Название | Katharina von Bora: Geschichtliches Lebensbild |
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Автор произведения | Albrecht Thoma |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066118990 |
6. Kapitel
Das erste Jahr von Katharinas Ehestand.
Luther führte nach seiner Vermählung die junge Frau in seine Wohnung im
Augustinerkloster. Denn dies hatte ihm der Kurfürst Johann der
Beständige, der seit Mai seinem Bruder Friedrich dem Weisen gefolgt war,
unter der Bedingung des Vorkaufsrechts zur Verfügung gestellt.
Das „schwarze Kloster“ lag oben am Elsterthor, unmittelbar am Wall und Graben, still und abgewandt von der Welt, von der Straße durch einen großen Hof geschieden. Das dreistöckige Hauptgebäude gegen die Elbe zu gelegen war die Behausung der Mönche gewesen und jetzt Luthers Aufenthalt. In der westlichen Ecke nach Mittag gerichtet und mit Aussicht auf die gelben Fluten des Stromes war Luthers Zelle, woraus er „den Papst gestürmt hatte“: sie blieb auch jetzt seine Studierstube. Dagegen richtete das Ehepaar nach dem Hofe zu, wo die Gemächer des ehemaligen Priorats lagen, die geräumige Wohnstube ein, worin auch gespeist und die Besucher empfangen und Gäste bewirtet wurden. Davor lag ein kleineres Empfangszimmer mit Holzbänken. Die Decken der Gemächer und bis zur halben Höhe auch die Wände des behaglichen Wohnzimmers waren mit Holzgetäfel versehen, an den Wänden hin zogen sich Bänke, Pflöcke darüber dienten zum Aufhängen von Geräten und Kleidern. Zwei große Fenster mit Butzenscheiben schauten in den Klosterhof. Aber um deutlicher zu sehen, waren kleine Schiebfenster angebracht, welche klirrend geöffnet wurden, wenn dahinter etwas beobachtet werden sollte, ein Besuch kam oder ging oder auf die Dienstboten und das Geziefer des Hauses geachtet werden sollte. Dort in der Fensternische wurde ein einfacher hölzerner Sitz aufgestellt mit einer Art Pult, der als Nähtisch dienen mochte. Ein mächtiger Eichentisch auf Kreuzgestellen stand in der Mitte und die eine Ecke füllte ein mächtiger Kachelofen. Darum hieß die Wohnstube auch „das gewöhnliche Winterzimmer“. Es war wohl noch von der Klosterzeit her bemalt. Wahrscheinlich befand sich auch hier ein Bild der Maria mit dem schlafenden Jesuskind[140].
Hinter dieser Wohnstube war das Schlafzimmer und eine weitere Kammer, von dieser wurde später eine Stiege mit einer Fallthüre in das Erdgeschoß angelegt, auf der man in die Wirtschaftsräume drunten gelangen und namentlich die Speisen von der Küche innerhalb des Hauses heraufbringen konnte. Denn Küche, Dienstbotenzimmer und dgl. waren unten im ehemaligen Refektorium[141].
Schon in diesem Jahre, 1525, schenkte der Stadtrat verschiedene Fuhren Kalk, womit das Klosterhaus innen und außen, wenigstens teilweise, getünscht werden konnte. Vielleicht geschah dies bereits in der Zwischenzeit zwischen der Trauung und Heimführung, dieser zu Ehren, als das Haus viele festliche Besucher aufnehmen mußte[142].
Die erste Ausstattung des Hauses wird dürftig genug gewesen sein, denn Luther konnte bei seiner bekannten Freigebigkeit und Gastfreiheit mit seinem Gehalt kaum für sich selbst bestehen, und obwohl der Kurfürst es bei seiner Verheiratung auf 200 fl. aufbesserte, so waren daraus nicht viel Anschaffungen zu machen, namentlich für ein so weitläuftiges Gebäude. Die 100 fl., die der Kurfürst, und die 20 fl., die der Stadtrat zur Hochzeit schenkte, gingen darauf für das kostspielige Festmahl. Der Klosterhausrat, so weit er noch übrig und nicht weggeschleift war durch allerlei unberufene Hände, war Luther von den Visitatoren geschenkt worden. Aber es war geringfügig: Schüsseln und Bratspieße, einiger sonstiger Hausrat und Gartengeräte — zusammen kaum 20 fl. wert. So werden wohl die Freunde durch Hochzeitsgeschenke, die freilich in der Regel aus silbernen Bechern bestanden, unmittelbar oder mittelbar dazu beigetragen haben, die öden Räume des Klosters ein bißchen wohnlich zu gestalten. Verwöhnt durch mannigfaltigen Hausrat war man damals überhaupt nicht, und die zwei ehemaligen Klosterleute noch weniger. So schenkte D. Zwilling von Torgau einen Kasten, der war aber bald so lotter und wurmstichig, daß Frau Käthe kein Leinen mehr darin aufbewahren konnte vor lauter Wurmmehl. Nach und nach kamen auch sonst von auswärts allerlei Geschenke, sogar künstliche Uhren. Vom Stadtrat wurde das junge Ehepaar ein ganzes Jahr lang mit Wein aus dem Ratskeller freigehalten, brauchte aber nur (trotz vieler Gäste) für 3 Thlr. 4 Groschen 6 Pfennige. Auch schenkte die Stadt „Frau Katharinen Doktor Martini ehelichem Weibe zum neuen Jahr (1526) ein Schwebisch“ (schwäbisches Tuch)[143].
Der einzige Mitbewohner und neben Luther letzte Mönch, der Prior Brisger verheiratete sich gleich nach Luther und zog nach einiger Zeit in sein neugebautes Häuschen, das neben dem Kloster, aber vorn an der Straße gelegen war, dann auf die Pfarrei Altenburg. Von den alten Klosterbewohnern blieb nur Luthers Famulus Wolfgang Sieberger im Hause, der arm an Geld und Geistesgaben zwar zu studieren angefangen, aber es nicht hatte fortsetzen und vollenden können, und besser zu einem Diener taugte als zum Gelehrten, eine treue Seele, die von 1517 bis zu Luthers Tod im Hause blieb und den Doktor nur um ein Jahr überlebte. Eine Magd war auch da und andere folgten bald, als der Haushalt sich ausdehnte.
In diesem Hause nun gewöhnte sich das junge Paar zunächst einigermaßen in Ruhe in den Ehestand und aneinander, und Luther schrieb da: „Ich bin an meine Käthe gekettet und der Welt abgestorben“[144].
Es war dem 42jährigen Gelehrten, Junggesellen und ehemaligen Mönch im ersten Jahre des Ehestandes ein seltsames Gefühl, wenn er jetzt selbander bei Tische saß statt allein, oder wenn er morgens erwachend zwei Zöpfe neben sich liegen sah. Aber auch der jüngeren Ehefrau, der früheren Nonne mochte ihr neuer Stand seltsam dünken, hier im ehemaligen Kloster, namentlich an der Seite des gewaltigen Mannes, der die Weltordnung umgekehrt hatte und mit Papst, Kaiser, Welt und Teufel im Kampfe lag[145].
Da saß Käthe in dieser ersten Zeit bei Luther hinten in seiner Studierstube, von wo er mit dem Flammenschwert seiner Feder den Papst gestürmt, sah ihn von Büchern umgeben, den Tisch mit Briefen und Schriftbogen bedeckt, spann und horchte ihm zu und that auch Fragen nach diesem und jenem. Ihre Fragen zeugten nicht immer von Welterfahrung und theologischer Bildung. So ergötzte es den Gelehrten, als sie einmal fragte: „Ehr Doktor, ist der Hochmeister in Preußen des Markgrafen Bruder?“ Es war dieselbe Person. Luther weihte seine junge Frau bald in theologische Fragen ein. Als ihm Jonas 1527 seine jetzige Ansicht über Erasmus meldete, las er seiner Frau ein Stück des Briefes vor. Da sprach sie alsbald: „Ist nicht der teure Mann zur Kröte geworden?“ Und sie freute sich, daß Jonas nun die gleiche Ansicht mit Luther über Erasmus hatte. Mit der Zeit erweiterte sich ihr Wissen, sie lernte in ihres Mannes Haus, wo so viele Fäden der Kirchen- und Weltgeschichte zusammenliefen und so viele bedeutende Männer, Gelehrte, Staatsmänner und Fürsten einkehrten, die Weltdinge verstehen und lebte sich in die theologische Gedankenwelt so ein, daß sie an den Tischreden lebhaften Anteil nahm und auch Gelehrte durch ihren gesunden Menschenverstand und ihr natürliches Gefühl mitunter in Verlegenheit brachte[146].
Frau Käthe hatte eine ziemliche Beredsamkeit, so daß Luther sie oftmals damit neckte und sie einmal einem Engländer als Sprachlehrerin empfahl oder auch davon redete, daß sie das Amen nicht finden könnte bei ihren Predigten. Er sagt aus der Erfahrung von seiner Gattin: „Weiber reden vom Haushalten wohl als Meisterinnen mit Holdseligkeit und Lieblichkeit der Stimm und also, daß sie Cicero, den besten Redner, übertreffen; und was sie mit Wohlredenheit nicht zu Wege bringen können, das erlangen sie mit Weinen. Und zu solcher Wohlredenheit sind sie geboren, denn sie sind viel beredter und geschickter von Natur zu diesen Händeln, denn wir Männer, die wir's durch lange Erfahrung, Uebung und Studieren erlangen. Wenn sie aber außer der Haushaltung reden, so taugen sie nichts.“[147]
Zur Abwechslung arbeiteten die jungen Eheleute auch in dem umzäunten Klostergarten hinter dem Hause, worin auch ein Brunnen war. Da wurde gegraben und gepflanzt und allerlei Kräuter, Gemüse und Obstbäume, aber auch zierliche Sträucher und Blumen gepflegt. So konnte Luther schon im folgenden Sommer Spalatin einladen: „Ich hab einen Garten gepflanzt, einen Brunnen gegraben, beides mit gutem Glück. Komm, und Du sollst mit Lilien und Rosen bekränzt werden.“ Auch zu dem „Lutherbrunnen“ vor dem Elsterthore wandelten die Ehegatten hinaus, welchen der Doktor 1521 entdeckt hatte und 1526 fassen und mit einem „Lusthaus“ überbauen ließ, in dem er manch liebes Mal in Muße mit seiner Frau und seinen Freunden saß. Sonst ruhten die beiden unter dem Birnbaum