Handbuch des Strafrechts. Jörg Eisele

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Название Handbuch des Strafrechts
Автор произведения Jörg Eisele
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Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783811449664



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in der kriminalpolitischen Debatte und in der Medienberichterstattung über Straftaten eine besonders hervorgehobene Rolle zu, die in einem gewissen Widerspruch zu ihrer quantitativen Bedeutung steht. Die Kategorie Gewaltkriminalität in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die verschiedene Gewaltstraftaten (ohne einfache Körperverletzung) umfasst, macht mit knapp 3 % aller registrierten Straftaten nur einen geringen Anteil an der erfassten Gesamtkriminalität aus.[7] Im Gegensatz dazu werden Straßenverkehrsdelikte zwar deutlich seltener thematisiert und erscheinen demnach als ein geringeres gesellschaftliches Problem. Ihre zahlenmäßige Bedeutung im Bereich der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit ist jedoch erheblich, namentlich die der fährlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB).

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      Der rechtliche Bereich der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit in den §§ 223 bis 231 StGB und die tatsächlichen Phänomene der Gewalt überschneiden sich großflächig, sind aber nicht deckungsgleich. Einerseits ist Gewalt auch in anderen Tatbeständen Deliktsmerkmal, sodass diese Normen ebenfalls Gewalt bestrafen. Andererseits definieren sich die Körperverletzungsdelikte über das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit und erfassen somit auch Handlungen, die nicht der klassischen Gewaltkriminalität zugeordnet werden, wie etwa Verletzungen im Straßenverkehr. Seit jeher besteht im deutschen Rechtskreis die Tendenz, die Verletzungsdelikte auf körperliche Eingriffe zu beschränken und seelische Verletzungen außer Betracht zu lassen. Eine Ausnahme hiervon bildet lediglich der Tatbestand des § 225 StGB (1933 eingeführt als § 223b StGB). Die jüngere Entwicklung deutet allerdings auf eine Änderung in dieser Frage zumindest außerhalb der klassischen Körperverletzungsdelikte hin, wie der Tatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB, vgl. Rn. 120 f.) und die Rechtsprechung zu Mobbing-Fällen (Rn. 36) zeigen.

      1. Abschnitt: Schutz von Leib und Leben§ 4 Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit › B. Grundlagen

B. Grundlagen

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      Wie in der Einführung dargestellt, überschneiden sich der Anwendungsbereich der §§ 223 ff. StGB und das gesellschaftliche Phänomen der Gewalt großflächig. Dementsprechend kommt für die Relevanz, das Verständnis und die Entwicklung dieses Deliktsbereiches der Frage erhebliche Bedeutung zu, was gesellschaftlich unter Gewalt verstanden und wie Gewalt bewertet wird.

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