Название | Tax Compliance |
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Автор произведения | Markus Brinkmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447011 |
Für Kreditinstitute, die keine Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 4 WpHG sind, wurde in § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 c) KWG zudem die Compliance-Funktion als Teil des internen Kontrollsystems konkret aufgelistet.[133] Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass damit Risiken aus der Nichtbefolgung rechtlicher Vorgaben entgegengewirkt werden soll, indem die Compliance-Funktion die Geschäftsleitung bei der Ausgestaltung entsprechender Maßnahmen unterstützt und zudem die Maßnahmen an sich beschwert sowie deren Qualität und Angemessenheit sichert und überwacht.[134]
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Und schließlich müssen Kreditinstitute nach § 25c Abs. 1 KWG auch über Verfahren zur Verhinderung strafbarer Handlungen (wie bspw. Geldwäsche, Marktmanipulation und Insiderhandel) verfügen.
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Da die Pflichten der §§ 25a, 25c KWG überwiegend auf die spezifischen Risiken von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten und ihre Beaufsichtigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugeschnitten sind und somit eine Übertragung auf Gesellschaften mit anderem Unternehmensgegenstand sich als schwierig erweist, können diese Vorgaben allenfalls punktuell und selektiv bei der Einrichtung eines allgemeinen Compliance Management Systems herangezogen werden.[135]
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Von besonderem Interesse ist im vorliegenden Kontext jedoch, dass sich die Verfahren des Kreditinstitutes zur Verhinderung von Gesetzesverstößen auch auf Maßnahmen zur Unterbindung von Steuerstraftaten erstrecken sollten. Machen sich Geschäftsleiter der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig oder dulden diese, so rechtfertigt dies regelmäßig ihre Abberufung nach § 36 Abs. 1 KWG. Beruht das Geschäftsmodell des Kreditinstituts auf nachhaltigen Verstößen gegen das Steuerrecht, so kann die Entfernung einzelner Verantwortlicher unter Umständen nicht ausreichen und die BaFin nach § 35 Abs. 2 Nr. 6 sogar die Erlaubnis entziehen.[136]
c) Internes Kontrollsystem nebst Compliance-Funktion nach § 29 VAG
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Ähnliche Anforderungen an die Geschäftsorganisation wie für Kreditinstitute finden sich für den Versicherungssektor in dem seit 1.1.2016 geltenden Versicherungsaufsichtsgesetz. Nach § 29 VAG müssen Versicherungsunternehmen über ein wirksames internes Kontrollsystem verfügen, das mindestens Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, einen internen Kontrollrahmen, eine angemessene unternehmensinterne Berichterstattung auf allen Unternehmensebenen sowie eine Funktion zur Überwachung der Einhaltung der Anforderungen (Compliance-Funktion) umfasst.
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Insoweit sieht auch diese Regelung im Versicherungsaufsichtsrecht die Compliance-Funktion als unternehmensinterne Stelle vor, die eine institutionelle Kontrollfunktion hat. Detailliertere Vorgaben an eine (Tax) Compliance-Funktion lassen sich daraus nicht ableiten, schon gar nicht mit unmittelbarer Wirkung für alle branchenfremden Unternehmen.
d) Ergebnis
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Die voranstehend näher betrachteten spezialgesetzlichen Vorschriften sowie eine ganze Reihe weiterer Normen (vergleiche bspw. § 52a Abs. 2 BImSchG, § 53 KrW/AbfG) beinhalten jeweils eine Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung (bestimmter) gesetzlicher Bestimmungen zu gewährleisten.
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Verschiedentlich wurde in der Literatur vertreten, dass aus solchen spezialgesetzlichen Vorschriften eine allgemeine, branchenunabhängige Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Systems für alle Gesellschaftsformen abgeleitet werden kann.[137]
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Diese Auffassung stieß immer schon auf Ablehnung mit der Begründung, dass sich der den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften zu Grunde liegende Normzweck nicht ohne Weiteres übertragen lasse.[138] Überdies konnte sich diese Auffassung auch deshalb nicht durchsetzen, da aufgrund der aus den gesellschaftsrechtlichen Normen abgeleiteten Verpflichtung (siehe voranstehend) kein Bedürfnis für eine solche Gesamtanalogie besteht.
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 2. Kapitel Allgemeine Rechtsgrundlagen der Tax Compliance › V. Fazit
V. Fazit
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Noch bis in die jüngste Vergangenheit war umstritten, ob eine gesetzliche Verpflichtung für die Einrichtung eines Compliance Management Systems besteht und auf welche Rechtsgrundlage eine solche Pflicht gestützt werden kann. Mindestens in Bezug auf den Vorstand einer Aktiengesellschaft hat sich die Auffassung, dass eine solche Verpflichtung besteht, durchgesetzt. Aus den Vorschriften der §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG folgt die Rechtspflicht, ein Compliance Management System einzurichten, mithin auch ein innerbetriebliches Kontrollsystem, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient.
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Strittig bleibt, ob diese Rechtspflicht für alle Unternehmen jedweder Rechtsform gilt.[139] Zumindest für die Geschäftsführer/Vorstände von Kapitalgesellschaften verfestigt sich jedoch die Ansicht, dass eine Rechtspflicht zur Einrichtung einer Compliance-Organisation besteht, weil diese Personen insoweit einem besonderen Sorgfaltsmaßstab unterliegen. Lediglich hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des (Tax) Compliance Management Systems besteht dann jeweils ein unternehmerisches „Auswahlermessen“ i.S.d. Business Judgement Rule.
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Für alle anderen Unternehmen/Unternehmer ist zumindest festzuhalten, dass ein „Konglomerat“[140] aus zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Regelungen besteht, das in Summe einen systematischen Organisationsansatz zur Sicherstellung der Befolgung (steuerlicher) Pflichten geboten erscheinen lässt.
Anmerkungen
Vgl. Tipke/Kruse/Drüen § 33 AO, Rn. 1.
Die Darstellung ist naturgemäß nicht abschließend und könnte es allenfalls für den Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Werks sein, da der Gesetzgeber den Pflichtenkanon ständig erweitert (vgl. z.B. aus jüngster Zeit die ab dem 1.1.2020 in Kraft tretende Vorschrift zu den Anforderungen an elektronische Grundaufzeichnungen in § 146a AO).
BFH BStBl II 1999, 203; BStBl II 2006, BStBl II 2015, 894.
Die Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 S. 1, 164 AO; die wichtigsten Steueranmeldungen sind die Umsatzsteuervoranmeldung (§ 18 Abs. 1 UStG), die Lohnsteueranmeldung (§ 41a Abs. 1 EStG) sowie die Kapitalertragsteueranmeldung (§ 45a EStG).
§ 149 Abs. 1 AO ist mithin nur eine „Verweisungsnorm ohne eigenständigen Regelungsgehalt“; vgl. Beermann/Gosch/Schindler AO/FGO, § 149 AO, Rn. 12.
Dazu im Einzelnen 3.