Endlos verbunden. Gabriela Meyer

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Название Endlos verbunden
Автор произведения Gabriela Meyer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991078678



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bin ich im Innersten ein sehr bescheidener und zufriedener Mensch. Materiellen Wohlstand kann ich zwar durchaus genießen und weiß ihn auch sehr zu schätzen, aber ich identifiziere mich nicht damit und es imponiert mir nicht, wenn jemand mit Geld herumprotzt. Im Gegenteil, solche Typen finde ich schlichtweg zum Abwinken! Ich lege mehr Wert auf innere Qualitäten und die Authentizität, mit welcher ein einzelner Mensch sein Leben lebt. Zudem bin ich sehr tolerant und vorurteilsfrei und mag ungewöhnliche Lebensphilosophien. Monogamie zum Beispiel ist für mich ein Gräuel, eine Erfindung der Kirche, um den Menschen weiszumachen, Liebe sei dasselbe wie körperliche Treue. Ich liebe die Männer und die Menschen generell, jedoch lasse ich mich von keinem besitzen und kontrollieren.

      Meinen Lebensunterhalt verdiene ich inzwischen auf eher unkonventionelle Art und Weise. Ich bin sogar geneigt, im Liegen zu sagen, aber das würde auch nur bedingt der Wahrheit entsprechen. Ich nehme kein Blatt vor den Mund und erzähle euch, wie es wirklich ist … Eigentlich müsste ich inzwischen gar keiner bezahlten Tätigkeit mehr nachgehen, aber wenn einem das Geld auf so leichte Art und Weise und in derart angenehmer Form zufliegt, wieso soll man da Nein sagen?! Ich habe das nicht so geplant oder bewusst gesucht, es hat sich halt einfach so ergeben und für mich wundervoll gepasst.

      Ob ich ein Flittchen bin, fragt ihr euch jetzt sicher. Das ist wohl eine nahe liegende Vermutung und berechtigte Frage dazu. Und obschon ich mich selbst nicht zu den üblichen Kategorien der „leichten“ Mädchen zähle, trifft es wohl irgendwie doch ein bisschen zu, je nach Ansichtsweise. Denn ja, ich bekam und bekomme als Gegenleistung für meine sexuellen Gefälligkeiten und meine Gesellschaft (verlockend viel) Geld. Aber bei Weitem nicht jeder Mann durfte oder konnte deshalb auf meine Dienste zählen. Im Gegenteil, ich suche mir die HERREN wenn, dann schon selbst aus!! Und eigentlich sind es inzwischen auch nur noch zwei Männer, welchen ich diesbezüglich zur Verfügung stehe. Das dafür aber wöchentlich jeweils einen ganzen Abend lang und das schon seit etlichen Jahren …

      Da ist als Erster mein Dienstag-Abend-Mann: Steve oder wie von mir auch genannt der BOSS. (Jeder Mann kriegt bei mir seinen Spitznamen.) Er war und ist der Grundstein meines zweiten, eher geheimen Lebens. Zu seinem Namen kam er, weil er auch in meinem anderen, „braven“ Leben wirklich mein Boss ist – schon seit ich damals, kurz nach dem Tod meiner Eltern und ziemlich frisch nach der Ausbildung bei ihm in seinem Riesenbetrieb anfing. Das war vor über zehn Jahren. Er war damals 30, äußerlich eine äußerst attraktive Erscheinung mit seinen tiefschwarzen, stets modisch kurz geschnittenen Haaren und den geheimnisvollen grünen Augen. Groß, sportlich und ein Mann, der genau wusste, was er wollte. Einer, der erfolgreich, zielsicher und manchmal eiskalt seinen Weg und seine Pläne verfolgte. Er hatte die Firma ein halbes Jahr zuvor von seinem Vater übernommen und der frische Wind, den er in den Betrieb gebracht hatte, (was bei Weitem nicht jedem dort gefiel!) wehte noch immer um jede Ecke in dem imposanten Firmengebäude. Aber für die weiblichen Angestellten war er natürlich in erster Linie der begehrteste Junggeselle in der Stadt und sie schmachteten ihn mehr oder weniger offen an.

      Ich fing damals als Sachbearbeiterin für die Personalabteilung in seiner Firma an. Hatte mit ihm direkt nichts zu tun und bei der unüberschaubaren Anzahl an Mitarbeitern war es also kein Wunder, dass wir uns monatelang gar nie begegnet sind. Natürlich kannte ich sein Gesicht aus der Zeitung. Er war ja ständig Bestandteil der Klatschpresse, weil er stetig mit wechselnden Schönheiten im Arm irgendwo abgelichtet wurde. Dann wurde wieder eine Weile spekuliert, ob dies wohl seine künftige Frau werden könnte. Er war im besten Alter, um mit der Familiengründung zu beginnen, und machte keinen Hehl daraus, dass er dies auch plante. Die Frauen umschwirrten ihn wie Bienen den Honigtopf und eine jede wollte ihm beweisen, dass sie die perfekte Mutter für seine künftigen Kinder sein würde.

      Ich erspare dem Leser allzu viele Details zu dieser längeren Geschichte, aber so viel sei gesagt: Dank meinem Können und nicht zu wenig Fleiß (und damit meine ich jetzt noch keine Körperlichkeit) arbeitete ich mich sehr schnell nach oben. Und als an einem besonders hektischen Tag, etwa ein Jahr, nachdem ich dort angefangen hatte, die persönliche Assistentin des Bosses höchst unglücklich die Treppe hinunterfiel und sich einen komplizierten Bein- und Hüftbruch zuzog, bekam ich durch glückliche Umstände beziehungsweise „Zufälle“ die Chance, einzuspringen und sie danach für ein Weilchen zu vertreten.

      Der BOSS und ich waren erstaunlich schnell aufeinander eingespielt und auch zwischenmenschlich klappte es mehr als gut. Sehr wahrscheinlich unter anderem, weil er rasch feststellte, dass ich ihn nicht als Jagdtrophäe sah und somit auch nicht anschmachtete wie der Rest der Damenwelt. Zudem ließ ich mich nicht von seinem herrischen Gehabe und seinem Todesblick, wie manche es nannten, einschüchtern. Ich war schon immer ein wahrheitsliebender Mensch und sagte ihm fast immer ziemlich offen, was ich dachte, statt ihm in allem recht zu geben und unterwürfig zu kuschen wie die meisten Schleimer in der Firma. Meine Eltern haben mich immer sehr darin unterstützt, mich zu einer starken und selbstständigen Frau zu entwickeln. Und ich habe zwar großen Respekt (er hat wirklich eine Menge drauf!), aber keine Angst vor ihm. So kam es, dass wir irgendwie Vertraute und Freunde wurden. Oder eine Art von Verbündeten vielleicht, denn in der Firma traute er so gut wie keinem der übernommenen Mitarbeiter seines Vaters und er hatte seine Visionen für die Zukunft der Firma längst noch nicht alle um- bzw. durchgesetzt. Mit mir an seiner Seite erhoffte er sich einen schnelleren Fortschritt und so wurde diese vorübergehende Vertretung zu einer gemeinsamen neuen Herausforderung.

      Als meine Vorgängerin sechs Monate später wieder komplett genesen und voll einsatzfähig war, hatte sie einen neuen Job in der Personalabteilung. Was mir eine „Feindin“ in der Firma und so manch bösen Blick von ihr einbrachte. Aber mein schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen, sie war sowieso eine der „alten“ Mitarbeiterinnen seines Vaters und deshalb wohl auf seiner Abschussliste. Sollte sie doch auf den Boss sauer sein. Und noch ein paar Monate später landeten wir dann nach der feuchtfröhlichen Feier eines großen Geschäftsabschlusses erstmals zusammen im Bett. Auch dort war er gern weiter der Chef, wie sich schnell herausstellte. Mir gefiel das ganz gut. Ich mochte beim Sex Männer, die wissen, was sie wollen, und in diesem Lebensbereich zur Abwechslung oder zum Ausgleich die devote Rolle auszuleben, reizte mich ebenfalls. Hier kuschte auch ich vor ihm und es gefiel ihm, mich zu erziehen, wie er es gerne nannte. Es war eine explosive und stürmische Nacht und unser hochprozentig alkoholisierter Zustand nahm uns sämtliche Hemmungen. Wir harmonierten auch im Bett bestens, wie wir sehr schnell und erfreut feststellten.

      Der Morgen danach hätte wohl peinlich sein müssen oder werden können. Aber da wir inzwischen wirkliche Vertraute und Freunde waren, zudem beide ein aufgeschlossenes Verhältnis zum Thema Sex und Liebe lebten, beschlossen wir nach einer offenen Diskussion, dieses Sex-Arrangement in unsere Geschäftsbeziehung zu integrieren. Keine gefühlsmäßigen Verstrickungen, keine Beziehung, keine Besitzansprüche und keine Treueversprechungen! Dafür regelmäßigen, für beide Seiten zufriedenstellenden Sex und Spaß zusammen, gegen eine entsprechende Gehaltserhöhung. Also eine klare Sache. Ein Nebenjob sozusagen. Wir mochten uns sehr, aber Liebe war beidseitig nicht im Spiel. Sex ist ein körperliches Bedürfnis wie Essen, Trinken und Schlafen. Ich sehe das Thema sowieso ziemlich locker. Und auch er ist auch der Meinung, dass Sex, Liebe und Treue drei eigenständige Themen sind und nicht automatisch miteinander verknüpft werden müssen. Und!!! Unsere Körper waren und sind definitiv heiß aufeinander …

      Die große, leidenschaftliche Liebe, wie sie in Büchern oder Filmen immer vorkommt, habe ich bisher nicht erlebt. Und ich kann auch sehr gut darauf verzichten! Denn das Wort LEIDENschaft selbst sagt ja in meinen Augen schon mehr als genug aus! Was soll ich mir Leiden schaffen, wo keines nötig ist? Dieses emotionale Getue, all die inszenierten Dramen im Namen der Gefühle oder gar im Namen der Liebe, welche viele Menschen, vornehmlich Frauen, richtiggehend zelebrieren, geht mir sowieso gehörig gegen den Strich. Ich sehe das Ganze eher nüchtern und zweckmäßig. Eine „normale“ Paarbeziehung habe ich somit noch nie gelebt und das ist auch nie mein Ziel gewesen. Mir gefällt, wie gesagt, mein freies und selbstbestimmtes Leben sehr gut. Alles läuft perfekt!

      Als Steve, der BOSS, mir am Montag nach dieser schlüpfrigen Feier den neuen Arbeitsvertrag vorlegte, befand sich darin ein Sonderteil, welcher sich auf die künftigen sexuellen Zusatzleistungen bezog. Die dazugehörige Gehaltserhöhung war beachtlich und ich überlegte mir, dass ich schon mit diesem Anteil eigentlich