Der Sieg des Islams. Eduard Gibbon

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Название Der Sieg des Islams
Автор произведения Eduard Gibbon
Жанр Религиозные тексты
Серия
Издательство Религиозные тексты
Год выпуска 0
isbn 9788075838438



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den Euphrat waren von den Persern zerstört worden; kaum hatte jedoch der Kaiser eine Furt entdeckt, als sie sich eilig zurückzogen, um die Ufer des Sarus in Kilikien zu verteidigen. Dieser Fluß, ein wilder Bergstrom, war gegen dreihundert Fuß breit. Die Barbaren hatten die Brücke mit starken Türmen befestigt und ihre Bogenschützen hielten die Ufer besetzt. Nach einem blutigen Kampfe, der bis zum Abend währte, glückte den Römern der Sturm, und ein Perser von gigantischem Wüchse wurde von des Kaisers eigenen Händen getötet und in den Sarus geworfen. Die bestürzten Feinde wurden zerstreut und verfolgt. Heraklius setzte seinen Marsch nach Sebaste in Kappadozien fort, und nach Ablauf von drei Jahren feierte man an der nämlichen Küste des Schwarzen Meeres die Rückkehr des Kaisers von einem langen und glücklichen Kriegszuge.

      Statt an den Grenzen zu Scharmützeln, richtete jeder der beiden Monarchen, die miteinander um die Herrschaft im Osten kämpften, seine verzweifelten Schläge nach dem Herzen des Nebenbuhlers. Die Streitkräfte Persiens waren durch die Märsche und Kämpfe im Verlauf von zwanzig Jahren geschmolzen, und viele der Veteranen, die weder dem Schwert noch dem Klima erlegen waren, wurden noch in den Festungen Syriens oder Ägyptens zurückgehalten. Aber Chosroes' Rachedurst und Ehrgeiz erschöpfte sein Reich, Er teilte die neu ausgehobenen Untertanen, Fremde und Sklaven, in drei furchtbare Heere. Die erste Armee von fünfzigtausend Mann, ausgezeichnet durch Schmuck und den Titel der goldenen Speere, sollte gegen Heraklius ziehen. Die zweite nahm eine Stellung ein, um dessen Vereinigung mit den Truppen seines Bruders Theodorus zu verhindern. Die dritte endlich hatte Befehl, Konstantinopel zu belagern und die Unternehmungen des Chagan, mit dem der persische König einen Bündnis- und Teilungsvertrag abgeschlossen hatte, zu unterstützen. Sarbar, der Anführer dieser dritten Armee, drang durch die Provinzen von Asien nach dem wohlbekannten Lager von Chalcedon und zerstörte die heiligen und weltlichen Gebäude der asiatischen Vorstädte, während er ungeduldig des Eintreffens seiner skythischen Bundesgenossen am anderen Gestade des Bosporus harrte. Am 29. Juni 626 brachen dreißigtausend Barbaren, die Vorhut der Avaren, durch die lange Mauer und trieben einen wirren Haufen Bauern, Bürger und Soldaten vor sich her in die Hauptstadt. Unter der Fahne des Chagan kämpften achtzigtausend seiner eigenen Untertanen und der von ihm abhängigen Stämme der Gepiden, Russen, Bulgaren und Slawen. Ein Monat verging mit Märschen und Unterhandlungen. Am 31. Juli aber war die ganze Stadt von den Vorstädten von Pera und Galata bis zu den Blachernä oder sieben Türmen eingeschlossen, und die Einwohner gewahrten mit Entsetzen die Feuerzeichen auf dem europäischen wie dem asiatischen Gestade. Inzwischen versuchten die Machthaber von Konstantinopel wiederholt, den Rückzug des Chagan zu erkaufen; aber ihre Abgeordneten wurden abgewiesen und beschimpft, ja er ließ die Patrizier vor seinem Throne stehen, während die persischen Gesandten in seidenen Gewändern ihm zur Seite saßen. »Ihr seht«, sprach der stolze Barbar, »die Beweise meines vollkommenen Einverständnisses mit dem Großkönig. Sein Stellvertreter schickt sich an, eine auserlesene Schar von dreitausend Kriegern in mein Lager zu senden. Erdreistet euch nicht länger, euren Gebieter durch das Angebot unangemessenen Lösegeldes versuchen zu wollen; eure Reichtümer und eure Stadt sind die einzigen meiner Annahme würdigen Geschenke. Was euch betrifft, will ich jedem erlauben, mit einem Unterkleide und einem Hemde abzuziehen, und mein Freund Sarbar wird euch auf meine Bitte den Durchzug durch seine Reihen gewähren. Euer abwesender Fürst, in diesem Augenblicke entweder Gefangener oder Flüchtling, hat Konstantinopel seinem Schicksal überlassen; ihr vermögt den Avaren und den Persern nicht zu entgehen, außer ihr könnt euch in die Luft emporschwingen wie die Vögel oder unter das Wasser tauchen wie die Fische.« Zehn Tage hintereinander wurde die Hauptstadt von den Avaren, die einige Fortschritte in der Belagerungskunst gemacht hatten, angegriffen; sie rückten unter dem Schutze eines undurchdringlichen Schirmdaches vor, um die Mauern zu untergraben oder zu erschüttern. Ihre Maschinen spieen einen unaufhörlichen Regen von Steinen und Wurfspießen aus und zwölf hohe Holztürme brachten die Kämpfenden auf gleiche Höhe mit den benachbarten Wällen. Aber Senat und Volk waren von Heraklius' Geiste beseelt, der eine Abteilung von zwölftausend geharnischten Reitern zu ihrer Unterstützung entsandte. Feuer und Technik wurden zur Verteidigung von Konstantinopel mit überlegener Kunst angewendet; die Galeeren mit zwei oder drei Ruderbänken beherrschten den Bosporus und machten die Perser zu müßigen Zuschauern der Niederlage ihrer Bundesgenossen. Die Avaren wurden zurückgeschlagen und eine Flotte slawischer Schiffe im Hafen vernichtet. Die Vasallen des Chagan drohten, ihn zu verlassen. Seine Vorräte waren erschöpft, und er gab, nachdem er seine Maschinen verbrannt hatte, das Zeichen zu einem langsamen und verheerenden Abzuge. Die frommen Römer schrieben diese denkwürdige Befreiung der Jungfrau Maria zu; die Mutter Christi würde aber gewiß die unmenschliche Ermordung der persischen Gesandten verdammt haben, die auf Menschheitsrechte Anspruch hatten, wenn sie auch nicht durch das Völkerrecht beschützt wurden.

      Heraklius ging nach der Teilung seines Heeres wohlweislich nach dem Ufer des Phasis zurück, von wo aus er einen Verteidigungskrieg gegen die fünfzigtausend goldenen Speere von Persien führte. Seine Besorgnisse wurden durch die Befreiung von Konstantinopel gehoben, seine Hoffnungen durch einen Sieg seines Bruders Theodorus gesteigert, und dem feindlichen Bunde des Chosroes mit den Avaren setzte der römische Kaiser das nützliche und ehrenvolle Bündnis mit den Türken entgegen. Seiner freundlichen Einladung folgend, verpflanzte die Horde der Chozaren ihre Zelte aus den Wolgaebenen nach den Gebirgen von Georgien. Heraklius empfing sie in der Nähe von Tiflis. Der Khan und seine Großen stiegen von den Pferden und warfen sich, wenn wir den Berichten der Griechen Glauben beimessen, zu Boden, um den Cäsar anzubeten. Eine so freiwillige Huldigung und ein so wichtiger Beistand beanspruchte die wärmste Anerkennung. Der Kaiser nahm sein eigenes Diadem und setzte es auf das Haupt des türkischen Fürsten, den er mit einer liebevollen Umarmung und dem Namen Sohn begrüßte. Nach einem prachtvollen Bankett beschenkte er Ziebel mit den Silbergeschirren und dem Schmucke, dem Golde, den Edelsteinen und der Seide, die man bei der kaiserlichen Tafel verwendet hatte und verteilte eigenhändig unter seine Bundesgenossen Juwelen und kostbare Ohrringe. In einer geheimen Unterredung zeigte er ihm das Bild seiner Tochter Eudokia und ließ sich herab, dem Barbaren durch das Versprechen einer schönen kaiserlichen Braut zu schmeicheln. Dadurch erlangte er unverzüglich einen Beistand von vierzigtausend Pferden, und die Türken unternahmen überdies einen Ablenkungsangriff gegen die Feinde vom Oxus her. Die Perser zogen sich nun ihrerseits eilig zurück. Heraklius musterte im Lager von Edessa ein Heer von siebzigtausend Römern und Fremden und verbrachte mehrere Monate mit der glücklichen Wiedereroberung der Städte Syriens, Armeniens und Mesopotamiens, deren Befestigungen unvollständig hergestellt worden waren. Sarbar hielt noch den wichtigen Posten von Chalcedon besetzt, aber Chosroes' Eifersucht oder eine List des Heraklius entfremdeten diesen mächtigen Satrapen bald dem Dienste seines Königs und Vaterlandes. Ein Bote wurde mit einem wirklichen oder erdichteten Auftrage an den Cadarigan oder zweiten Befehlshaber aufgefangen, wodurch dieser aufgefordert wurde, unverzüglich das Haupt des schuldigen oder unglücklichen Feldherrn Chosroes zu bringen. Die Depeschen wurden Sarbar übersandt, und sowie er sein Todesurteil gelesen hatte, fügte er geschickt die Namen von vierhundert Offizieren darin ein, versammelte den Kriegsrat und fragte den Cadarigan, ob er bereit wäre, die Befehle ihres Tyrannen zu vollziehen? Die Perser erklärten einmütig, daß Chosroes das Szepter verwirkt habe. Ein Sondervertrag wurde mit der Regierung von Konstantinopel geschlossen, und wenn auch Ehre oder politische Gründe Sarbar abhielten, offen zu Heraklius zu stoßen, so war der Kaiser doch sicher, daß er nun ungestört seine Sieges- und Friedenspläne verfolgen könne.

      Seiner festesten Stütze beraubt und an der Treue seiner Untertanen zweifelnd, leuchtete Chosroes' Größe auch noch, als sie bereits in Trümmern lag. Die Zahl 500.000 mag als orientalische Metapher gelten, um die Menschen und Waffen, die Pferde und Elefanten zu bezeichnen, die Medien und Assyrien gegen den Einfall des Heraklius decken sollten. Trotzdem drangen die Römer dreist vom Araxes nach dem Tigris vor. Der kluge Rhazates begnügte sich indes, ihnen in Eilmärschen durch ein verheertes Land zu folgen, bis er den Befehl erhielt, das Schicksal Persiens in einer entscheidenden Schlacht aufs Spiel zu setzen, östlich vom Tigris am Ende der Brücke von Mosul hatte einst Ninive gestanden. Die Stadt, ja selbst ihre Ruinen waren seit langer Zeit verschwunden, und nun bot dieser Platz ein geräumiges Feld für die Bewegungen der beiden Heere. Aber die taktischen Bewegungen werden von den byzantinischen Geschichtschreibern nicht geschildert, und gleich Epikern oder Romandichtern schreiben sie den Sieg nicht der Kriegskunst, sondern der persönlichen Tapferkeit ihres Lieblingshelden zu. An diesem denkwürdigen