Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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sprechen nicht von Pitou?«

      »Nein, Doctor. Ich spreche von Ihrem Sohne, von Sebastian.«

      »Von Sebastian!  . . .« rief Gilbert. »Nun! wo ist er denn?«

      Und sein Auge durchlief rasch alle Winkel des großen Salon.

      »Er war hier; er versprach, mich zu erwarten. Ohne Zweifel wird ihn der Huissier, dem ich ihn empfohlen, da er ihn nicht allein lassen wollte, mit sich genommen haben,«

      In diesem Augenblick kehrte der Huissier zurück. Er war allein.

      »Was ist aus dem jungen Menschen geworden, den ich hier gelassen habe?« fragte Isidor.

      »Welchen jungen Menschen meinen Sie?« versetzte der Huissier.

      Gilbert besaß eine ungeheure Selbstbeherrschung. Er fühlte, wie er bebte, doch er bewältigte sich.

      Er trat ebenfalls hinzu.

      »Ah! mein Gott!« murmelte unwillkürlich der Baron von Charny, von einem Anfange von Besorgnis, ergriffen.

      »Mein Herr,« sprach Gilbert mit fester Stimme zum Huissier, »sammeln Sie alle Ihre Erinnerungen  . . .Dieser Knabe ist mein Sohn  . . .er kennt Paris nicht, und ist er unglücklicher Weise aus dem Schlosse weggegangen, so läuft er, da er Paris nicht kennt, Gefahr, sich zu verirren.«

      »Ein Knabe?« sagte ein zweiter Huissier, der gerade eintrat.

      »Ja, ein Knabe, beinahe ein junger Mann.«

      »Etwa fünfzehn Jahre alt?«

      »So ist es.«

      »Ich habe ihn in den Gängen gesehen; er folgte einer Dame, welche von Ihrer Majestät herauskam.«

      »Und diese Dame, wissen Sie, wer es war?«

      »Nein. Sie trug ihre Mante auf die Augen vorgeschlagen.«

      »Aber was that sie denn?«

      »Sie schien zu fliehen, und das Kind verfolgte sie und rief: »»Madame!««

      »Gehen wir hinab,« sprach Gilbert, »der Concierge wird uns sagen, ob er sich entfernt hat.«

      Isidor und Gilbert gingen durch denselben Corridor, durch den eine Stunde vorher Andrée, verfolgt von Sebastian, gelaufen war.

      Man kam zu der Thüre des Prinzenhofes und befragte den Concierge.

      »Ja, in der That,’ antwortete er, »ich habe eine Frau gesehen, welche so rasch ging, daß sie zu fliehen schien; ein Knabe kam hinter ihr  . . .Sie flieg in den Wagen; der Knabe stürzte ihr nach und erreichte sie.«

      »Hernach?« fragte Gilbert.

      »Hernach zog die Dame den Knaben in den Wagen, umarmte ihn voll Leidenschaft, gab ihre Adresse, schloß wieder den Schlag, und der Wagen fuhr ab.«

      »Haben Sie die Adresse behalten?« fragte Gilbert mit Bangigkeit.

      »Ja, vollkommen: Rue Coq-Héron, Nr. 9, der erste Thorweg von der Rue Platrière aus.«

      Gilbert bebte.

      »Ei!« sagte Isidor, »diese Adresse ist die meiner Schwägerin, der Gräfin von Charny.«

      »Verhängniß!« murmelte Gilbert.

      In jener Zeit war man zu philosophisch, um zu sagen: Vorsehung.

      Dann fügte er bei:

      »Er wird sie erkannt haben.«

      »Nun,« sprach Isidor, »lassen Sie uns zur Gräfin von Charny gehen,«

      Gilbert begriff, in welche Lage er Andrée brächte, würde er bei ihr mit dem Bruder ihres Gatten erscheinen.

      »Mein Herr,« erwiederte er, »sobald mein Sohn bei der Frau Gräfin von Charny ist, befindet er sich in Sicherheit, und da ich die Ehre habe, sie zu kennen, so glaube ich, daß es, statt mich zu begleiten, geeigneter wäre, wenn Sie sich aus den Weg begeben würden, denn nach dem, was ich beim König habe sagen hören, nehme ich an, daß Sie es sind, der nach Turin reist.«

      »Ja, mein Herr.«

      »So empfangen Sie meinen Dank für das, was Sie für Sebastian zu thun die Güte gehabt haben, und reisen Sie, ohne eine Minute zu verlieren.«

      »Aber, Doctor  . . .«

      »Mein Herr, sobald ein Vater Ihnen sagt, er sei unbesorgt, reisen Sie. An welchem Orte Sebastian nun sein mag, bei der Gräfin von Charny oder anderswo, befürchten Sie nichts, mein Sohn wird sich wiederfinden.«

      »Da Sie es wollen, Doctor  . . .«

      »Ich bitte Sie darum.«

      Isidor reichte die Hand Gilbert, der sie ihm mit mehr Herzlichkeit drückte, als er dies bei den Menschen von seiner Klasse zu thun pflegte, und während Isidor ins Schloß zurückkehrte, gelangte er auf den Carousel-Platz, von da in die Rue de Chartres, ging schräge über den Platz des Palais Royal, dann an der Rue Saint- Honoré hin, und, einen Augenblick in diesem Irrsaal von Gäßchen verloren, befand er sich bald an der Ecke von zwei Straßen.

      Das waren die Rue Platrière und die Rue Coq-Héron.

      Diese Straßen hatten beide für Gilbert erschreckliche Erinnerungen; hier, gerade an dem Orte, wo er sich befand, hatte sehr oft sein Herz noch heftiger vielleicht geschlagen, als es zu dieser Stunde schlug; er schien auch einen Augenblick zwischen den zwei Straßen zu zögern, doch er entschloß sich dann rasch und wählte die Rue Coq-Héron.

      Die Thüre von Andrée, dieser Thorweg des Hauses Nr. 9 war ihm wohl bekannt: also nicht, weil er sich zu täuschen befürchtete, blieb er hier stehen. Nein, er suchte offenbar einen Vorwand, um in dieses Haus einzudringen, und da er diesen Vorwand nicht gefunden hatte, so suchte er ein Mittel.

      Die Thüre, an welche er gedrückt, um zu sehen, ob sie nicht durch eines von den Wundern, die der Zufall zuweilen zu Gunsten von Leuten thut, welche in Verlegenheit sind, offen sei, hatte widerstanden.

      Er ging längs der Mauer hin.

      Die Mauer war zehn Fuß hoch.

      Diese Höhe kannte er wohl; doch er suchte, ob nicht ein von einem Fuhrmann längs dieser Mauer vergessener Karren ihm das Mittel gebe, die Firste zu erreichen.

      Einmal auf der Firste angelangt, würde er, behende und kräftig, wie er war, leicht in das Innere gesprungen sein.

      Es war kein Karren an der Mauer,– folglich auch kein Mittel, um hineinzugelangen.

      Er näherte sich der Thüre, streckte die Hand noch dem Klopfer aus und hob diesen auf; aber, den Kopf schüttelnd, ließ er ihn sachte und ohne daß ein Geräusch unter seiner Hand erwachte, wieder fallen.

      Offenbar hatte ein neuer Gedanke, eine beinahe verlorene Hoffnung zurückführend, einen Schimmer in seinen Geist geworfen.

      »Im Ganzen,« murmelte er, »das ist möglich!«

      Und er schritt wieder gegen die Rue Platrière hinauf und auf der Stelle auch in diese hinein.

      Im Vorübergehen warf er einen Blick und einen Seufzer nach dem Brunnen, in welchen er, sechszehn Jahre früher, mehr als ein Mal das schwarze, harte Brod getaucht hatte, das er der Großmuth von Therese und der Gastfreundschaft von Rousseau verdankte.

      Rousseau war todt, Therese war todt: er war groß geworden, zu Ansehen, zu Ruf, zu Vermögen gelangt. Ach! war er glücklicher, weniger bewegt, weniger voller Bangigkeiten in Betreff der Gegenwart und der Zukunft, als zur Zeit, wo er, entzündet von einer tollen Leidenschaft, sein Brod in diesen Brunnen getaucht hatte?

      Er ging weiter.

      Endlich, blieb er, ohne Zögern, vor einer Gangthüre flehen, deren oberer Theil vergittert war.

      Er schien an seinem Ziele angekommen zu sein.

      Einen Augenblick jedoch lehnte er sich an die Wand, mochte ihn nun die Summe der Erinnerungen, welche diese kleine Thüre in ihm zurückrief, fast erdrücken, mochte er, bei dieser Thüre angekommen, hier eine Täuschung zu finden befürchten.

      Endlich strich