Название | Settembrini |
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Автор произведения | Leo Tuor |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783857919831 |
Am nächsten Morgen wartet Giachen Hez auf dem Posten des Engels. Giachen will Jack gerufen werden, weil ihn dünkt, das klinge lässiger. Wird aber Giacahuz genannt. Wartet also Giacahuz hinter einem Strauch, dessen Zweige sich sachte auf und ab bewegen. Wartet, dass der Morgen graue. Wartet auf das Wild, dass es sich am Waldrand zeige.
Gabriel, der Engel, hat als erster den Giachen ausgemacht, wie er hinter seinem Strauch kauert, aus dem nur das Gewehr hervorguckt. Giachen hofft, dass bald etwas passiere, weiß, dass ein wackerer Hirsch sein Erscheinen nicht anzukündigen pflegt. Giacahuz wird den Blick auf den Gegner richten, wird einen Buckel machen. Wäre er ein Hahn, würde ihm der Kamm schwellen. Wäre er ein Stier, träten seine Nackenmuskeln hervor, die Ohren würden zucken und der Schwanz sich heben. Aber der Hirsch wird nicht erscheinen. Es wird heller und heller werden. Giachen Hez wird nichts als öde Tännchen sehen, wird warten, wird sich langweilen, wird sein Gewehr einziehen und die Ohren, wird zusammenpacken, aus seinem Strauch kriechen und die Schutthalde hinuntergaloppieren. Ein zuverlässiger Hinweis, denkt Gabriel, dass der in einem früheren Leben, bevor aus ihm ein Jäger und Schnüffler wurde, ein kleiner Pampa-Klepper war.
Dem Leser wird das Lächerliche dieser Szene nicht entgangen sein. Erklärung: Ein lächerliches Moment ist dem Jäger stets eigen, wie dem Teufel im Märchen. Wenn er wartet, ganz besonders aber, wenn er sich durchs Gestrüpp windet, auf allen Vieren über Weiden kriecht, den Hintern in der Luft. Vor allem wenn er lange Beine hat und sich scheut, Bauch und Brust tief zu halten, um nicht die Weste zu beschmutzen oder Patronen zu verlieren oder mit Mutter Erde allzu intim zu werden. Aber selbst wenn er mit kurzen Beinen perfekt dem Boden entlang kriecht, ist und bleibt der Jäger ein Indianer in Bergschuhen. Ein Held bist du nur, wenn du Beute vorzeigen kannst. Und noch dann, mach dir nichts vor, bist du es bloß in deinen eigenen Augen.
IV DAS WILD
Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Techniken der Heuernte.
In alten Zeiten ernteten die Murmeltiere ihr Heu in folgender Manier: Abwechselnd legten sich die größten und fettesten Murmeltiere auf den Rücken und streckten alle viere von sich. Die andern luden ihnen das gesammelte Heu auf den Bauch und zogen die Ladung am Schwanz in den Bau. Daher hätten alte Murmeltiere im Herbst einen abgewetzten Rücken. Von dieser Fertigkeit berichtet Konrad Gessner. Er hat das bei Plinius Secundus abgeschrieben, und der wiederum hat es vom ersten Plinius, und der hats von einem Hirten, und dem Hirten hat ein Jäger diesen Murmelbären aufgebunden.
Moderne Murmeltiere beißen die Heuhalme ab, machen Büschel und legen diese zu einem Haufen zusammen. Wenn der Haufen ordentlich groß ist, sperren sie das Maul auf und packen mit den langen Nagezähnen das Heu wie mit einer Zange. Rechts und links ragt es wie ein Riesenschnurrbart aus dem Maul, und so trippeln sie in den Bau, bis man nur noch das Hinterteil sieht, dann noch den Schwanz, dann nichts mehr. Daher kommt es, dass die Murmeli von heute keinen abgewetzten Rücken mehr haben.
Manchmal knallt es, und der Wächter fällt um. Die Jäger schießen mit Vollmantelmunition auf den Kopf. Auf fünfzig Meter muss man etwa drei Fingerbreit unter den Scheitel zielen, damit man nicht überschießt.
Der Jäger geht hinüber und stellt die Wache wieder auf. Steht eine tote Wache dort, ist die Jagd viel einfacher, wenn die Murmeltiere wieder aus dem Bau auftauchen: Der Tod schlägt nicht Alarm.
Das Wiesel streckt den Kopf aus dem Schnee. Verschwindet. Taucht wieder auf. Im Fang eine Spitzmaus.
Ein Jäger legt sich im weißen Maler-Overall in den Schnee. Hat eine kalte Fata Morgana. Durch sein Gehirn blitzt folgendes:
«Eine weiße Gemse. So weit, so gut. Habe ich je eine gesehen? Hätte ich je eine sehen können? Werde ich je eine sehen? Sollte ich also eine gesehen haben? Oder darf ich damit rechnen, eine zu sehen? Auf dem Gletscher, wenn ich auf dem Gletscher eine Gemse aus Eis sehen würde, müsste ich sie schießen? Oder wäre ich fähig, näherzutreten und sie nur anzuschauen, statt sie in tausend Stücke zu schießen?
Ein Kronenhirsch! Donnerwetter!»
«Eine Gemse, ganz und gar weiß, Krucken weiß, alles weiß, muss ich nicht in meiner Trophäensammlung haben, entschieden nicht, und auch keinen Dachs mit Brille. Aber einen Kronenhirsch muss ich haben. Das wäre ja noch. Ein Kronenhirsch muss an die Wand, koste es, was es wolle. Meine ganze Männlichkeit hängt durch, wenn kein Kronenhirsch an der Wand hängt. Eine Wand ohne Kronenhirsch ist absurd. Ohne die Stangen dieses Stiers der Stiere mit ihren Sprossen und Enden ist meine Wand eine gehörnte Wand. Stier oder nicht Stier, das ist die Frage, daran entscheidet sich, wer ein Jäger ist, Teufelnochmal. Tiridi. Holdrio.»
Das Wiesel, zack, streckt den Kopf aus dem Schnee. Windet. Verschwindet.
Jäger und Steinbock haben mehr gemeinsam, als man denkt: Diesen farbigen Penis, die Neugier, das Imponiergehabe, die kleinen Ohren, die falschen Proportionen.
Steinböcke können nicht zählen. Wenn du zu zweit auf die Jagd gehst, und einer bleibt hinter einem Felsblock zurück, während der andere weitergeht, achtet der Steinbock nur noch auf jenen, den er sieht, streckt den Äser in die Höhe und fährt mit Wiederkäuen fort.
Im Falle der Zwillinge wars dasselbe bei den Jägern. Sie dachten, dass Settembrini nur einer sei. Settembrini sprach:
«Jäger können nicht zählen. Wenn du zu zweit auf die Jagd gehst, und einer bleibt hinter einem Strauch zurück, während der andere weitergeht und hinter einem Felsblock verschwindet, denkt der Jäger, Settembrini sei fort, streckt den Äser in die Höhe und fährt mit Wiederkäuen fort.»
«Der Wolf ist die größte Gefahr für den Menschen und seine Art: Er hat die Großmutter gefressen. Darum haben wir ihn ausgerottet. Und jetzt möchten diese ahnungslosen Grünen ihn wieder aussetzen mit seinen furchtbaren Zähnen und seinem Riesenmaul, in dem ich tutti quanti Platz hätte, samt Achttagebart, gerecktem Gewehr, Trunser Hosen und Herkules-Hosenträgern, bis zum letzten Schuhnagel. Teufelnochmal.»
«Der Bär war die zweitgrößte Gefahr für den Menschen und seine Art: Sein Hintern war zu dick. Sonst wäre er ein durch und durch echter Bündner gewesen: Gedrungen, breite Brust auf kurzen Beinen, mächtige Pranken, runder Kopf, kleine Ohren, flaches Hirn hinter fliehender Stirn. Aufs Haar ein Bündner. Heiliger Strohsack.»
«Der Fischotter wäre keine Gefahr gewesen. Aber er fraß alle Fische. Sonst wäre er schon recht gewesen, der Fischotter. Wenn er nur den gestiefelten Tagedieben mit ihren Ruten, Rollen, Leinen und Lägeln die Fische gelassen hätte.»
VIER
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