Die Faehlings - eine Lübecker Familie. Eckhard Lange

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Название Die Faehlings - eine Lübecker Familie
Автор произведения Eckhard Lange
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738082043



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und auch wenn manche von ihnen noch allerlei heidnische Sitten befolgen, so sind es doch gute und treue Menschen. Man muß ihnen die Zeit geben, unseren Glauben kennenzulernen, dann werden sie wohl frömmer sein als manche Holsten und Stormarner.“

      Alf schwieg, er wartete auf ein Zeichen, ob Gerold ihm zustimmen würde. Doch das Gesicht des Bischofs ließ nicht erkennen, was er hierüber dachte. Er deutete ihm nur mit einer knappen Geste an, fortzufahren. „Es hat viel Blutvergießen gegeben zwischen den sächsischen und den wendischen Stämmen, und es war nie nur die eine Seite, die zu Raub und Mord ausgezogen ist. Doch jetzt, wo unser Herzog Heinrich das Land befriedet und deutsche Siedler ins Land geholt hat, vermischen sich die Stämme und müssen miteinander leben. Darum ist es wichtig, so denke ich, dass unser Herzog seine Untertanen auch gleich behandelt, und – wenn Ihr mir dieses offene Wort verzeiht, dass unser aller Mutter, die heilige Kirche, alle ihre Kinder in gleicher Weise liebt.“ Alf schwieg erneut, er hatte viel gewagt mit diesen Worten, das war ihm bewusst. Nun war es am Bischof, zu antworten.

      Gerold lehnte sich in dem hölzernen Sessel zurück, der sonst dem Hausherrn zustand, und legte beide Arme auf die seitlichen Lehnen: „Ihr seid mutig, und Ihr sprecht offen, Alf Faehling“, sagte er und betrachtete sein Gegenüber mit halbgeschlossenen Lidern. „Aber Ihr kennt Euch nicht aus in der großen Politik. Herzog Heinrich hat weitreichende Pläne, und die kosten Geld, viel Geld. Es ist Pflicht der Untertanen, dem Fürsten zu geben, was er fordert, und es ist Aufgabe des Fürsten, maßvoll zu sein. Solange die slawischen Stämme nicht endgültig von ihrem Götzendienst lassen, sehen auch die Fürsten keinen Grund, ihnen so gnädig zu sein wie ihren christlichen Untertanen. Nur denen, die im wahren Glauben leben, kann der Herzog auch Rechte verbriefen, besiegelt mit christlichen Eiden. Und was die Kirche betrifft: Muß nicht eine gute Mutter die ungehorsamen Kinder strafen, um sie auf den rechten Weg zu führen? Und sind nicht alle Kinder verpflichtet, für die Mutter zu sorgen? Der Zehnte ist ein göttliches Gebot, und das ist allen auferlegt, und Ungehorsam ist es, ihn zu verweigern.“

      Gerold erhob sich, und Alf folgte ihm. Nein, dieser Bischof wird kein Missionar werden, er kennt sich nicht aus mit den Seelen, dachte er bedrückt. Er hat stets nur am Hofe der Mächtigen gelebt, wie soll er die Niedrigen verstehen! Ohne große Hoffnung strebte er am kommenden Sonntag dem Markt zu, wo sich viele Wenden versammelt hatten. Der Januar war bislang schneefrei geblieben, doch hatte der Frost den Boden hart werden lassen. So konnten Gemeinde wie Priester den Platz betreten, ohne im Schlamm zu versinken. Mit düsterer Miene verfolgten die meisten der slawischen Edlen die Messe, der Sinn der auf Latein vollzogenen Handlung blieb ihnen verschlossen. Und auch Gerolds Ansprache verstanden sie nur zu einem geringen Teil, denn er sprach deutsch und ließ auch nicht dolmetschen.

      Als der Bischof geendet hatte, trat Pribislaw in die Mitte und trug noch einmal die Anliegen seiner Landsleute vor, schilderte die drückende Last der Abgaben, die sie an den Herzog, den Grafen und den Klerus im vergangenen Jahr entrichtet hatten, und forderte endlich, die Wenden nicht höher zu besteuern als die benachbarten sächsischen Gaue, denen mancherlei Privilegien gewährt wurden. Doch Gerold wies alle Forderungen zurück, verlangte dagegen, dass sich die Wagrier zunächst endgültig dem neuen und wahren Glauben öffnen sollten.

      Pribislaw war ein geschickter Verhandler, und so fragte er zurück: „Sagt Ihr damit zu, dass wir in allen Stücken den Deutschen gleichgestellt werden, wenn wir Euren Glauben annehmen und uns taufen lassen?“ Aber das wollte und konnte der Bischof nicht, über die Abgabenpolitik des Herzogs hatte er nicht zu befinden, und so blieb auch sein Aufruf zur Taufe ungehört. Enttäuscht verließen die vielen Slawen den Platz, und enttäuscht ging auch Alf, obwohl er keine andere Antwort erwartet hatte. Doch ihm war bewusst, dass hier eine große Chance vertan war.

      „Es ist geschehen, was ich befürchtet habe,“ sagte er zu Duscha, als er ins Haus zurückgekehrt war, „deine Landsleute haben nichts erreicht – und ich auch nicht. Dieser Gerold ist zuallererst ein Mann des Herzogs und dann erst der Bischof von Wagrien.“

      *

      Doch es sollte noch schlimmer kommen – auch für ihn selbst. Der Reichtum der jungen Stadt kam aus dem Fernhandel, von dem letztlich alle lebten – nicht nur die Mitglieder der Schwurgemeinschaft, sondern auch ihre Schiffsführer, die Schifferknechte, die Segel und Ruder bedienten und die Waren von den Schiffen trugen, die Schiffbauer und die vielen anderen Handwerker, die für die Großkaufleute arbeiteten, für die kleinen Händler, für alle Stadtbewohner und für viele, die aus den umliegenden Dörfern zum Markt kamen. Und aus diesem Reichtum zog Graf Adolf üppige Gewinne durch die verschiedenen Abgaben und Steuern, die es zu entrichten galt.

      Jetzt aber war Streit entbrannt zwischen dem Herzog und seinem Lehnsmann, dem Grafen, denn Heinrichs Einnahmen in Bardowieck, das bislang Umschlagplatz aller Waren aus dem Norden gewesen war, sanken genauso rasch, wie Adolfs Gewinn in Lubeke stieg. Und als der Schauenburger sich weigerte, den Löwen zu entschädigen, an seinen Einnahmen zu beteiligen, spielte der Herzog seinen besten Trumpf aus: Als Sachwalter des Kaisers war er Herr über die Märkte im Sachsenland. So untersagte er den Fernhandel im Hafen von Lubeke, allein was die Bauern auf den Marktplatz brachten zum täglichen Bedarf, durfte nun noch verkauft werden.

      Ratlos standen die Kaufleute zusammen. Wie sollten sie noch auf Handelsfahrt gehen, wenn der Verkauf in der Heimat verboten war? Noch hofften sie darauf, Graf Adolf als ihr Stadtherr würde einlenken, doch nichts geschah, Woche um Woche verging, ungenutzt lagen die Schiffe im Hafen. Die Schifferknechte hockten am Ufer, auch das Würfelspiel konnte ihnen die Langeweile nicht mehr vertreiben, Bierkrüge machten die Runde, Streit kam auf, Prügeleien, und hier und da griff einer zum Messer oder auch zu einem brennenden Scheit aus einem der Feuer, die überall am Ufer brannten.

      Und so kam es, dass eines Tages eine Hütte in Flammen stand, dass die Funken übergriffen auf andere Häuser, und mit dem Wind wurde der Brand in die Straßen getragen. Viele Ledereimer voll Wasser mussten die Anwohner aus der Trave schöpfen, sie bildeten lange Ketten, um die Schilfdächer zu feuchten, die Feuersbrunst einzudämmen. Geschrei überall, Flucht vor den Flammen, verzweifelte Versuche, Hab und Gut zu bergen. Erst weit oberhalb, auf halber Höhe des Hügels, kam der Brand zum Stehen, doch manch stolzer Bau eines Kaufmanns war nur noch ein schwelender Trümmerhaufen.

      Dietmar und Alf hatten Stunde um Stunde geholfen, den Feuersturm zu bekämpfen, auch die Frauen und Kinder reihten sich ein in die Ketten, Magdalene und Duscha waren ebenso rußgeschwärzt wie ihre Männer, als sie endlich erschöpft heimwärts gehen konnten. Der Brand war erloschen, aber viele Häuser der Händler lagen niedergebrannt. Und viele fragten sich jetzt: Lohnt es sich, sie neu zu errichten, wo doch der Handel an diesem Platz verboten, die Seefahrt eingestellt, jeder Gewinn unmöglich war?

      Hinrich von Soest war es, der die Kaufleute zusammenrief, um zu beraten. Als erstes beschloß man, Hinrich zum Stadtvogt zu schicken und ihn um Fürsprache bei Graf Adolf zu bitten. Doch Reginald winkte ab: „Ihr wisst, dass mir das Schicksal dieser Stadt genau so sehr am Herzen liegt wie Euch, Hinrich. Doch der Graf ist aufs äußerste verbittert. Vor einer Woche hat der Herzog ohne Vorwarnung einen Trupp Bewaffneter nach Oldesloe geschickt, denn auch um die Saline dort gibt es Streit, und Heinrich ließ kurzerhand die Salzquellen zuschütten. Ihr werdet in Zukunft nun wieder im fernen Lüneburg einkaufen müssen, wenn Ihr Eure Heringe gesalzen von Gotland holen wollt.“ „Wir werden kein Salz mehr brauchen, wenn wir den Hering nicht verkaufen dürfen,“ sagte Heinrich bitter und erhob sich.

      „Es ist zwecklos, bei Graf Adolf vorstellig zu werden, mein Freund.“ Reginald stand ebenfalls auf, um den Kaufmann zur Tür zu geleiten. „Ich habe es bereits versucht und einen Boten geschickt, um Eure Lage hier in Lubeke zu schildern. Er konnte nichts ausrichten.“

      Hinrich berichtete den anderen von diesem Gespräch, Ratlosigkeit breitete sich aus. Da meldete sich Alf zu Wort. Er war einer der Jüngsten in diesem Kreis und auch erst seit kurzem in den Rat der Fernhändler gewählt. „Unsere Stadt ist nahezu zur Hälfte niedergebrannt, und unser Hafen ist gesperrt. Lubeke hat keine Zukunft an einem Ort, wo Graf Adolf Herr ist. Ich sehe nur eine Lösung, und sie ist tiefgreifend: Wir müssen den Werder verlassen, dorthin, wo der Herzog selber Stadtherr sein kann.“ Erregtes Gemurmel erhob sich, Proteste wurden laut, aber auch Zustimmung. „Wie stellst du dir das vor?“ fragte Hinrich. „Wir sollten Gesandte