Die göttliche Komödie. Dante Alighieri

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Название Die göttliche Komödie
Автор произведения Dante Alighieri
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748564898



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      Wie schwer umnachtet euch Unwissenheit.

      Nimm achtsam in dich auf nun meine Lehre!

      Er, dessen Wissen alles übersteiget,

      Erschuf die Himmel, gab jedwedem Lenker,

      So daß in gleichbemess'ner Lichtverteilung

      Ein jeder jeden andern Teil bestrahlet.

      So auch zur allgemeinen Lenkerin

      Der Erdengüter ordnet' er Fortuna,

      Die jenen eitlen Glanz zur rechten Stunde

      Von Volk zu Volk, von Stamm zu Stamm vertausche,

      Entrückt der Gegenwehr von Menschenklugheit.

      Nach ihrem Urteilsspruch, der sich verborgen,

      So wie die Schlang' im Grase hält, geschieht es,

      Daß ein Geschlecht regiert, ein andres kranket.

      Machtlos ist gegen sie eu'r ganzen Wissen;

      Sie überlegt, beschließet und vollstreckt

      In ihrem Reiche so wie andre Götter.

      Nicht Rast, nicht Ruhe kennt ihr ewger Wandel;

      Notwendigkeit beflügelt ihre Schritte,

      So oft geschieht's daß die Geschicke wechseln.

      An's Kreuz geschlagen wird sie von gar vielen

      Auch unter denen, welche Preis ihr schulden

      Und sie mit Unrecht tadeln und verläumden;

      Doch unberührt bleibt sie von solcher Rede

      Mit andern erstgeschaffnen Wesen lenket

      Sie freudig ihre Sphär' in Seligkeit.

      Laß nun zu größrer Qual uns niedersteigen

      Schon senkt sich jeder Stern, der als ich aufbrach

      Emporstieg, längres Weilen ist nicht statthaft.

      Das Tal zum andern Ufer hin durchschneidend

      Gelangten wir zu einem Quell, der siedet

      Und niederwärts durch einen Graben abfließt.

      Es war sein Wasser schwarz mehr als nur dunkel

      Und im Geleite seiner finstren Wellen

      Führt' uns ein Pfad hinab, der rauh und seltsam.

      Styx heißt der Sumpf, den dieser traur'ge Bach

      Am Fuß der unheilvollen Felsen bildet,

      Von deren grauer Wand er in das Tal fließt.

      Und ich, der sorglich umzuschaun bemüht war,

      Sah schlammbedeckte Leut' in jenem Sumpfe

      Ganz nackend und mit zornerregten Zügen.

      Nicht nur mit Händen schlugen sie einander,

      Sie stießen sich mit Kopf und Brust und Füßen,

      Zerfleischten sich durch Bisse gegenseitig.

      Mein Meister aber sagte: Sohn hier siehst du

      Die Seelen derer, die der Zorn bezwungen.

      Doch mögest du als gleich gewiß mir glauben,

      Daß andres Volk noch unterm Wasser seufzet

      Und diesen Sumpf die Blasen werfen läßt,

      Die dir dein Auge zeigt wohin du's wendest.

      Im Schlamme steckend sagen sie: Wir waren

      Unmutig in der süßen lichten Luft,

      Weil unser Herz des Trübsinns Qualm benommen;

      Jetzt trauern wir mit Recht im schwarzen Moore.

      Doch gurgeln sie dies Lied nur in der Kehle,

      Weil sie's voll auszusprechen nicht vermögen.

      Damit umkreisten wir im weiten Bogen

      Die schmutz'ge Lache zwischen Mitt' und Ufer,

      Die Augen zugewandt den Schlammverschluckern;

      Dann kamen wir zu eines Turmes Fuße.

      Achter Gesang

      Fortfahrend sag' ich, daß schon eine Weile

      Eh wir zum Fuß des hohen Turms gelangten,

      Zu seiner Höh' sich unser Auge wandte;

      Denn aufgesteckt war dort ein Fackelpaar,

      Und eine dritt' erwiderte das Zeichen,

      So fern, daß sie das Auge kaum gewahr ward.

      Ich sprach, gewandt zum Meer jedweder Weisheit,

      Was will dies Feuer sagen, was entgegnet

      Das andre, und wer sind, die sie entzündet?

      Er sagte: Schon kann auf den schmutzgen Wellen,

      Was zu erwarten steht, dein Blick gewahren,

      Wenn dich der Nebel nicht am Sehn verhindert.

      Nie schnellte einen Pfeil des Bogens Sehne,

      Der so geschwind die Luft durchschnitten hätte,

      Als über's Wasser her im Augenblick

      Ein Schifflein ich auf uns zukommen sah,

      Geleitet nur von einem einz'gen Fährmann.

      Der schrie: Bist du nun da, verworfne Seelen?

      O Phlegyas, entgegnete mein Meister,

      Vergeblich ist für diesmal dein Geschrei;

      Zur Überfahrt nur sollst du uns besitzen.

      Wie wer vernimmt von schmählichem Betruge,

      Der ihm gespielt ward und darob ergrimmet,

      So ward, verbissnen Zornes, Phlegyas

      Mein Führer stieg hernieder in den Nachen,

      Und, da ich dann auf sein Geheiß ihm folgte,

      Schien als ich eintrat, erst der Kahn beladen.

      Als beide wir uns nun im Schiff befanden,

      Durchschnitt auf seiner Fahrt der alte Kiel

      Mehr Wasser, als er tut, trägt er nur Schatten.

      Und während wir den toten Moor befuhren,

      Taucht' einer vor uns auf, den Schlamm bedeckte:

      Wer bist du, rufend, der du vor der Zeit kommst?

      Ich sagte: Kam ich, ist's nicht um zu bleiben,

      Doch wer bist du, daß du so ganz besudelt?

      Drauf er: Das siehst du: einer der da weinet.

      Ich aber sprach: In Weinen und in Trauer

      Verbleibe denn, du fluchbeladner Schatten!

      Wohl kenn' ich dich, wenn du auch ganz beschmutzt bist.

      Da griff er nach dem Kahn mit beiden Händen;

      Doch eilig stieß der Meister ihn zurück

      Und sagte: Pack' dich mit den andern Hunden!

      Mir aber schlang er um den Hals die Arme.

      Mein Antlitz küssend sprach er: Eiferseele,

      Gesegnet sei der Schoß der dich getragen!

      Ein Mensch voll Hochmut war im Leben jener;

      Nicht eine Tugend schmückt sein Angedenken,

      Drum ist sein