Konfliktmanagement als Werkzeug für Arbeitsgesundheit und Wertschöpfungsoptimierung in Unternehmen. Gunter Kremer

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Konfliktmanagement-Maßnahmen und sind nach dem Verständnis der Autoren unabhängig von der Konfliktkonstellation – sie sind also grundsätzlich für alle Unternehmenskonflikte verwendbar. Ein Konfliktmanagement-System liegt nach dem Verständnis der Autoren allerdings erst dann vor, wenn:35

      

       „alle sechs aufgeführten Komponenten durch entsprechende Elemente realisiert werden und

       eine Steuerungsinstanz als siebte Komponente hinzutritt, welche die einzelnen Elemente systematisch vernetzt und ihr funktionales Zusammenspiel regelt.“

       Das Erfordernis einer Steuerungsinstanz ergebe sich aus der klassischen Managementlehre (mit Verweis auf die Ergebnisse der qualitativen Folgestudie36), deren Grundsätze auch auf KMS anzuwenden seien.

       Abbildung 3: Das Viadrina-Komponentenmodell eines Konfliktmanagement-Systems 37

      

      Koweit et al. werten die Etablierung eines KMS als Wettbewerbsvorteil für Unternehmen und heben insbesondere die Chance zur Reduktion der Konfliktkosten hervor.38 Kirchoff et al. schlagen deshalb folgerichtig die Integration von KMS in das strategische Risikomanagement (RM) vor.39 Dieses hat als Ziel die Sicherung der Unternehmensziele und damit des Unternehmenserfolges, im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger Kosten. ( Konfliktkosten gelten als Risikokosten).

      Kloweit et al. sehen (bezugnehmend auf die Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft) KMS auch als wertvollen Beitrag für ein ganzheitliches Changemanagement (CM), im Sinne der Förderung einer nachhaltigen und konstruktiven Unternehmens- und Führungskultur. Schließlich weisen sie auf einen zu erwartenden positiven Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit und Leistungserbringung hin.40

      Schließlich ergänzend bedeutet Konfliktprävention im Verständnis von Gläßer et al. die gezielte Verhinderung der Entstehung von Konflikten, bzw. einer destruktiven Austragung oder Eskalation von Konflikten.41 Nach Herrmann kann es zu derartigen Eskalationen infolge nicht tragfähiger Konfliktlösungen kommen, welche nicht nur im Ergebnis für die Beteiligten von Bedeutung sind, sondern auch hinsichtlich ihrer künftigen Wahrnehmung von Konfliktsituationen. Der Autor begründet daraus die negative Belegung des Konfliktbegriffes in der allgemeinen Wahrnehmung.42

      

       Abbildung 4: Inadäquate Konfliktlösung und ihre Folgen 43

      

      

       2.4 Fokusbegrenzungen

      

      Hinsichtlich der Vielfalt der Unternehmensformen und der damit verbundenen Komplexität konzentrieren sich die Betrachtungen in dieser Arbeit auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), im Speziellen Vertreter des produzierenden Gewerbes (Metall- und Elektrobranche). Gemäß § 267 Handelsgesetzbuch HGB44 werden kleine Unternehmen als solche mit bis zu 49 Mitarbeitern verstanden, mittlere Unternehmen sind solche mit 50 bis 249. Die KMU haben eine große wirtschaftliche Bedeutung in Deutschland; sie erwirtschaften rund 40% aller Umsätze; bei ihnen arbeiten über 60% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.45

      Neben Gründen einer Umfangsbeschränkung und einer persönlichen Relevanz spielt der Umstand eine Rolle, dass Großkonzerne eher die Bereitschaft zu zeigen scheinen, ihre Strukturen hinsichtlich eines Konfliktmanagementsystems umzugestalten. Diese Annahme begründet sich u.a. aus der Art der teilnehmenden Unternehmen am RTMKM. In KMU bestehen nur teilweise eigene Personal- oder Rechtsabteilungen, welche klassischerweise mit internen bzw. externen Konflikten zu tun haben und als „Inkubatoren“ bzw. „Promotoren“ bei der Einführung von KMS dienen könnten. Weiterhin besteht die Grundannahme, dass es in KMU weniger definierte Arbeitsabläufe und gefestigte Strukturen gibt, an welche ein KMS „angedockt“ werden kann. Konflikte werden häufig fallabhängig und situationsbezogen entschieden, unter einem hohen Belastungsgrad der beteiligten Mitarbeiter. Diese zufällige Vorgehensweise entspricht nicht dem Prozessgedanken (eines Managementsystems) und bildet zudem den Nährboden für Folgekonflikte, ohne Möglichkeit der systematischen Regelung. KMU sind auch in einem besonderen Maße von der Haltung der Unternehmensführung (und der dabei entstandenen Konfliktkultur) abhängig, sowie dessen Bereitschaft, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ziel der kommenden Überlegungen wird deshalb sein, wie unter diesen Umständen ein Zugang zu den Unternehmen gelingen kann.

       2.5 Zur bisherigen Anwendungspraxis von Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement

      

      Lueger et al. (2005) beschreiben, dass mit dem klassischen Konfliktlösungsverfahren „Gericht“ insgesamt die schlechtesten Erfahrungen gemacht wurden, wenngleich dieses (dennoch) häufig gewählt werde.46 Mit Zusammenhang mit externen Hilfen werden primär Beratungs- und Schulungsleistungen (Rechts-, Steuer-, Wirtschaftsberatung, Supervision, Coaching und Training) genannt und dort zeigen sich hohe Zufriedenheitswerte.47 Dieses „Einkaufen von externem Knowhow“ bestätigt damit die These von Gram et al., dass Unternehmen den eigenen Anspruch haben Konflikte selbst zu bewältigen, statt dabei externe Unterstützung zu nutzen.48 (vgl. Autonomieprinzip). Grundsätzlich führen die damit verbundenen positiven Erfahrungen dazu, solche Verfahren auch künftig anzuwenden und anderen Unternehmen weiter zu empfehlen.49 Wirtschaftsmediation wird 2005 nur relativ selten als Verfahren angewendet.50

      Gamm et al. (2005) vermuten, dass Konflikte in KMU vielfach als Tabuthema gesehen, bzw. als Managementversagen empfunden werden.51 Bei den Konfliktfolgen werden die Kosten praktisch ausgeblendet, damit werden die zuvor gezeigten Chancen eines RM nicht genutzt. Die Autoren kommen weiter zu der Einschätzung, dass an die Mediation und/oder die Mediatoren vielfach nicht erfüllbare Erwartungshaltungen gestellt werden, bzw. ihre Arbeit erst in hocheskalierten Konflikten in Anspruch genommen werde, wenn eine Bearbeitung die vorhandenen betrieblichen Ressourcen überforderte. Grundsätzlich seinen derartige Erwartungshaltungen schwer zu erfüllen.52

      Die Folgestudie zur Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen (2007) erkennt, dass der Einführung eines KMS (immer noch) vielfältige Kommunikationsbarrieren zwischen den Abteilungen oder unterschiedliche Denk- und Verhaltensmuster entgegenstünden.53 Dies bestätigt u.a. Wolf (2014) und sieht zudem die (immer noch bestehende) Unkenntnis des Mediationsverfahrens und anderer alternativer Instrumente zur Lösung von Wirtschaftskonflikten als gegeben.54

      Grundsätzlich sind diese Hürden und Widerstände in Unternehmen aller Größen zu überwinden, die Besonderheiten der KMU begründen jedoch besondere Hindernisse. Wie dies gelingen kann, zeigt das folgende Kapitel.

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