Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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 . . .gestern und heute Morgen, und man hat mir geantwortet, Sie seien in Versailles; heute Abend, und man hat mir geantwortet, Sie seien bei der Königin.«

      Waren diese letzten Worte einfach ausgesprochen worden oder enthielten sie einen Vorwurf?

      Der Graf selbst, da er nicht wußte, was er zu denken hatte, beschäftigte sich in seinem Innern offenbar einen Augenblick hiermit.

      Doch wahrscheinlich der Folge des Gespräches die Sorge, den einen Augenblick vor seinem Geiste heruntergelassenen Schleier aufzuheben, überlassend, erwiederte er alsbald:

      »Madame, eine traurige und fromme Pflicht hielt mich gestern und heute in Versailles zurück; eine andere Pflicht, die ich als heilig erachte in der Lage, in der sich die Königin befindet, hat mich sogleich bei meiner Ankunft in Paris zu Ihrer Majestät geführt.«

      Nun suchte Andrée sichtbar in ihrer ganzen Wirklichkeit die Intention der letzten Worte des Grafen aufzufassen.

      Dann erwiederte sie, da sie dachte, sie sei besonders den ersten eine Antwort schuldig:

      »Ja, mein Herr. Ach! ich habe den entsetzlichen Verlust erfahren, den . . .«

      Sie zögerte einen Augenblick.

      »Den Sie erlitten haben.«

      Andrée war aus dem Punkte zu sagen, den wir erlitten haben. Doch sie wagte es nicht und fuhr fort:

      »Sie haben das Unglück gehabt, Ihren Bruder, den Baron George von Charny zu verlieren.«

      Man hätte glauben sollen, Charny erwarte im Vorüberziehen die zwei Worte, welche wir unterstrichen haben, denn er bebte in dem Augenblick, wo jedes derselben ausgesprochen wurde.

      »Ja, Madame,« antwortete er, »es ist, wie Sie sagen, für mich ein entsetzlicher Verlust, der Verlust dieses jungen Mannes, – ein Verlust, den Sie zum Glück nicht schätzen können, da Sie den armen George so wenig gekannt haben.«

      Es lag ein sanfter, schwermüthiger Vorwurf in den Worten: zum Glück.

      Andrée begriff ihn, doch kein äußeres Zeichen offenbarte, daß sie darauf gemerkt hatte.

      »Eines würde mich indessen über diesen Verlust trösten, wenn ich getröstet werden könnte,« fügte Charny bei: »daß der arme George gestorben ist, wie Isidor sterben wird, wie ich wahrscheinlich sterben werde, – in Erfüllung seiner Pflicht.«

      Die Worte: wie ich wahrscheinlich sterben werde, ergriffen Andrée tief.

      »Ach!« fragte sie, »glauben Sie denn, die Dinge stehen so verzweifelt, daß es noch neuer Blutopfer bedürfe, um den himmlischen Zorn zu entwaffnen?«

      »Madame, ich glaube, daß die Stunde der Könige, wenn sie noch nicht gekommen ist, doch wenigstens demnächst schlagen wird. Ich glaube, daß es einen bösen Genius gibt, der die Monarchie zum Abgrunde hintreibt. Ich denke, daß sie, wenn sie in denselben hineinfällt, von allen denjenigen in ihrem Sturze begleitet werden muß, welche an ihrer Herrlichkeit Theil gehabt haben.«

      »Das ist wahr,« sprach Andrée, »und wenn der Tag gekommen ist, glauben Sie mir, er wird mich bereit zu jeder Hingebung finden.«

      »Oh! Madame, Sie haben zu viel Beweise von Hingebung in der Vergangenheit abgelegt, als daß irgend Jemand, und ich am wenigsten, an dieser Hingebung in der Zukunft zweifeln könnte, und ich habe um so weniger das Recht, an der Ihrigen zu zweifeln, als die meinige, zum ersten Male vielleicht, vor einem Befehle der Königin zurückgewichen ist,«

      »Ich verstehe nicht, mein Herr  . . .« sagte Andrée.

      »Bei meiner Ankunft von Versailles fand ich den Befehl, sogleich bei Ihrer Majestät zu erscheinen.«

      »Oh!« machte Andrée traurig lächelnd.

      Dann, nachdem sie einen Augenblick geschwiegen, sagte sie:

      »Das ist ganz einfach, die Königin sieht wie Sie die Zukunft geheimnißvoll und düster und will um sich alle Männer versammeln, aus die sie zählen kann.«

      »Sie täuschen sich, Madame,« erwiederte Charny, »nicht um mich ihr zu nähern, rief mich die Königin, sondern um mich von ihr zu entfernen.«

      »Sie von ihr entfernen!« versetzte lebhaft Andrée, indem sie einen Schritt gegen den Grafen machte.

      Dann, nach einem Augenblick, da sie wahrnahm, daß der Graf seit dem Anfang des Gesprächs bei der Thüre stehen geblieben war, sagte sie, aus einen Lehnstuhl deutend:

      »Verzeihen Sie, ich lasse Sie stehen, Herr Graf.«

      Und während sie diese Worte sprach, fiel sie selbst, unfähig, sich länger aufrecht zu halten, aus das Canapé, wo sie einen Augenblick vorher mit Sebastian gesessen hatte.

      »Sie entfernen!« wiederholte sie mit einer Gemüthsbewegung, welche nicht ganz von Freude frei war, denn sie dachte, Charny und die Königin würden getrennt werden. »Und zu welchem Zwecke?«

      »Zu dem Zwecke, daß ich in Turin eine Sendung beim Herrn Grafen d’Artois und beim Herrn Herzog von Bourbon, welche Frankreich verlassen haben, vollziehe.«

      »Und Sie haben angenommen?«

      Charny schaute Andrée fest an.

      »Nein, Madame,« erwiederte er.

      Andrée erbleichte dergestalt, daß Charny einen Schritt gegen sie machte, als wollte er ihr Hilse leisten; doch bei dieser Bewegung des Grafen raffte sie ihre Kräfte zusammen und kam wieder zu sich.

      »Nein,« stammelte sie, »Sie haben nein auf einen Befehl der Königin geantwortet . . .Sie, mein Herr!«

      Die drei letzten Worte wurden mit einem Ausdruck des Zweifels und des Erstaunens gesprochen, der sich nicht beschreiben läßt.

      »Ich antwortete, ich glaube, meine Gegenwart, in diesem Augenblicke besonders, sei in Paris nothwendiger als in Turin: Jedermann könne die Sendung vollbringen, mit der mich zu beauftragen man mir die Ehre erweisen wolle, und ich habe gerade in diesem Moment hier einen Bruder, der so eben aus der Provinz angekommen, um sich Ihrer Majestät zu Befehl zu stellen, und der bereit sei, statt meiner abzureisen.«

      »Und die Königin ist ohne Zweifel glücklich gewesen, den Stellvertreter anzunehmen?« rief Andrée mit einem Ausdruck von Bitterkeit, den sie nicht zurückzuhalten vermochte, und der Charny nicht zu entgehen schien.

      »Nein, Madame, im Gegentheil; denn diese Weigerung schien sie tief zu verletzen. Ich wäre also genöthigt gewesen, abzureisen, wäre nicht zum Glück in diesem Augenblick der König eingetreten, und hätte ich ihn nicht zum Richter gemacht.

      »Und der König gab Ihnen Recht, mein Herr?« versetzte Andrée mit einem ironischen Lächeln, »und der König war, wie Sie, der Ansicht, daß Sie in den Tuilerien bleiben müssen? . . Oh! wie gut ist Seine Majestät!«

      Charny veränderte sein Gesicht nicht im mindesten und erwiederte:

      »Der König sagte, mein Bruder Isidor eigne sich ganz zu diesem Posten, um so mehr, als man, da er zum ersten Mal an den Hof und beinahe zum ersten Mal nach Paris komme, seine Abwesenheit nicht bemerken werde, und er fügte bei, es sei grausam von der Königin, zu verlangen, daß ich mich in einem solchen Augenblick von Ihnen entferne.«

      »Von mir!« rief Andrée, »der König hat gesagt von mir?«

      »Ich wiederhole Ihnen seine eigenen Worte, Madame. Dann suchte er mit den Augen um die Königin her und fragte, indem er sich an mich wandte: »Aber wo ist denn die Gräfin von Charny? ich habe sie seit gestern Abend nicht gesehen!« Da an mich hauptsächlich die Frage gerichtet war, so antwortete ich: »«Sire, ich habe so wenig das Glück, Frau von Charny zu sehen, daß es mir in diesem Augenblick unmöglich wäre, Ihnen zu sagen, wo die Gräfin ist; wünscht aber Eure Majestät hierüber unterrichtet zu werden, so wenden Sie sich an die Königin; die Königin weiß es; die Königin wird antworten. Und ich drang hierauf, weil ich, da ich die Königin die Stirne falten sah, dachte, es sei etwas mir Unbekanntes zwischen Ihnen und ihr vorgefallen.«

      Andrée schien, mit einer so glühenden Gierde zu hören, daß es ihr nicht einmal einfiel,