Название | Weihnachtserzählungen - 308 Seiten |
---|---|
Автор произведения | Charles Dickens |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742762993 |
Was habe ich das liebe kleine Wesen ertragen sehen – um
meinetwillen –, ohne aufzuschreien!
Doch kümmerte sich in anderen Dingen ihre Mutter sehr um sie.
Ihre Kleider waren stets sauber und nett, und ihre Mutter war
unermüdlich dabei, sie in Ordnung zu halten. So unlogisch geht es
im Leben zu. Ich glaube, unser Aufenthalt in sumpfigen
Gegenden bei schlechtem Wetter war die Ursache, daß Sophy
schleichendes Fieber bekam. Aber wie dem auch sei, sowie sie
es bekam, wandte sie sich für immer von ihrer Mutter ab, und
nichts konnte sie dazu bewegen, sich von ihrer Mutter Hand
anrühren zu lassen. Sie erschauerte und sagte: »Nein, nein, nein«,
wenn diese ihr einen Dienst leisten wollte; sie verbarg dann ihr
Gesicht an meiner Schulter und klammerte sich fest an meinen
Hals.
Das Geschäft ging aus verschiedenen Gründen schlechter als je,
am meisten aber war die Eisenbahn daran schuld, und ich glaube,
daß sie uns Händlern zuletzt noch vollends den Garaus machen
wird. So war denn zur Zeit, als die kleine Sophy so krank war,
an einem Abend kein Heller mehr in der Kasse; wollte ich es
nicht so weit kommen lassen, daß wir nichts mehr zu essen und
nicht so weit kommen lassen, daß wir nichts mehr zu essen und
zu trinken kaufen konnten, so mußte ich den Karren aufstellen.
Das tat ich also.
Ich konnte das liebe Kind nicht dazu bringen, sich hinzulegen
oder mich loszulassen, und ich hatte auch gar nicht das Herz
dazu; so stellte ich mich denn auf das Trittbrett, während sie sich
an meinem Hals festklammerte. Sie lachten alle, als sie uns so
sahen, und ein Schafskopf von einem Bauer (den ich deswegen
haßte) machte das Angebot: »Zwei Pence für sie!«
»Nun, ihr Bauerntölpel«, sage ich, mit einem Gefühl, als hinge
mein Herz wie ein schweres Gewicht am Ende einer zerrissenen
Fensterleine, »ich warne euch, daß ich im Begriff bin, euch das
Geld aus der Tasche zu zaubern. Denn ich will euch so viel mehr
geben, als euer Geld wert ist, daß ihr in Zukunft, wenn ihr am
Sonnabend euren Lohn ausgezahlt kriegt, immer nach mir
Ausschau halten werdet, um das Geld bei mir anzulegen. Aber
ihr werdet vergeblich warten, und warum? Weil ich mein Glück
dadurch gemacht habe, daß ich meine Waren en gros um
fünfundsiebzig Prozent unter Einkaufspreis losgeschlagen habe,
und infolgedessen nächste Woche als Herzog ins Oberhaus
berufen werde. Nun laßt mich wissen, was ihr heute abend
braucht, und ihr sollt es kriegen. Aber vor allem, soll ich euch
sagen, warum ich diese Kleine an meinem Hals hängen habe? Ihr
wollt das nicht wissen? Nun sollt ihr's erst recht hören. Sie ist
eine von den Elfen. Sie kann wahrsagen. Sie kann mir alles über
euch zuflüstern und mir genau sagen, ob ihr eine Sache kaufen
euch zuflüstern und mir genau sagen, ob ihr eine Sache kaufen
wollt oder nicht.
Braucht ihr zum Beispiel eine Säge? Nein, sie sagt, ihr braucht
keine, weil ihr zu ungeschickt seid, um mit ihr umzugehen. Sonst
wäre hier eine Säge, die für einen tüchtigen Mann ein Segen fürs
ganze Leben wäre – für vier Schilling, für dreieinhalb, für drei, für
zweieinhalb, für zwei, für achtzehn Pence. Aber keiner von euch
soll sie zu irgendeinem Preis kriegen, wegen eurer bekannten
Ungeschicklichkeit, deretwegen die Sache reiner Mord würde.
Dasselbe gilt für diesen Satz von drei 12
Hobeln, die ich euch auch nicht verkaufen werde; so bietet also
nicht darauf. Nun will ich sie einmal fragen, was ihr braucht.«
(Dabei flüsterte ich: »Dein Kopf ist so heiß, daß ich fürchte, er
tut dir sehr weh, mein Liebling«, worauf sie, ohne ihre
festgeschlossenen Augen zu öffnen, antwortete: »Ein klein wenig,
Vater.«) »Oh, diese kleine Wahrsagerin sagt mir, ihr bräuchtet
ein Notizbuch. Weshalb habt ihr es denn nicht gleich gesagt?
Hier ist es. Guckt es euch an. Zweihundert Seiten extrafeines
satiniertes Velinpapier – wenn ihr's mir nicht glaubt, so zählt sie
nach –, vollständig liniiert für eure Ausgaben, ein wenig gespitzter
Bleistift, um sie niederzuschreiben, ein Federmesser mit
doppelter Klinge, um sie auszuradieren, ein Buch mit gedruckten
Tabellen, um euer Einkommen danach zu berechnen, und ein
Feldstuhl zum Hinsetzen, während ihr damit beschäftigt seid.
Halt! Noch etwas! Ein Sonnenschirm, um den Mondschein
abzuhalten, wenn ihr in einer pechfinsteren Nacht damit
beschäftigt seid. Nun will ich euch nicht fragen, wieviel für die
Partie, sondern wie wenig. Wie wenig denkt ihr wohl? Sprecht
nur ohne Scham, weil meine Wahrsagerin es bereits weiß.« (Ich
tat so, als flüsterte ich, aber ich küßte sie, und sie mich.) »Nun,
sie sagt, ihr denkt an so wenig wie drei Schilling und drei Pence!
Ich hätte es nicht glauben können, selbst von euch nicht, wenn
sie es mir nicht gesagt hätte. Drei Schilling und drei Pence! Und
gedruckte Tabellen mit dabei, die euer Einkommen bis zu
vierzigtausend Pfund im Jahr berechnen! Bei einem Einkommen
von vierzigtausend Pfund im Jahr geizt ihr mit drei Schilling und
drei Pence. Nun, dann will ich euch meine Meinung sagen. Ich
verachte die drei Pence so, daß ich lieber drei Schilling dafür
nehme. Hier. Für drei Schilling, drei Schilling, drei Schilling.
Zugeschlagen. Gebt sie dem glücklichen Mann dort.«
Da überhaupt niemand geboten hatte, sah sich jedermann um
und einer grinste den andern an, während ich das Gesicht meiner
kleinen Sophy betastete und sie fragte, ob sie sich schwach oder
schwindlig fühle.
»Nicht sehr, Vater. Es wird bald vorüber sein.«
Dann wandte ich mich von den hübschen, geduldigen Augen, die
jetzt offen waren, ab und wieder meinen Kunden zu. Ich sah
nichts als grinsende Gesichter beim Schein meiner Talgpfanne
und fuhr fort, sie in meinem Stil anzureden.
»Wo ist der Schlächtergeselle?«