaube der ersteren stützte sich auf die sichtbaren Umstände seiner Geburt, die gesetzmäßige Ehe seiner vermeintlichen Eltern Joseph und Maria und seinen angestammten Anspruch auf das Königreich Davids und das Erbe Judas. Aber die geheime und authentische Geschichte war in verschiedenen Abschriften des Evangeliums des heiligen Matthäus aufgezeichnet, die diese Sektierer lange in der hebräischen Ursprache als den einzigen Beweis ihres Glaubens bewahrten. Der natürliche Argwohn des sich seiner eigenen Enthaltsamkeit bewußten Gatten wurde durch die Zusicherung (in einem Traume) zerstreut, daß seine Gattin vom heiligen Geiste beschattet worden wäre, und da dieses seltene häusliche Wunder nicht in den Bereich der persönlichen Beobachtung des Geschichtschreibers fallen konnte, so muß er derselben Stimme Gehör geliehen haben, die dem Isaias die künftige Empfängnis einer Jungfrau anzeigte. Der Sohn einer Jungfrau, erzeugt durch die unbegreifliche Wirksamkeit des heiligen Geistes, war ein Geschöpf ohne Beispiel und in jeder Eigenschaft des Geistes und Körpers den Kindern Adams überlegen. Seit der Einführung der griechischen oder chaldäischen Philosophie