Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | George Sand |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962816148 |
Zdenko hörte ihr entzückt zu, und sagte seufzend:
– Sehr lieb dich habe, Schwester! sehr, sehr! Willst du ein anderes lernen?
– Ja, das vom Grafen Albert, erst deutsch, nachher sollst du mirs böhmisch sagen.
– Wie fängt es an? fragte Zdenko, sie listig ansehend.
Consuelo begann die Weise des Liedes vom vorigen Abend: »Unten, dort unten, in Müh und Leid …«
– O, das ist von gestern; weiß ich heut nicht mehr, sagte Zdenko sie unterbrechend.
– Recht, sage mir das von heute.
– Den Anfang, den Anfang musst du wissen.
– Den Anfang? Gut, es fängt so an: Graf Albert ist unten, da unten, in der Grotte vom Schreckenstein …
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als Zdenko plötzlich Miene und Stellung veränderte; seine Augen blitzten vor Zorn. Er sprang drei Schritte zurück, erhob seine Hände über seinem Haupte, wie um Consuelo zu verwünschen und fing an böhmisch zu reden in der vollen Kraft des Zornes und der Drohung.
Consuelo erschrak zuerst; da sie ihn aber sich entfernen sah, wollte sie ihn zurückrufen und ihm nachgehen. Er wendete sich wütend um, und einen ungeheuern Stein aufraffend, den er mit seinen mageren, gebrechlichen Armen ohne alle Anstrengung zu heben schien, rief er auf Deutsch: Zdenko hat nie keinem Wesen Leides getan, Zdenko nicht einer armen Mücke den Flügel brechen möchte, und wollt’ ihn ein Kind totmachen, ließe sich totmachen von einem Kind. Aber siehst du noch mich an, sagst du ein Wort, Kind des Unglücks, Lügnerin, Östreicherin, dich Zdenko wie einen Wurm zertreten will, müsste Zdenko in den Strom sich werfen, Leib und Seele rein zu waschen von dem vergossenen Blut.
Consuelo floh erschrocken, und traf weiter hinab auf einen Bauer, der, da er mit Erstaunen sie so blass und wie vor einem Verfolger laufen sah, sie fragte, ob ihr ein Wolf begegnet wäre.
Consuelo wollte wissen, ob Zdenko Anfällen von Raserei unterworfen sei und sagte ihm, sie sei dem »Unschuldigen« begegnet und habe sich vor ihm gefürchtet.
– Sie brauchen sich vor dem Unschuldigen nicht zu fürchten, sagte der Bauer, über das, was er für eine jüngferliche Zaghaftigkeit hielt, lachend. Zdenko ist nicht bös: er lacht immer, oder er singt auch, oder er erzählt Geschichten, die man nicht verstehen kann und die sehr wunderschön sind.
– Aber er wird manchmal böse, und droht dann und wirft mit Steinen, wie?
– Niemals, niemals! entgegnete der Bauer; das ist noch nie geschehen und wird nie geschehen. Man braucht vor Zdenko keine Furcht zu haben, Zdenko ist unschuldig wie ein Lamm.
Als sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte, sah Consuelo ein, dass der Bauer wohl recht haben müsste, und dass sie durch ein unbedachtes Wort zum ersten Male einen Anfall von Wut hervorgerufen hatte, den einzigen, in welchen Zdenko noch je geraten war. Sie machte sich darüber bittere Vorwürfe.
– Ich bin zu hastig gewesen, sagte sie zu sich; ich habe in der friedfertigen Seele dieses Menschen, dem das fehlt, was man dreistweg Vernunft nennt, ein Leiden geweckt, das ihm noch fremd war, und das sich jetzt seiner bei der geringsten Veranlassung bemächtigen kann. Er war nur gemütskrank, und ich habe ihn vielleicht rasend gemacht.
Aber noch trauriger wurde sie, als sie über die Ursachen nachdachte, die Zdenko’s Zorn haben konnte. Es war nun gewiss, dass sie recht geraten hatte, indem sie annahm, dass sich Albert unter dem Schreckenstein verborgen hielt. Aber mit welcher ängstlichen misstrauischen Sorgfalt suchten Albert und Zdenko dieses Geheimnis zu verstecken, selbst vor ihr!
Sie war also nicht ausgenommen, sie hatte keinen Einfluss auf den Grafen Albert, und jene Eingebung, die er gehabt hatte, sie seinen Trost zu nennen, jener Versuch, sie durch ein symbolisches Lied Zdenko’s am vorigen Abend rufen zu lassen, jene Mitteilung des Namens Consuelo an den Wahnsinnigen, alles das war nichts bei ihm, als eine augenblickliche Laune, ohne dass eine wirkliche und anhaltende Sehnsucht ihm eine bestimmte Person vor anderen als seine Retterin und seinen Trost bezeichnete?
Selbst dass er den Namen Consuelo nannte und gleichsam erriet, war nur eine Fügung des Zufalls. Sie hatte es niemanden verborgen, dass sie eine Spanierin sei und dass ihre Muttersprache ihr immer noch eigener geblieben als die italienische. Albert, begeistert von ihrem Gesange, und keinen besseren Ausdruck wissend als den, dessen Gedanke beständig vor seiner verlangenden Seele schwebte, hatte mit diesem sie genannt in seiner Sprache, die er vollkommen innehatte und die außer ihr niemand von seiner Umgebung verstehen konnte.
Consuelo hatte sich nie in dieser Hinsicht übertriebene Vorspiegelungen gemacht. Allein in einem so zarten und sinnreichen Spiele des Zufalls hatte sie doch etwas Verhängnisvolles zu finden geglaubt, dessen ihre eigene Einbildungskraft sich ohne zu strenge Prüfung bemächtigt hatte.
Jetzt war alles wieder in Frage gestellt. Hatte Albert in einer neuen Phase seiner Verzückung die Verzückung, in welche sie ihn gesetzt hatte, vergessen? war sie ihm von nun an nicht mehr nötig, um sich Erleichterung zu schaffen, war sie ohnmächtig, ihn zu retten? Oder war Zdenko, der ihr bis dahin so geschickt und beflissen geschienen, Albert’s Absichten zu unterstützen, bedauernswerter und ernstlicher verrückt, als Consuelo es hatte glauben mögen? Handelte er im Willen seines Herrn oder dessen uneingedenk, als er mit solcher Wut dem jungen Mädchen wehren wollte, sich dem Schreckenstein zu nähern und der Wahrheit auf die Spur zu kommen?
– Nun! flüsterte ihr Amalie zu, als sie ins Haus trat, haben Sie Albert in den Abendwolken vorüberfliegen sehen? Werden Sie ihn diese Nacht durch einen mächtigen Zauberspruch zum Schornstein herein beschwören?
– Vielleicht! antwortete Consuelo ein wenig verstimmt.
Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ihren Stolz gekränkt fühlte. Sie hatte sich mit so reinem Eifer, mit so edler Hingebung ihrem Unternehmen gewidmet, dass sie der Gedanke schmerzte, verhöhnt und verachtet zu werden, weil es misslang.
Sie war den ganzen Abend traurig, und das Stiftsfräulein, das diese Veränderung bemerkte, verfehlte nicht, sie einer Furcht zuzuschreiben, dass sie die in ihrem Herzen aufkeimende schlimme Neigung verraten haben möchte.
Das Stiftsfräulein war in einem seltsamen Irrtum. Wenn Consuelo die leiseste Anwandlung einer neuen Liebe gefühlt hätte, so wäre ihr dieses lebendige Vertrauen, diese