Название | Tatort: Die Bibel |
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Автор произведения | Eckhard Lange |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748592716 |
Die wahrscheinlich bekannteste Straftat steht gleich am Anfang der Bibel: Kain erschlägt Abel. Die Bezeichnung hierfür wäre heute wahrscheinlich ein einziges Wort.
1. Brudermord (1. Mose 4, 1-16)
Der Tathergang ist uns geläufig: Beide Brüder wollen Gott ein Opfer darbringen, und jeder legt dafür das auf den Altar, was er mit seiner Hände Arbeit erwirtschaftet hat: Abel ein Lämmchen aus seiner Herde, Kain von den Feldfrüchten, die er geerntet hat. Nun ist der liebe Gott anscheinend kein Vegetarier, er zieht ganz offensichtlich Abels Fleischangebot vor. Woran die beiden das merken, wird nicht berichtet. Jedenfalls wird Kain hochgradig wütend und eifersüchtig, lockt seinen Bruder trotz göttlicher Warnung aufs freie Feld und erschlägt ihn. Und wie sollen wir das bewerten?
Kains Anwälte würden heute wohl auf Totschlag im Affekt plädieren, vielleicht auch auf Körperverletzung mit Todesfolge, das würde in minder schwerem Fall gerade mal ein Jahr bringen, man könnte sogar verminderte Schuldfähigkeit ins Spiel bringen. Vielleicht hatten ja auch die Eltern - also Adam und Eva - den lieben Abel ständig vorgezogen, oder der Bruder hat den armen Kain ständig gemobbt.
Der Staatsanwalt dagegen fordert sicher die Höchststrafe wegen Mord aus Heimtücke und niederen Beweggründen. Und er hat gute Gründe. Schließlich lagen zwischen dem auslösenden Ereignis und der daraus folgenden Tat einige Stunden mit der Aufforderung Kains, zunächst einmal einen kleinen Ausflug zu machen - also war seine Tat nüchtern geplant. Und noch etwas spricht gegen eine Affekthandlung: Der, wenn auch vergebliche, Versuch einer Deeskalation durch Gott höchstpersönlich.
Übrigens ist dann dessen Richterspruch, von dem die Bibel berichtet, höchst ungewöhnlich: Kain erhält - bloß, würden wir denken - eine Bewährungsstrafe. Und das Kainszeichen an der Stirn. Übrigens nicht, wie der Begriff heute verwendet wird, als Brandmal, das ihn als Kriminellen allgemeiner Verachtung preisgibt, sondern als höchstrichterlichen Schutz gegen jeden Versuch von Selbstjustiz und Blutrache. Man könnte es auch psychologisch sehen: Lebenslange Schuldgefühle als subtile Bestrafung. Dieses war die erste Tat, doch die zweite folgt schon bald:
2. Inzest umgekehrt (1. Mose 19, 30ff)
So etwas kommt bei uns heute meist als Kindesmißbrauch vor: Vater vergewaltigt seine Töchter. Doch dieser Fall sieht anders aus: Ein gewisser Mann namens Lot, der Neffe Abrahams, wohnte in der Stadt Sodom. Eines Tages jedoch kam eine furchtbare Katastrophe über die Stadt, eine Feuersbrunst vernichtete sie in kürzester Zeit, so daß keiner der Einwohner entkommen konnte, Lots Frau inklusive. Aber es gab eine Ausnahme: Jener Lot scheint mit seinen beiden Töchtern gerade draußen auf dem Feld gewesen zu sein, jedenfalls können sich die drei in eine Höhle retten. Weit und breit hat also niemand überlebt.
Und jetzt kommt es: Die Töchter geraten in Panik: Hier gibt es keinen einzigen heiratsfähigen Mann mehr, so stellt die ältere fest. Also auch niemand, der uns Kinder machen kann. Aber sie hat schon einen perfiden Plan: Ein Mann ist ja noch da - der Vater. Doch der wird es kaum freiwillig machen. Was also tun? Sie setzen den Alten so intensiv unter Alkohol, daß der nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Danach macht sich die Ältere ans Werk, sie scheint sich offenbar gut auszukennen, und schon fließt das Sperma. Den Rest der Nacht dürfen dann alle in Frieden schlafen, und am Morgen weiß Papa von nichts. Außer, daß er einen furchtbaren Kater hat. Doch nun ist auch die Schwester an der Reihe. Dasselbe Programm: So steht's in der Bibel, nüchtern und sachlich: "Da gaben sie ihrem Vater auch diese Nacht Wein zu trinken. Und die jüngere machte sich auch auf und legte sich zu ihm, und er ward's nicht gewahr, weder als sie sich legte noch als sie aufstand. So wurden die beiden Töchter Lots schwanger von ihrem Vater" - Punkt!
3. Betrug durch arglistige Täuschung (1. Mose 27, 1-37)
Wieder begegnen wir einem ungleichen Brüderpaar, Esau und Jakob. Sie waren zwar Zwillinge, aber Esau war nun einmal, behaart wie er damals schon war, als erster auf die Welt gekommen. Daß der listige Jakob seinem tölpischen großen Bruder für eine warme Mahlzeit, das berühmte Linsengericht, seine Rechte als Erstgeborener abkauft, das ist wohl bekannt. Doch das ist - in unserem Sprachgebrauch - juristisch belanglos. Und Esau hat das deshalb auch nicht ernst genommen. Über das Erbrecht würde letztlich der Vater entscheiden, und der hatte sowieso einen Narren gefressen an seinem Ältesten. Denn der ging oft auf die Pirsch und brachte dem Väterchen gerne ein schmackhaftes Wildbret nach Hause.
Ganz anders Jakob: Der war Mami Rebekkas Liebling, und blieb deshalb lieber daheim und hütete die Schafe. Nun war Vater Isaak in die Jahre gekommen, hatte einen hochgradigen grauen Star und schien auch manchmal schon ein wenig dement. Aber natürlich hatte der Clan-Chef immer noch das Sagen.
Doch irgendwann fühlte er sich ziemlich elend, und also wollte er die Nachfolge endlich eindeutig regeln. Er bestellte seinen Ältesten ein, schickte ihn auf die Jagd, damit er ihm ein letztes Festessen machen könnte. Dann, so versprach er, werde ich dir den väterlichen Segen zusprechen, der dich rechtskräftig zum Alleinerben und neuen Clan-Chef machen wird. Frohgemut zog Esau von dannen, ohne zu merken, daß Mama hinter der Tür gelauscht hatte. Jetzt also mußte sie handeln, damit ihr Liebling Jakob Segen und Erbe bekam. Vergessen, daß sie ihren Isaak einmal über alles geliebt hatte. Er war ja nun alt, krank, fast blind und taub, da konnte man ihn schon mal betrügen. Aber Jakob war jung und schön und hoch intelligent - also der geborene Stammvater für die Sippe. Was zählte da das Viertelstündchen, daß er zu spät aus Rebekkas Uterus gekrochen war.
Und Mutter organisiert einen grandiosen Betrug: So ein Wildpret zu jagen, braucht schließlich seine Zeit, da läßt sich ein Böcklein von der Weide rascher schlachten. Und wie es der Gemahl gerne genießt, weiß sie genauso gut wie der Jäger. Das ist also kein Problem. Schwieriger, wenn der halbblinde Ehemann sich aufs Fühlen verläßt: Esaus Arme sind dicht behaart, Jakobs dagegen schier und glatt. Auch dafür wird gesorgt: Rebekka zieht dem geschlachteten Lämmchen das Fell über die Ohren und bindet es Sohnemann um die Gelenke. Doch halt: Isaaks Geruchsinn ist noch gut! Also kriegt Jakob das Festgewand seines Bruders auf den Leib, das sollte reichen. Nur die Stimme verstellen muß er schon selbst - und natürlich kräftig lügen.
Aber ganz so dement war der alte Isaak nun doch nicht. Als Jakob ihm das Essen serviert, fragt er erst einmal, wer da vor ihm steht. Der sagt natürlich: Dein Sohn Esau. Erstaunlich, denkt der Alte, so schnell zurück! Er tastet, er riecht, er läßt sich küssen - alles Esau. Nur die Stimme, die Stimme klingt anders. Komisch: Esaus Arme, Esaus Kleider, Esaus Geruch - aber Jakobs Stimme. Doch es steht drei zu eins. Und das Essen schmeckt ausgezeichnet. Sogar an Wein hat der Sohn gedacht, da schwinden die letzten Bedenken. Und so segnet er den Sohn, den er für Esau hält, überträgt ihm alle Rechte über Vermögen, Gesinde und Familie. Beschworen bei Gott, endgültig und unwiderruflich. Und als kurz darauf der echte Esau vor ihn tritt, kommt er zu spät. Da hilft kein Flehen seines Ältesten, das Erbe und der Segen sind vergeben, einen zweiten gibt es nicht.
4. Arglistige Täuschung zum zweiten (1. Mose 29)
Noch einmal geht es um Jakob, doch diesmal ist er der Betrogene. Zunächst die Vorgeschichte: Daß Esau tobt und seinem Bruder Pest und Tod an den Hals wünscht, könnte man durchaus verstehen. Damit hat Rebekka sicher gerechnet. Doch daß er sich tagelang nicht wieder beruhigt, macht ihr dann doch Sorgen. Also schickt sie ihren Jüngsten erst einmal auf Reisen, genauer: auf Verwandtenbesuch bei seinem Onkel Laban, der ist weit genug weg - aus den Augen, aus dem Sinn. Sicherheitshalber läßt sie das Ganze auch von Vater Isaak absegnen: Jakob soll sich in der Verwandtschaft nach einer Ehefrau umsehen, das ist doch wirklich ein Grund. Die Mädchen in der Nachbarschaft - alles pfui! Nur Fremde und Ungläubige. Dabei