Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | George Sand |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962816148 |
Graf Christian war geteilt zwischen dem Wunsche, die etwas ins Wundersüchtige streifende Auffassung seiner Schwester anzunehmen, und der Achtung, welche ihm die ängstlich bedächtige Orthodoxie seines Beichtigers aufnötigte. Er meinte die Unterhaltung abzulenken, als er, auf die Porporina geratend, das allerliebste Wesen dieser jungen Person zu rühmen anhob. Das Stiftsfräulein, das sie schon liebgewonnen hatte, ging gern auf seine Lobsprüche ein und der Kaplan gab seinen Segen dazu. Es kam ihnen nicht in den Sinn, das Wunder, welches in ihrem Innern gewirkt worden war, der Anwesenheit Consuelo’s beizumessen. Sie ernteten die Wohltat, ohne die Quelle zu erkennen; und das war gerade, was Consuelo von Gott erbeten haben würde, wenn man sie hätte darum fragen wollen.
Amalie hatte ein wenig schärfere Beobachtungen gemacht. Es stand ihr fest, dass ihr Vetter vorkommenden Falles Herrschaft genug über sich besäße, um die Unordnung seiner Gedanken ebensowohl Solchen, denen er misstraute, als Solchen, die er besonders wertschätzte, zu verbergen. Vor manchen Verwandten oder Freunden seiner Familie, welche ihm entweder Zuneigung oder Abneigung einflößten, hatte er die Ausschweifungen seiner Sinnesart nie durch irgend ein äußeres Merkmal verraten. Als ihr daher Consuelo ihr Erstaunen ausdrückte über das, was sie abends zuvor von ihr über Albert erfahren hatte, bemühte sich Amalie, von einem geheimen Verdrusse geplagt, das Grauen vor ihm, welches jene Erzählung in ihrer Freundin erweckt hatte, zurückzurufen.
– Ach! meine arme Freundin! sagte sie; trauen Sie dieser trügerischen Ruhe nicht; das ist die Pause, welche stets bei ihm die eine Krise von der anderen trennt. Sie haben ihn heute so gesehen, wie ich ihn sah, als ich am Anfange des vorigen Jahres hier ankam. O Gott! Wenn es Ihnen durch fremden Willen auferlegt wäre, die Frau eines solchen Visionärs zu werden, wenn man, um Ihren stillschweigenden Widerstand zu brechen, stillschweigend das Complott geschmiedet hätte, Sie auf unbestimmte Zeit in diesem schrecklichen Schloss gefangen zu halten, unter einer immerwährenden Diät von jähen Schrecken, Ängsten und Erschütterungen, unter nichts als Tränen, Exorcismen, Ausschweifungen aller Art, um eine Genesung abzuwarten, an welche man stets glaubt und die nie kommen wird, so würden Sie ebenso wie ich sich keine Täuschung machen über Albert’s schöne Manieren und die süßen Reden der Familie.
– Es ist aber doch unglaublich, sagte Consuelo, dass man Sie sollte zwingen wollen, sich wider Ihren Willen mit einem Manne zu verbinden, welchen Sie nicht lieben. Sie scheinen mir der Abgott der Ihrigen zu sein.
– Zwingen werden sie mich nicht; sie wissen recht gut, dass das die Unmöglichkeit wollen hieße. Aber sie werden vergessen, dass Albert nicht der einzige Mann ist, der für mich passen könnte, und Gott weiß wann sie die tolle Hoffnung aufgeben werden, ich möchte immer noch einmal die Zuneigung, die ich Anfangs für ihn fühlte, wiedergewinnen. Und mein armer Vater, der so ein leidenschaftlicher Jäger ist und hier so schöne Gelegenheit hat, seiner Liebhaberei nachzuhängen, befindet sich auch gar zu gut in diesem verwünschten Schlosse und findet immer wieder einen neuen Vorwand, um unsere Abreise hinauszuschieben, die schon zwanzig Mal beschlossen und immer wieder aufgegeben ward. Ach, wenn Sie ein Mittel wüssten, liebe Nina, wonach in einer Nacht alles Wild der Gegend verenden müsste, so würden Sie mir den größten Dienst leisten, den eine Menschenseele mir leisten kann.
– Ich kann leider nichts tun, als dass ich Ihnen Zerstreuung zu machen suche, indem ich Sie singen lasse und dass ich abends, wenn Sie nicht Lust haben zu schlafen, mit Ihnen plaudere. Ich werde mir Mühe geben, ein calmierendes und schlafbringendes Mittel für Sie zu sein.
– Sie erinnern mich, dass ich Ihnen den Rest einer Geschichte schuldig bin. Ich will nur gleich anfangen, damit Sie nicht zu spät zu Bette kommen:
Einige Tage nach seiner geheimnisvollen Abwesenheit (und er stand immer in der Überzeugung, dass die Woche, während welcher er weg war, nur sieben Stunden gedauert hatte) fing Albert an zu merken, dass der Abbé nicht mehr im Schlosse wäre und fragte, wohin man den hätte gehen lassen.
– Da du seiner nicht mehr bedurft hast, antwortete man ihm, so ist er zu seinen Geschäften zurückgekehrt. Hattest du es denn nicht eher bemerkt?
– Ich habe es bemerkt, sagte Albert: meinem Leiden fehlte etwas, aber ich gab mir keine Rechenschaft, was es wäre.
– Du hast wohl sehr zu leiden, Albert? fragte das Stiftsfräulein.
– Sehr! antwortete er mit dem Tone eines Menschen, den man fragt, ob er gut geschlafen habe.
– Und der Abbé war dir wohl sehr unangenehm? fragte Graf Christian.
– Sehr! antwortete Albert in demselben Tone.
– Warum hast du das aber nicht eher gesagt, lieber Sohn? Warum hast du die Gegenwart eines Mannes, der dir zuwider war, so lange ertragen, ohne mir etwas von deinem Missbehagen auszusprechen? Glaubtest du denn nicht, mein Kind, dass ich deinem Leiden so schnell als möglich ein Ende machen würde?
– Es war nur eine geringe Zugabe zu meiner Pein, entgegnete Albert mit fürchterlicher Ruhe, und Ihre Güte, Vater! an der ich nicht zweifle, hätte mir nur eine schwache Erleichterung verschafft, wenn Sie mir einen anderen Wächter gaben.
– Einen anderen Reisegefährten, mein Sohn! Du bedienst dich eines Ausdrucks, der meiner Zärtlichkeit wehe tut.
– Ihre Zärtlichkeit, lieber Vater! war Schuld, dass Sie Besorgnisse hegten. Sie konnten es nicht wissen, wie übel Sie mir taten, dass Sie mich von sich und von diesem Hause entfernten, wo mir die Vorsehung meinen Platz angewiesen hat bis zu der Zeit, da ihre Absichten mit mir in Erfüllung gehen sollen. Sie haben an meiner Wiederherstellung und an meiner Ruhe zu arbeiten geglaubt; ich, der ich besser als Sie wusste, was jedem von uns zukommt, wusste wohl, dass es mir zukam, Ihren Willen zu unterstützen und Ihnen zu gehorchen. Ich kannte meine Pflicht und habe sie erfüllt.
– Ich kenne deine Tugend und deine Liebe zu uns, Albert! aber könntest du uns nicht deutlicher sagen, was in dir vorgeht?
– Sehr leicht, entgegnete er, und der Augenblick ist da, es zu tun.
Er sprach so ruhig, dass wir glaubten, der