Название | Herrengedeck und Herzenswärme |
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Автор произведения | Neue Osnabrücker Zeitung |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783741804533 |
In der Männerrunde sitzt der olympische Geist mit am Tisch. (Uwe Lewandowski)
Ins Vesperstübchen kommt Siegfried, um seinen Mineralhaushalt nach dem schweißtreibenden Sport wieder auszugleichen, sagt er. Auf dem Tisch steht auch mal ein Pils. Mehr aber nicht. „Die Schnapszeit ist vorbei“, meint Hans. Wolfgang fügt an, die Gaststättenstruktur habe sich sehr verändert. „Das ist schade“, meint er. Hans pflichtet ihm bei: „Heute hat jeder eine Kiste Bier im Keller und guckt alleine zu Hause Bayern München. Deswegen sind viele Kneipen kaputtgegangen.“ Das Vesperstübchen, so hoffen alle Stammgäste, soll noch lange erhalten bleiben. Die Tür, so sagt Friedel Hoppe, stehe jedenfalls nicht nur OTB-Mitgliedern offen.
Vesper Stübchen
Inh. Ingrid Hoppe
Obere Martinistr. 50
49078 Osnabrück
Tel. 0541/97048681
02. Januar 2013
Die Kneipe Zum Findling steht für die „Generation Herrengedeck“
Osnabrück. Am Sonntagvormittag ist die Gaststätte Zum Findling fest in Männerhand. An mehreren Tischen wird geklönt, gelacht und Karten gekloppt. Ohne Kellnerin Monika Schramm jedoch würden die Herren in der Kneipe von Klaus-Dieter Luzer nicht nur auf dem Trockenen sitzen. Manche kämen nicht mal nach Hause.
Nach der Karmann-Pleite hat Klaus-Dieter Luzer die Kneipe Zum Findling übernommen. (Jörn Martens
Während aus der einen Ecke immer wieder Gelächter herüberschallt, dringen aus der anderen Ecke nur selten Laute in den Schankraum. Hier wie dort sitzen Männer mit „Herrengedecken“ (Pils und Korn) um einen Tisch. Dort tagt der Fanclub der Damen-Mannschaft der TSG Burg Gretesch, da wird Doppelkopp gespielt.
Jeden Sonntag treffen sich Helmut Krolik (61), Reinhardt Düttmann (69), Achim Morchel (62) und Erwin Luzer (76) um 10 Uhr zum Kartenkloppen. Dann müssten sie nicht in die Kirche gehen, frotzelt einer. „Wir gehen da hin, wo die Gebetsbücher Henkel haben“, sagt Helmut Krolik, und jetzt ertönt auch aus der Doppelkopp-Runde schallendes Gelächter.
Zum Doppelkoppspielen kommen Helmut Krolik, Reinhardt Düttmann, Achim Morchel und Erwin Luzer jeden Sonntagvormittag in den Findling. (Jörn Martens)
Seit drei Jahren trifft sich das Quartett in der Kneipe von Erwin Luzers Sohn. „Nach einer gewissen Zeit weiß man, wer falsch spielt und wer nicht“, sagt Krolik. „Wenn sich einer verspielt oder nicht bedient, muss er eine Runde schmeißen“, erklärt Achim Morchel die wichtigsten Spielregeln. Dann gibt es einen Kurzen, Korn oder Weinbrand.
Der Alkohol hinterlässt keine Wirkung, sagen die Herren. Wie viel sie pro Frühschoppen trinken, wollen sie nicht verraten. Gegen Mittag würden sie aber „vernünftig“ nach Hause gehen – das Essen steht pünktlich auf dem Tisch. Krolik zieht bisweilen weiter. Wenn der SC Lüstringen spielt, geht er auf den Fußballplatz. „Ich habe jahrelang in der Ersten gespielt“, erzählt er. Der Stolz in seiner Stimme ist unüberhörbar.
Der Fußballplatz ist auch Anlaufpunkt von Friedel Haseköster, Detlef Winkelmann, Hermann Wiesehahn, Jörg Große-Heitmeyer und Klaus Schramm. Die fünf Herren gehen jedoch nicht zum SC Lüstringen, sondern zur TSG Burg Gretesch und unterstützen die Regionalliga-Mannschaft der Frauen. Sie nennen sich „Die Linner Luxe“, weil sie aus Bissendorf-Linne kommen.
„Wir haben es mit den Frauen“, sagt Winkelmann. „Wir sind Frauenversteher“, legt Große-Heitmeyer einen drauf. „Hin und wieder auch zu Hause“, komplettiert Wiesehahn den Herrenwitz. Die lustige Truppe macht jedoch nicht nur Scherze, sie öffnet auch den Geldbeutel. Pro Tor erhalten die Damen der TSG einen Euro von den „Linner Luxen“. „Die sollen auch mal nach Mallorca fahren“, meint Wiesehahn. „Damit kommen die doch nur bis Melle“, sagt Große-Heitmeyer, und wieder wird eine Lachsalve abgeschossen. Klaus Schramm schüttelt angesichts seiner albernen Kumpane mit dem Kopf: „Ich will an einen anderen Tisch“, fordert er mit einem Augenzwinkern.
„In der dunkelsten Kneipe ist es schöner als am hellsten Arbeitsplatz“, lautet das Credo der fünf Herren. Drei von ihnen sind schon in Rente. Im Findling fühlen sie sich sehr wohl, obwohl es angenehm hell ist und so gar nicht nach finsterer Spelunke, sondern nach urdeutscher Gemütlichkeit aussieht. Das Wohlbefinden der Herren hat zwei Gründe: Kellnerin Monika Schramm, die Frau von Klaus, versorgt die Runde mit Getränken und fährt sie nach Hause nach Linne. Und Wirt Klaus-Dieter Luzer ist Mitglied im Fanclub und ein Freund. Er stammt ebenfalls aus Bissendorf-Linne.
Monika Schramm serviert nicht nur Pils, sie fährt die Männerrunde auch nach Hause. (Jörn Martens)
Seit 2001 lebt Luzer im Stadtteil Darum-Gretesch-Lüstringen, seit 2009 führt er am Stadtweg die Gaststätte Zum Findling. Die, so steht es auf dem namensgebenden Stein vor der Kneipe, wurde 1974 eröffnet. Jahrelang war Klaus-Dieter Luzer Kantinen-Chef bei Karmann. Der gelernte Koch hat nach der Pleite des Osnabrücker Traditionsunternehmens die Kneipe aufgemacht. Von seiner Vergangenheit zeugen noch einige Karmann-Ghia-Modelle, die der 50-Jährige auf einem Regal hinter der Theke aufgestellt hat.
Heute ist der Platz von Klaus-Dieter Luzer hinter der Theke der Gaststätte. Seine Tochter Desiree steht in der Küche. Der Früh- und der Dämmerschoppen seien wichtige Traditionen, sagt er. Vor allem gilt das für die vielen Rentner, die in seine Gaststätte kommen. „Junge Leute kriegste hier nicht hin“, bedauert Luzer. Heutzutage eine Kneipe auf die Beine zu stellen sei nicht so einfach. Dennoch ist er stolz darauf, ein Lokal vom alten Schlag zu führen. Anfangs habe es Startschwierigkeiten gegeben. „Mittlerweile läuft das Geschäft.“ Was er aber machen wird, wenn die „Generation Herrengedeck“ eines Tages ausgestorben ist, das weiß er auch noch nicht.
Zum Findling
Inh. Klaus-Dieter Luzer
Stadtweg 76
49086 Osnabrück
Tel. 0541/80019099
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