Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Robert Musil |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788026800347 |
Und er ißt ihr Herz, und sie das seine.
Heimweh
Bin ein trübseliger Wetterling;
Vor meinem Haus zwei gelb Schmetterling
Flackern im Grau.
Du, meine Frau!
Traumgaukelding!
Tückischer Zaubervogel, schwankst
Still in mir wie im Schaukelring.
An ein Zimmer
Leises Zimmer, so heimlich weit
Wie einer toten Großvater-Cousine Kleid
Hingst Du im duftenden Schrank der Welt.
Oh Kinderglühn, vom Dunkel verzweit!
Oh Einsamkeit
Unter seidenen Röcken, über uns gestellt,
Von der Geliebten goldenem Dattel-Leib
Schimmernd erhellt!
Das Namenlose
Aus einem Abend wie ein aufgesprungner Schrein
Schwebt Ding nach Ding leis in die Nacht hinein,
Geliebte, diese Welt ist Dein und mein!
Ist wie ein Tanz durch einen sanften Wiesenhang,
Der sacht gedrehten Grüns um uns entgleitet …
Indes er den entzückten Fuß noch abwärts leitet,
Fühlst Du und ich entgrenzt schon unsren Gang,
Um den der Raum so segelhaft sich weitet.
Und nun der Tanz uns mählig auseinanderbreitet –
An allen Stellen trunken uns verwebend
Im Drehn, das groß und geisterhaft schon schreitet, –
Fühlst Du und ich, bis in die Mitte bebend,
Die Erde sinkt, uns einsam umeinander hebend.
Die Hitze
Eine Hitzewelle und ein Maximum
Wälzen sich über Berlin herum …….
30 Grade zählst Du im Schatten
Der Nacht und zahlreiche Bräutigatten.
Sie flüstern unter jedem Baum und hinter jedem Strauch
Und in allen Haustoren flüstern sie auch.
Die Bräutigattinen jedoch zählst Du besser
Nicht, denn sonst regnet’s bei der Hitze Messer.
… So gehst Du nach Hause und trinkst versonnen
Da und dort unterwegs einen Schultheißbronnen ….
Und führt Dein Weg an einer Bank vorbei,
So merkst Du befriedigt: dort sitzen zwei,
Und legt sich Dir Park-oder Buschwerk die quer,
So merkst Du sicher: dort sitzen mehr
Und wenn Du dann Augen hast, siehst du Weißes
Und hast Du Ohren, hörst Du ungemein Heißes
Und überhaupt mußt Du allseits vor Seufzen und Schmatzen
Beklommen Deine vereinsamten Lippen kratzen.
Und weil Du langsam wandelst der Hitze wegen,
Hast Du reichlich Zeit, Dir zu überlegen,
Wie bei solch einem Wetter doch unerwartet
öffentlich die gute Sitte entartet,
Wodurch es auch der Tugendhafte nicht vermeidet,
Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.
So merkst Du sicher bald ihrer mehr
Denn manchmal raschelt vor Dir etwas Weißes
Und manchmal wispert hinter Dir etwas Heißes
Und links u rechts hörst Du es seufzen u schmatzen
Und siehst selig Verschlungne sich sinnend betatzen
Wie bei solch einem Wetter doch niemand vermeidet
Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.
Dernburg
Das intellektuelle Niveau eines Parlamentes
Freundlich unter uns gesagt: na, man kennt es
Wogegen sich mit Dernburg das Versehen ereignete,
Daß man sein Amt einem gab, der sich dafür eignete.
Und ich meine, nach diesen beiden Prämissen
Konnte man das Ende invorhinein wissen.
Nun geht er, und alles kehrt wieder zum Alten
Der berühmte Erzberger bleibt uns erhalten
Und im Kolonialamt anstelle der Börsenjobber
Regiert wieder lautlos der geheime Ober
Der Bürger endlich blickt still in die Weite
Und spart Steuergelder für die kommende Pleite
[Schön ist die Zeit]
Schön ist die Zeit, doch ungesund
Man sündigt im Civilstand und
Mit Stiefeln und mit Spornen
Von hinten und von vornen
Was jüngst passiert, habn wir gehört das wissen wir
Doch auch das Weib hat sich verkehrt es wird zum
Tier im Weibe steckt das Tier
Die Keuschheit geht kapores
O tempora o mores!
Es schreit illegitim und bleich
Nach Mutterschaft, am liebsten gleich
Von hinten und von vornen
Mit Stiefeln und mit Spornen, (u flucht den Ungebornen)
Selbst der Primaner sündigt still
Nicht mehr für sich, beim Mädchen will
Er lindern die dolores
O tempora, o mores!
So bläht die Unzucht sich im Schmutz
Passiert etwas – der Mutterschutz
Nimmt an sich der Verlornen
Von hinten und von vornen
2. Widmungen
Thomas Mann zum 60. Geburtstag am 6. Juni 1935
Wenn sich die Menge verläuft
stehen die Sterne am Himmel
und ins verschlossene Haus
kommen die Gäste von oben.
An Otto Pächt In einem Exemplar des «Nachlaß zu Lebzeiten» «zu Weihnachten 1935»
Urheberrechtlich, wie ich dächt’,
Fällt dieses Buch an Otto Pächt.
Mißfällt’s, so tragen wir’s zu zwein,
Gefällt’s, so tu’ ich’s auch allein,
Der Fall könnt’ gar nicht besser sein.
So ist das Schenken eben
Nicht einmal Wiedergeben.
An «E. u B