Unternehmenssanierung, eBook. Guido Koch

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Название Unternehmenssanierung, eBook
Автор произведения Guido Koch
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Год выпуска 0
isbn 9783811464056



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Krise folgenden Erfolgskrise sind die Zielerreichungsgrade der Erfolgsziele, z.B. der Gewinn-, der Umsatz- und/oder der Rentabilitätsziele, des Unternehmens gefährdet. Das Kennzeichen der dritten Phase, der Liquiditätskrise, ist eine (drohende) Illiquidität oder Überschuldung des Unternehmens. Beide Kennzeichen sind gem. §§ 17–19 InsO Eröffnungsgründe für ein Insolvenzverfahren.[18] In dieser Phase ist die Existenz des Unternehmens sehr stark bedroht. Die Möglichkeiten der (im Regelfall ausgetauschten) Unternehmensleitung, den Krisenverlauf durch geeignete Maßnahmen zu beeinflussen, sind stark eingeschränkt, da das Unternehmen kaum noch finanzielle Spielräume hat. In der letzten Phase, der Insolvenz, hat die (neue) Unternehmensleitung dann nur noch den vom Gericht und den Gläubigern zugestandenen Handlungsspielraum. Die Insolvenz ist als eine Phase des Krisenprozesses zu kennzeichnen, weil im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gem. § 1 InsO vom Insolvenzverwalter ausdrücklich das Ziel verfolgt werden soll, das insolvente Unternehmen zu erhalten, die Krise zu beenden oder deren Folgen zumindest abzumildern.[19]

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      Der Krisenprozess lässt sich aus beiden Perspektiven zugleich betrachten, wie die folgende Abb. zeigt.

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Abb. 2: Gegenüberstellung von Krisenprozess-Perspektiven[20]
Strategische Krise X X
Erfolgskrise X X
Liquiditätskrise X X
Insolvenz X
Potenzielle Krise Latente Krise Akute, beherrschbare Krise Akute, nicht (mehr) beherrschbare Krise
Wahrnehmungsperspektive

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      Abb. 2 zeigt eine Gegenüberstellung der beiden zuvor beschriebenen Krisenprozessperspektiven. Die grauen Flächen zeigen die Übereinstimmungen der beiden Ansätze. Beispielsweise wird eine Krisenphase, die aus der finanz- und erfolgswirtschaftlichen Perspektive als Liquiditätskrise bezeichnet würde, aus der Wahrnehmungsperspektive als eine akute Krise bezeichnet. Diese akute Krise kann, abhängig von der Länge der Zeitspanne und dem Umfang der Handlungsmöglichkeiten, die der Unternehmensleitung verbleiben, um die Krise abzuwenden, entweder beherrschbar oder nicht (mehr) beherrschbar sein.

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      Auch Hauschildt verbindet die beiden Perspektiven der Krisenbetrachtung und bezeichnet hierbei die Wahrnehmungsperspektive als „subjektive Sichtweise“ und die finanz- und erfolgswirtschaftliche Perspektive als „objektive Sichtweise“.

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      Abb. 3: Krisenprozess aus unterschiedlichen Perspektiven in Anlehnung an Hauschildt[21]

       [Bild vergrößern]

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      Aus der Wahrnehmungsperspektive unterscheidet Hauschildt zwei Krisenphasen, nämlich die Phasen „Latente Krise“ (vergleichbar mit den Phasen „Potenzielle Krise“ und „Latente Krise“ in Abb. 2) und „Manifeste Krise“ (vergleichbar mit den Phasen „Akute, beherrschbare Krise“ und „Akute, nicht (mehr) beherrschbare Krise“ in Abb. 2). Bereits vor der ersten Phase können einzelne ungünstige Ereignisse auftreten, die aber nicht unmittelbar mit einer Unternehmenskrise assoziiert werden. In der Phase der latenten Krise ist die Unternehmenskrise für Unternehmensexterne selten wahrnehmbar. Selbst von der Unternehmensleitung und von anderen Mitarbeitern wird sie nicht immer – vor allem nicht ohne Ermittlung der Überlebenswahrscheinlichkeit – als solche erkannt. Wenn Unternehmensexterne die Unternehmenskrise z.B. mit Hilfe von herkömmlichen oder modernen Jahresabschlussanalysen wahrnehmen, geht der Krisenprozess in die zweite Phase, die manifeste Krise, über.[22]

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      Obwohl die finanz- und erfolgswirtschaftliche Perspektive als objektive Sicht bezeichnet wird, ist nur die letzte Phase, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dessen Beendigung, zeitlich objektiv bestimmbar. In den ersten drei Phasen lässt sich die Existenzgefährdung nur durch Ermittlung sog. Ausfallwahrscheinlichkeiten (probabilities of default) mit Hilfe von empirisch-statistisch gestützten Jahresabschlussanalysen „objektivieren“.[23] Aus Sicht der finanz- und erfolgswirtschaftlichen Perspektive unterscheidet Hauschildt – ähnlich dem Ansatz von Müller – anhand des verbleibenden Handlungsspielraums zur Krisenbewältigung drei Phasen einer Unternehmenskrise:

1. Strategische Krise,
2. Operative Krise,
3. Finanz-/Illiquiditätskrise.

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      Ad. 1. Die strategische Krise ist nicht eindeutig identifizierbar. Diese Phase zeichnet sich vor allem durch erfolgswirksame Belastungen aus; z.B. geringe oder negative Deckungsbeiträge bei einzelnen Produkten oder Segmenten. Bei steigender Verschuldung ist die Liquidität des Unternehmens noch nicht gefährdet. In dieser frühen Phase des Krisenprozesses bleibt dem Unternehmen noch ein strategischer Handlungsspielraum und Zeit, um die Krise zu bewältigen.

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      Ad. 2. In der sich anschließenden operativen Krise werden die Verluste, vor allem im operativen Bereich, offensichtlich. Die Verschuldung steigt weiter. Kreditlinien werden ausgereizt. Das Eigenkapital bzw. der Eigenkapitalanteil wird stark vermindert. Die Handlungsmöglichkeiten des Unternehmens, den Verlauf der Krise zu beeinflussen, schwinden.

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