Название | Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 |
---|---|
Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Mein Gott!« rief Gilbert, »wohin wird er gegangen sein? . . . Der Unglückliche kennt Paris nicht, und es ist Mitternacht vorüber!«
»Oh!« rief Andrée, indem sie einen Schritt gegen Gilbert machte, »glauben Sie, es sei Ihm ein Unglück zugestoßen?«
»Das werden wir erfahren,« erwiederte Gilbert; »das werden Sie mir sagen.«
Und er streckte die Hand gegen Andrée aus.
»Mein Herr! mein Herr!« rief diese, indem sie zurückwich, um sich dem magnetischen Einfluß zu entziehen.
»Madame,« sprach Gilbert, »befürchten Sie nichts: es ist eine Mutter, die ich über das, was aus ihrem Sohne geworden ist, befragen will, . . .Sie sind mir heilig.«
Andrée stieß einen Seufzer aus und fiel, den Namen Sebastian murmelnd, in einen Lehnstuhl.
»Schlafen Sie,« sagte Gilbert, »doch, obgleich eingeschlafen, sehen Sie durch das Herz.«
»Ich schlafe,« erwiederte Andrée.
»Muß ich die ganze Kraft meines Willens anwenden,« fragte Gilbert, »oder sind Sie geneigt, freiwillig zu antworten?«
»Werden Sie abermals meinem Kinde sagen, ich sei nicht seine Mutter?«
»Je nachdem . . .Lieben Sie es?«
»Oh! er fragt, ob ich es liebe, dieses Kind meines Herzens! . . . Oh! ja, ja, ich liebe es glühend.«
»Dann sind Sie seine Mutter, wie ich sein Vater bin, Madame, da Sie den Knaben lieben, wie ich ihn liebe.«
»Ah!« machte Andrée athmend.
»Sie werden also freiwillig antworten?« fragte Gilbert.
»Werden Sie mir erlauben, ihn wiederzusehen, wenn Sie ihn gefunden haben?«
»Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie seien seine Mutter, wie ich sein Vater bin? . . .Sie lieben Ihr Kind, Madame, Sie werden Ihr Kind wiedersehen.«
»Ich danke,« sprach Andrée mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Freude, indem sie ihre Hände an einander schlug . . .»Nun fragen Sie, ich sehe . . .nur . . .«
»Was?«
»Folgen Sie ihm von seinem Abgang an, damit ich sicherer bin, daß ich seine Spur nicht verliere.«
»Es sei. Wo hat er Sie gesehen?«
»Im grünen Salon.«
»Wo ist er Ihnen gefolgt?«
»Durch die Korridors.«
»Wo hat er Sie eingeholt?«
»In dem Augenblick, als ich in den Wogen stieg,«
»Wohin haben Sie ihn geführt?«
»In den Salon . . .den Salon nebenan.«
»Wohin hat er sich gesetzt?«
»Zu mir, aus das Canapé.«
»Ist er lange dort geblieben?«
»Ungefähr eine halbe Stunde.«
»Warum hat er Sie verlassen?«
»Weil das Geräusch eines Wagens hörbar wurde.«
»Wer war in diesem Wagen?«
Andrée zögerte.
»Wer war in diesem Wagen?« wiederholte Gilbert mit festerem Tone und einem noch stärkeren Willen.
»Der Graf von Charny.«
»Wo haben Sie den Knaben verborgen?«
»Ich habe ihn in dieses Zimmer geschoben.«
»Was hat er Ihnen gesagt, als er dort eintrat?«
»Ich sei nicht seine Mutter.«
»Warum hat er Ihnen dies gesagt?« Andrée schwieg.
»Warum hat er Ihnen dies gesagt? Sprechen Sie, ich will es.«
»Weil ich ihm gesagt habe . . .«
»Was?«
»Weil ich ihm gesagt habe,« antwortete Andrée mit einer Anstrengung, »Sie seien ein Elender und ein Schändlicher.«
»Schauen Sie in das Herz des armen Kindes und geben Sie sich Rechenschaft von dem Wehe, das Sie ihm angethan haben.«
»Oh! mein Gott! mein Gott!« murmelte Andrée, »verzeih, mein Kind, verzeih.«
»Vermuthete Herr von Charny, der Knabe sei hier?«
»Nein.«
»Sind Sie dessen sicher?«
»Ja.«
»Warum ist er nicht geblieben?«
»Weil Herr von Charny nicht bei mir bleibt.«
»Was wollte er denn hier?«
Andrée verharrte einen Augenblick nachdenkend, die Augen starr, als ob sie in der Finsterniß zu sehen suchte.
»Oh!« sagte sie, »mein Gott! mein Gott! . . .Olivier! theurer Olivier!«
Gilbert schaute sie mit Erstaunen an.
»Oh! ich Unglückliche!« murmelte Andrée. »Er kam zu mir zurück . . .um bei mir zu bleiben, hatte er diese Sendung ausgeschlagen. Er liebt mich, er liebt mich!«
Gilbert fing an verworren in diesem gräßlichen Drama zu lesen, in das sein Auge zuerst drang.
»Und Sie,« fragte er, »lieben Sie ihn?«
Andrée seufzte.
»Lieben Sie ihn?« wiederholte Gilbert.
»Warum machen Sie diese Frage an mich?« sagte Andrée.
»Lesen Sie in meinem Geiste.«
»Ach! ja, ich sehe, Ihre Absicht ist gut. Sie möchten mir gern Glück genug geben, um mich das Böse vergessen zu lassen, das Sie mir zugefügt haben; doch ich würde das Glück ausschlagen, müßte es mir durch Sie zukommen. Ich hasse Sie und will fortfahren, Sie zu hassen.«
»Arme Menschheit!« murmelte Gilbert, »ist dir eine so große Summe von Glückseligkeit zugetheilt worden, daß du diejenigen wählen kannst, von welchen du sie empfangen sollst? Sie lieben ihn also?« fügte er bei.
»Ja.«
«Seit wann?«
»Seit dem Augenblick, wo ich ihn gesehen, seit dem Tage, wo er von Paris nach Versailles in demselben, Wagen mit der Königin und mir zurückgekommen ist.«
»Sie wissen also, was die Liebe ist, Andrée?« sagte Gilbert traurig.
»Ich weiß, daß die Liebe dem Menschen gegeben worden ist, damit er das Maß von dem habe, was er leiden kann,« antwortete die junge Frau.
»Es ist gut, Sie sind nun Frau, Sie sind nun Mutter. Ein roher Diamant, haben Sie sich geformt in den Händen des entsetzlichen Steinschneiders, den man den Schmerz nennt . . .Kommen wir aus Sebastian zurück.«
»Ja, ja, kommen wir aus ihn zurück! Verbieten Sie mir, an Herrn von Charny zu denken; das verwirrt mich, und statt meinem Kinde zu folgen, würde ich vielleicht dem Grafen folgen.«
»Es ist gut! Gattin, vergiß Deinen Gatten! Mutter, denke nur an Dein Kind.«
Ein gewisser Ausdruck sanfter Liebfreundlichkeit, der sich einen Augenblick nicht nur der Physiognomie, sondern der ganzen Person von Andrée bemächtigt hatte, verschwand, um ihrem gewöhnlichen Ausdruck Platz zu machen.
»Wo war er, während Sie mit Herrn von Charny sprachen?«
»Er war, horchend . . .dort . . .dort, an der Thüre.«
»Was hat er von diesem Gespräche gehört?«
»Den ganzen