Название | Kleine politische Schriften |
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Автор произведения | Walter Brendel |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783966511858 |
Wir brauchen die Landarbeiter und Kleinbauern, soll unser Ringen nicht ein hoffnungsloses sein. Der unheilvolle Gegensatz zwischen Stadt und Land, der bisher jede freiheitliche Bewegung gehemmt, vereitelt hat, muß aufhören. Das warnende Exempel Frankreichs ist nicht an uns verloren. Am 24. Februar 1848 stürzte Paris, die Stadt, den Thron des korrupten Bürgerkönigs; und neun Wochen später schickte das Land eine reaktionäre Nationalversammlung nach Paris, welche die neugegründete Republik untergrub und die Juni-Insurrektion zur Niederwerfung des sozialdemokratischen Industrieproletariats organisierte. Fünf und einen halben Monat nach der Junischlacht wählte das Land mit überwältigender Majorität Louis Bonaparte zum Präsidenten der Republik und bereitete dadurch den Staatsstreich vor, welcher drei Jahre später die Republik vollends beseitigte und Frankreich der bonapartistischen Räuberbande zu systematischer Ausplünderung überlieferte. Das Land, das sind die Bauern. Die französischen Bauern haben das Kaiserreich gemacht aus blinder Furcht vor dem städtischen Sozialismus, in der törichten Hoffnung, das Empire werde sie aus dem Elend reißen. Wohlan, sie sind aus dem Regen in die Traufe gekommen; die Säbeldiktatur, der sie in ihrer Angst vor den eingebildeten Schrecknissen des Sozialismus sich in die Arme geworfen, hat ihnen in Wirklichkeit die Übel gebracht, denen sie ausweichen wollten: Seit dem 2. Dezember 1851 hat die Verarmung des französischen Bauerntums infolge der schamlosen Mißregierung des Empire in furchtbar beschleunigter Progression zugenommen. Die Sozialisten hätten die Bauern aus den Händen der Wucherer, in denen sie sich jetzt winden, zu reißen gesucht, durch Anwendung des Assoziationsprinzips auf die Landwirtschaft und durch Staatskredit bessere Zustände angebahnt; das Kaiserreich saugt den Bauern die letzten Säfte aus – die Herren in den Tuilerien denken: Wenn es nur uns aushält! Wenn wir nur schlemmen und im Mark der Nation schwelgen können – après nous le deluge! (Nach uns die Sintflut!)
Nach Berichten aus Frankreich beginnt es dort in den Köpfen der Bauern zu tagen. Ich will wünschen, daß dem so sei, im Interesse Frankreichs und der Bauern! Gewiß ist: für die Bauern gibt's keine andere Rettung als im Sozialismus. Das rote Gespenst ist der Heiland. Gewiß ist jedoch auch, daß die Masse der französischen Bauern den Sozialismus noch immer mit einem geheimen Grauen betrachtet und daß die sozialistische Propaganda mit einem schwer zu überwindenden Mißtrauen zu kämpfen hat. Diesem Mißtrauen trugen die französichen Delegierten des Baseler Kongresses Rechnung, als sie gegen den Grundeigentumsbeschluß stimmten oder sich der Abstimmung enthielten. So tief eingewurzelte Vorurteile lassen sich nicht mit einemmal ausrotten; und ehe sie ausgerottet sind, erheischen sie Schonung, sollen nicht schlimme Folgen eintreten. Die Zeit und die Verhältnisse werden das ihrige tun. Gleiche Ursachen, gleiche Wirkungen. Der ländliche Arbeiter hat genau dasselbe Interesse wie der städtische Arbeiter; der Kleinbauer genau dasselbe Interesse wie der Kleinhandwerker und Kleinkrämer. Der ländliche Arbeiter ist Proletarier, der Kleinbauer wird es; jener ist Sklave des Kapitals, dieser Rekrut für die Armee der Sklaven des Kapitals – das ist der ganze Unterschied. Die städtischen Arbeiter und die Verständigen unter den städtischen Kleindhandwerkern und Kleinkrämern haben begriffen, daß ihre traurige Lage die Folge der heutigen Produktionsweise ist, und suchen dieselbe durch genossenschaftliche Produktion zu ersetzen. Die ländlichen Arbeiter und Kleinbauern haben bisher ihrer Mehrzahl nach diese Bestrebungen ihrer verkannten Brüder bekämpft, sich zu Werkzeugen des gemeinsamen Feindes hergegeben. Mögen sie das Selbstmörderische ihres Handelns einsehen! Der Tag, an welchem der ländliche Arbeiter und Kleinbauer dem städtischen Arbeiter und Kleinbürger die Hand reicht, ist der Tag der Befreiung beider. Nicht: Hie Stadt! Hie Land! sei die Losung, sondern: Hie Stadt und Land, brüderlich verbündet gegen die gemeinsamen Feinde der ehrlichen Arbeit!...
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