Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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Andrée.

      »Ich kenne die Ursachen nicht, die Dich von meinem Vater getrennt haben.«

      Andrée erbleichte.

      »Aber,« fuhr Sebastian fort, »so ernst und gewichtig sie auch sein mögen, sie werden verschwinden vor meinen Bitten und vor meinen Thränen, wenn es sein muß.«

      Andrée schüttelte den Kopf.

      »Nie! nie!« rief sie.

      »Höre,« versetzte Sebastian, der nach den Worten die ihm Gilbert gesagt: »»Kind, sprich mir nie von Deiner Mutter,«« hatte glauben müssen, das Anrecht der Trennung sei auf ihrer Seite, »höre, mein Vater betet mich an.«

      Die Hände von Andrée, welche die ihres Sohnes hielten, lösten sich; der Knabe schien nicht daraus zu merken und merkte vielleicht nicht daraus.

      Er fuhr fort:

      »Ich werde ihn vorbereiten, Dich wiederzusehen; ich werde ihm all das Glück erzählen, das Du mir gegeben Hast; dann, eines Tages, werde ich Dich bei der Hand nehmen, zu ihm führen und sagen: »»Hier ist sie! schau Vater, wie schön sie ist!««

      Andrée stieß Sebastian zurück und stand auf.

      Der Knabe heftete seine Augen ganz erstaunt aus sie; sie war so bleich, daß sie ihm bange machte.

      »Nie!« wiederholte sie, »nie!«

      Und diesmal drückte ihr Ton noch etwas mehr als den Schrecken, er drückte die Drohung aus.

      Der Knabe wich aus dem Canapé zurück; er hatte in dem Gesichte dieser Frau jene erschrecklichen Linien entdeckt, welche Raphael den erzürnten Engeln gibt.

      »Und warum,« fragte er mit dumpfer Stimme, »warum weigerst Du Dich, meinen Vater zu sehen?«

      Bei diesen Worten brach, wie beim Zusammenstoß von zwei Wolken wahrend des Sturmes, der Blitzstrahl hervor.

      »Warum?« versetzte Andrée, »Du fragst mich, warum? In der That, armes Kind, Du weißt es nicht?«

      »Ja,« sagte Sebastian mit Festigkeit, »ich frage, warum?«

      »Nun wohl,« erwiederte Andrée, unfähig, länger unter den Bissen der gehässigen Schlange, die ihr das Herz zernagte, an sich zu halten, »weil Dein Vater ein elender ist! weil Dein Vater ein Schändlicher ist!«

      Sebastian sprang von dem Canapé auf, auf dem er saß, und stand aufrecht vor Andrée.

      »Von meinem Vater sagen Sie das, Madame!« rief er, »von meinem Vater, das heißt, vom Doctor Gilbert, von demjenigen, welcher mich erzogen hat, von demjenigen, welchem ich Alles verdanke, von demjenigen, welchen ich allein kenne? Ich täuschte mich, Madame, Sie sind nicht meine Mutter!«

      Der Knabe machte eine Bewegung, um nach der Thüre zu laufen.

      Andrée hielt ihn zurück.

      »Höre,« sagte sie, »Du kannst nicht wissen, Du kannst nicht urtheilen, Du kannst nicht begreifen.«

      »Nein! aber ich kann fühlen, und ich fühle, daß ich Sie nicht mehr liebe!«

      Andrée stieß einen Schmerzensschrei aus.

      Doch in derselben Sekunde lenkte ein äußeres Geräusch die Gemüthsbewegung ab, die sie empfand, obgleich sich diese Gemüthsbewegung ihrer für den Augenblick ganz und gar bemächtigt hatte.

      Dieses Geräusch war das des Hofthores, welches sich öffnete, und eines Wagens, der vor der Freitreppe anhielt.

      Bei diesem Geräusch überlief ein solcher Schauer die Glieder von Andrée, daß dieser Schauer von ihrem Körper zu dem ihres Kindes überging.

      »Warte!« sagte sie zu ihm, »warte und schweige!«

      Unterjocht, gehorchte das Kind.

      Andrée richtete sich auf, unbeweglich, stumm, die Augen starr aus die Thüre geheftet, bleich und kalt wie die Bildsäule der Erwartung.

      »Wen werde ich der Frau Gräfin melden?« sagte die Stimme des alten Concierge.

      »Melden Sie den Grafen von Charny und fragen Sie die Gräfin, ob sie mir die Ehre erweisen wolle, mich zu empfangen.«

      »Oh!« rief Andrée, »in dieses Zimmer, Kind, in dieses Zimmer! er darf Dich nicht sehen, er darf nicht wissen, daß Du existirst.«

      Und sie schob das erschrockene Kind in das anstoßende Zimmer.

      Dann, während sie die Thüre hinter ihm schloß, sprach sie: »Bleibe hier, und wenn er weggegangen ist, werde ich Dir sagen, werde ich Dir erzählen  . . .Nein! nein! nichts von Allem dem, ich werde Dich umarmen, und Du wirst einsehen, daß ich wirklich Deine Mutter bin.«

      Sebastian antwortete nur durch eine Art von Seufzer.

      In diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre des Vorzimmers, und, mit seiner Mütze in der Hand, entledigte sich der alte Concierge seines Auftrags.

      Hinter ihm, im Halbschatten, errieth das durchdringende Auge von Andrée eine menschliche Gestalt.

      »Lassen Sie den Herrn Grafen eintreten,« sagte sie mit der festesten Stimme, die sie finden konnte.

      Der alte Concierge ging rückwärts hinaus, und der Graf von Charny erschien, den Hut in der Hand, aus der Schwelle.

       XI

      Mann und Frau

      In Trauer um seinen Bruder, der zwei Tage vorher getödtet worden, war der Graf von Charny ganz schwarz gekleidet.

      Dann, da diese Trauer, wie die von Hamlet, nicht nur aus den Kleidern, sondern im Grunde des Herzens war, zeugte sein bleiches Gesicht von den Thränen, die er vergossen, und von den Schmerzen, die er erduldet.

      Die Gräfin umfaßte dieses Ganze mit einem einzigen Blick. Nie sind die schönen Gesichter so schön, als nach ihren Thränen. Nie war Charny so schön gewesen.

      Sie schloß einen Moment ihre Augen, warf leicht den Kopf zurück, als wollte sie ihrer Brust die Fähigkeit zu atmen geben, und drückte ihre Hand aus ihr Herz, das sie dem Brechen nahe fühlte.

      Als sie ihre Augen wieder öffnete, – und dies geschah ungefähr eine Secunde, nachdem sie dieselben geschlossen hatte, – stand Charny aus demselben Platze.

      Der Blick und die Geberde von Andrée fragten ihn zu gleicher Zeit und so sichtbar, warum er nicht eingetreten sei, daß er ganz natürlich aus diesen Blick und diese Geberde antwortete;

      »Madame, ich wartete.«

      Er machte einen Schritt vorwärts.

      Der Concierge trat wieder ein und sagte, zu seiner Frage durch den Bedienten des Grafen veranlaßt;

      «Soll man den Wagen des Herrn Grafen fortschicken?«

      Ein Blick von einem unbeschreiblichen Ausdruck sprang aus dem Augenstern des Grafen hervor und richtete sich aus Andrée, welche wie geblendet die Augen zum zweiten Mal schloß und unbeweglich, mit gehemmtem Athem, blieb, als hätte sie die Frage nicht gehört, als hätte sie den Blick nicht gesehen.

      Die eine und der andere waren indessen gerade bis in ihr Herz eingedrungen.

      Charny suchte an dieser ganzen Bildsäule ein Zeichen, das ihm andeutete, was er antworten sollte. Dann da der Schauer, der Andrée entschlüpfte, ebensowohl von der Furcht, daß der Graf nicht gehe, als von dem Wunsche, daß er bleibe, herrühren konnte, antwortete er:

      »Sagen Sie dem Kutscher, er soll warten.«

      Die Thüre schloß sich wieder, und zum ersten Male vielleicht seit ihrer Verheirathung fanden sich der Graf und die Gräfin allein beisammen.

      Der Graf brach zuerst das Stillschweigen.

      »Verzeihen Sie, Madame,« sagte er, »sollte meine unerwartete Anwesenheit indiscret sein? Ich stehe noch, der Wagen ist vor der Thüre, und ich gehe wieder, wie ich gekommen bin.«

      »Nein, mein Herr,« antwortete Andrée lebhaft.

      »Ich wußte, daß Sie gesund und unverletzt sind, bin aber darum nach den Ereignissen,