Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Читать онлайн.
Название Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band)
Автор произведения Peter Rosegger
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075837325



Скачать книгу

mein's,

       Wie fein, wie fein!

       Die Vögeleln schrein's,

       Daß du mein sollst sein!

      Ist eine ewige Schrift:

       Dich lieben, dich lieben!

       Der Adam im Paradies

       Hat's unterschrieben.

      Der Abend

       Inhaltsverzeichnis

      Das Jagdhaus im Ring war oftmals schon Gegenstand geheimer Wünsche des Waldsings gewesen. Das Haus stand gegen die Schroffen hin mitten im Wald, auf einer Lichtung, der Ring geheißen; es war – wie in den Märchen alle verlorenen Königsschlösser der Wildnisse – im Spitzbogenstil gebaut. Wilde Rosenhecken umwucherten das Gebäude, und hundertarmiger Efeu stieg an den grauen Wänden hinan bis zu den schmalen Fenstern, in welchen die Zellenscheibchen funkelten. Das Gebäude stand auf der Anhöhe einer Wiese, um welche in einem weiten Ring die hohen finster beästeten Stämme des Waldes ragten. Das Haus mit den Revieren war Eigentum eines Großen des Landes. Ein alter Forstwart bewohnte es; nur zur Zeit der Jagden kamen die Herren aus der Stadt, um etliche Nächte in dem wohnlichen Waldhause zu schlafen.

      In dieses Jagdhaus hatte am Abend ein Wagen das Brautpaar gebracht. Ferdinand Küßdenker führte selbstbewußt wie ein richtiger Hauswart – das Paar in die Gemächer. Hier brannten zwischen den Jagdgeräten und Hirschgeweihen in silbernen Leuchtern schon die Kerzen. Da war ein Saal in altertümlicher Art eingerichtet, stand ein Bücherkasten drin, und auf einem Nußbaumtischchen fanden sich zwei Zithern. Da war ein Speisezimmer, und in demselben ein Täfelchen fein gedeckt. Da war ein Gemach mit zwei Himmelbetten, in welches Anna bei dem ersten Gang durch das Haus nicht eintrat; sie blieb in der Vorkammer zurück und blickte sinnend aus gegen die stillen Wipfel des Forstes, die mit ihren Zacken und Spitzen in den klaren Abendhimmel aufragten.

      Als sie so in flüchtigem Laufe die Wohnung besehen hatten, riet Ferdinand dem jungen Ehepaar, daß es sich ein wenig zu Tisch setze.

      Ein Glas Wein darf Braut und Bräutigam zu solcher Weile nicht verschmähen. Dabei fand sich noch ein übriges.

      Auf dem Tisch lag ein Brief von Vater Mildau, folgenden Inhalts:

       Meine Kinder!

      Ich hoffe, daß Ihr mir die durch mich angezettelte Entführung in den Wald gern verzeihen werdet. Das Jagdhaus ist gepachtet, laßt es Euch darin behagen, bis das eigene Landhaus fertig sein wird, zu welchem freilich noch kein Grundstein gelegt worden, weil es Eure Sache ist, den Platz dazu zu wählen, Um Euch Liebesglück und Poesie zu vervollständigen, erlaube ich mir, hier eine Beilage anzubiegen. In Kürze Euren Besuch in der Stadt erhoffend mit fröhlichem Glückauf! Euer Vater

       Josef Mildau.

      Die »angebogene Beilage« bestand in einem kunstvoll gearbeiteten Stahlkästchen, in welchem sich Dinge und Schriften befanden, die – als wie prosaisch sie auch verschrien sind – »zur Vervollständigung der Lebenspoesie« allerdings viel beitragen.

      Die Gabe war liebreich und groß. Die süß-bange Stimmung aber vermochte sie nicht zu zerstreuen, die Annens Brust heute beengte.

      Sie hatte ihn doch zu unsagbar lieb. Nur ihm, ihm allein anzugehören, war stets ihr Gebet und ihre Sehnsucht gewesen. Und jetzt, da sie allein an seiner Seite saß, im stillen, waldumfriedeten Hause, jetzt –

      Als sich der alte Ferdinand anschickte, sein Kämmerlein zu suchen, bat Anna, daß er noch bleibe. Heute das erstemal tat er ihren Willen nicht. Ein sonderbares Gutnacht lispelte er, dann schlich er davon und zog die Türen leise, aber fest hinter sich zu.

      Von diesem Augenblick an sagte Anna kaum ein Wort mehr. Schweigsam saßen sie da, und eine altväterische Pendeluhr tickte laut und lauter, so, daß es schließlich zu hören war, als schreite ein geharnischter Ritter mit eherner Gleichmäßigkeit durch den Saal. Da rückten sich die Leutchen näher.

      Ein Fensterflügel glitt in der Abendluft leise auf und zu. Da kam's sachte – über die Wipfel herangezittert durch die Nacht wie Harfenklang.

      Männerstimmen sangen im Wald ein Lied. Die Worte waren kaum zu verstehen, nur die letzte Strophe kam, wie auf einem eignen Lufthauch herübergeschifft, zum offenen Fenster:

      – Bin ich voll Verlangen

       Noch zum Herrgott gangen:

       Darf ich's Dirndl liab'n?

       – Ei ja freilich, sagt er und hat g'lacht,

       Z'weg dem Büaberl han ich

       's Dirndl g'macht ...

      Die Töne waren verzittert. Über dem finsteren Gestämme lag die Ruhe des Sternenhimmels. Ein Luftzug durch das Fenster blies die Kerze aus.

      Wie sie Honigwochen hielten

       Inhaltsverzeichnis

      Unter Gabriels Papieren finden wir ein Blatt, auf welchem folgendes geschrieben steht:

      Den lieben Gott selber nimmt man bei der Hand und nennt ihn Bruder und dankt ihm, daß er einen nicht zum Engel, sondern zum Menschen gemacht hat.

      »Soll denn eine Zeit kommen, wo Honigwochen nicht mehr sind?« fragt sie dich, die Geliebte, die einzige, die Angetraute.

      Du sitzest in leichtem Hauskleide neben ihrem Bett und blickest das holde Wesen an – es ist so zart, so weiß, die reiche Fülle der Locken umrahmt das Antlitz, die langen Wimpern verhüllen das Kleinod des Auges; ein wenig entfaltet ist das Lippenpaar – leise aus und ein den Atem ziehend – deines Frühlings warmen Hauch; auf dem Busen wiegt die zarte Hand sich im sanften Auf und Nieder ...

      Der erste Morgen.

      Jetzt schlägt sie die Augen auf, sieht dich und macht sie wieder zu. An euren Wangen ist Morgenrot. Deinen Mund zieht's nach ihren Lippen!

      Draußen ist Sommertag. »Komm', mein Lieb, wir gehen ins Freie.«

      »Aber – nicht unter Leute«, flüstert sie.

      »Also in den Wald. Ja, Weib, du hast recht, es wird keine Zeit kommen, da diese Tage nicht mehr sind.«

      Ihr wandelt die Wege, die ihr gestern gegangen seid mit den Myrten und mit den Lilien. Das ist aber nicht mehr derselbe, es ist ein anderer Weg.

      Gestern und heute!

      Und merkwürdig ist ihr Blick, nicht wahr? Du hast bisher keinen solchen Blick ihres Auges erfahren – so verwirrt, so vorwurfsvoll, so verzeihend, so innig, so befangen –

      »Schau,« sagt sie, »jetzt trägst du eine Ehemannsseele in dir!«

      »Ja,« sagst du, »jetzt leb' ich zwei Leben. Ist das eine unpaß, so hüpfe ich auf das andere hinüber. Mach du es auch so.«

      »Ich bin schon drüben«, antwortet sie.

      Ihr ruhet im Grünen und wendet euer Angesicht gegen das Blau, welches zwischen den Zelten des Tanns blinkt. Ein weißes Wölklein schwimmt vorüber; ein munterer Vogel hüpft in den immergrünen Gabeln, pickt in den Samengehäusen der Zapfen. Waldbienen summen und klingen – wären Saiten gespannt an den Stämmen, so müßten sie klingen. Du schließest wohl halb die Augen, um neben dieser äußeren Welt auch noch die innere zu schauen. Du öffnest halb die Lippen, um die Waldesluft in deine Brust zu trinken.

      Sie hat ein Doppelpflänzchen gepflückt, an welchem zwei große Erdbeeren hängen, sie legt dir das Sträußel so in den Mund, daß eine der Beeren zwischen die Lippen sinkt. Dann neigt sie sich zu dir und nimmt mit ihrem Munde die zweite Beere der Pflanze. Dann liegt auf deinem Schnurrbärtchen nur mehr der Zweig mit seinen grünen Blätterherzen. – So liebt ein junges Paar Erdbeeren zu pflücken.

      Ihr