Mythen, Macht + Menschen durchschaut!. Christoph Zollinger

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Название Mythen, Macht + Menschen durchschaut!
Автор произведения Christoph Zollinger
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783037600320



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– und der ist eben für ihn der richtige. Darin entwickelt sich das individuelle, metaphorische Konzept – es gibt deren so viele, wie es Menschen gibt. Daraus resultieren zum Beispiel konservative oder progressive Lebenseinstellungen.

      Ich kann nicht für andere sprechen. Meine Erfahrungswelt, meine Denkmetaphern sind persönlich geprägt. Deine, Ihre auch. Was bleibt zu tun?

      Nach langem und gründlichem Bedenken könnte ich zum Schluss gelangen, dass ich das verstanden habe. Dann ist es ein kleiner Schritt, Andersdenkenden Verständnis entgegenzubringen. Doch ist muss verstehen wollen. Dann könnte sich unser »System« verändern.

      Unter System verstehe ich: sich gegenseitig blockierende politische Parteien, arrogante, betrügerische Finanzinstitute, die nicht nachhaltig handelnde Gesellschaft. Dahinter steht überall und zu jeder Zeit – der einzelne Mensch.

       25. Juli 2013

       Nr. 91

      Zwei neue Nationalhymnen

      Der Schweizerpsalm, unsere Nationalhymne, ist für viele nicht mehr zeitgemäß. Jetzt stehen zwei Alternativen bereit.

      Rechtzeitig zum Nationalfeiertag am 1. August 2013 bekommen Leserinnen und Leser das exklusive Angebot zweier neuer Landeshymnen. Zwar bezweifelt niemand die Tatsache, dass wir alle die Worte des seit 1981 gültigen »Schweizerpsalms« auswendig kennen, oder? Doch Hand aufs Herz: Der Text ist etwas in die Jahre gekommen. Zu schwülstig, zu religiös oder zu patriotisch, finden viele. Die Vorgaben der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft zur textlichen Entstaubung sind nicht so einfach zu erfüllen, »Sinn und Gehalt der Präambel der geltenden Bundesverfassung sollen als Grundlage dienen«.

      Hier der erste Vorschlag. Es gilt weiterhin die geläufige Melodie der bisherigen Nationalhymne: »Trittst im Morgenrot daher, Seh’ ich dich im Strahlenmeer, Dich, du Hocherhabener, Herrlicher!« Beim Einüben des neuen Textes kann durchaus die Melodie auf YouTube eingespielt werden, damit das Ganze etwas einfacher wird. In einer Woche sollte so die neue Version – ohne Alpenfirn und Wolkenmeer – jedoch auswendig gefestigt sein, damit an der lokalen Feier am Abend des 1. Augusts, aus voller Kehle und stehend, mitgesungen werden kann.

      Neue Schweizer Nationalhymne

       (Melodie: »Trittst im Morgenrot daher …«)

Erste StropheLieb’ ich dich, mein Schweizerland, wo ich meine Heimat fand, spüre ich viel Dankbarkeit, Fröhlichkeit!
Freiheit schätze ich, wie Frieden,
Mensch mit allen Unterschieden, meide ich Beliebigkeit, kämpfe ich für Achtsamkeit, Unabhängigkeit und Wachsamkeit.
Zweite StropheVater-, Mutter-, Elternland, mich an meine Scholle band. Erde ist Vielfältigkeit, Fruchtbarkeit!
Nachhaltigkeit ist ein Gebot, versichert gegen Leid und Not, belohnen uns die Kinder, verdanken es nicht minder, Bergseen, Alpen dem Erfinder.
Dritte StropheUnabhängigkeit als Titel, Solidarität als Mittel, demokratisch Einigkeit, Achtsamkeit!
Nächste Generationen stärken unsre Ambitionen, Insel im Europabund, grenzenlos die Freundschaft und deutlich tun wir unsre Meinung kund!
Vierte StropheHelfen wir den Schwächeren, trauen wir den Stärkeren. Lachen bei Gelegenheit Heiterkeit!
Verstehen wir die Welt nicht ganz, versuchen wir’s mit Toleranz.
Angst ist schlecht für Mut und Tat, trauen wir dem Bundesrat.
Für die Zukunft sind wir dann parat!

      Beim zweiten Vorschlag wird es anspruchsvoller. Gemäß einer nicht repräsentativen Umfrage trauern immer noch viele Schweizerinnen und Schweizer älterer Jahrgänge der früheren Nationalhymne nach, die sich – ihrer Meinung nach – inbrünstiger absingen ließ und deren Worte sehr einprägsam waren. »Rufst du, mein Vaterland – Sieh uns mit Herz und Hand – All dir geweiht! …« zur Melodie der Britischen Königshymne »God Save the Queen« – jetzt erinnern sich sicher viele jener Feiern, inklusive Bratwurstduft. Auch diese Melodie lässt sich problemlos auf YouTube in Erinnerung rufen. Hier also dieser Vorschlag, er ist in seiner Aussage etwas pointierter als der erste.

      Neue Schweizer Nationalhymne, Variante 2

       (Melodie: »Rufst du, mein Vaterland…«)

Erste StropheZweite Strophe
Rufst du, mein ElternlandDa, wo der A-UNS-Kreis
Sieh uns mit Sachverstand,Nicht dich zu schützen weiß,
Allzeit bereit.SP-Komplott!
Heil dir, Helvetia!Stehn wir den Banken gleich,
Hast noch der Banker ja,Nie vor den Bußen bleich,
Sind mit dem Cayenne da,Froh im Gerichtsvergleich,
Switzerland, fight!Herz uns ein Spott.
Dritte StropheVierte Strophe
Nähr’ uns so steuerfreiSteigt der Verhandlungspreis,
Traditionen treuSchmilzt unser Gletschereis,
Euroverschont!Hilft unser Mut.
Kämpfen im Steuerstreit,Werden wir aufgeschreckt
Stets kompromissbereit,Uns gar der Steinbrück neckt,
Von einer Last befreit,So wir zum Kampf erweckt,
Reichlich belohnt?Steigt unsre Wut!
Fünfte StropheSechste Strophe
Kavallerie uns naht!Switzerland, ewig frei!
Teuer ist Blochers Rat:Sei unser Feldgeschrei
Feinde, Gefahr!Sieg oder Not!
Beste Armee der WeltFrei lebt, wer denken kann
Uns klaren Blick verstellt?Frei, wer beizeiten sann!
Jeder will unser Gelt!Nur der entgeht dem Bann.
Wie sonderbar.Frieden uns droht!

      Bitte sprechen Sie mit Ihrem Gemeindepräsidenten rechtzeitig vor Beginn der Feier darüber, welche der beiden Varianten er bevorzugt. Der Autor wünscht allen ein wunderschönes Fest!

       15. Juli 2013

       Nr. 90

      Ständemehr – 165 Jahre danach

      Die einstmaligen Gründe für die Einführung des Ständemehrs sind heute nicht mehr gültig. Eine Reform ist angezeigt, ja überfällig. Doch, wer packt das heiße Eisen an?

      Während sich Wirtschaft und Gesellschaft seit der Gründung des Bundesstaates 1848 tiefgreifend gewandelt haben, ist das föderalistische Regelwerk Bund/Kantone in seinen Grundzügen weitgehend starr geblieben. Je schneller sich die Welt bewegt, desto größer erweist sich der Renovationsbedarf dieser Kleinstrukturen als belastende Hypothek. Vieles hat in unserem Land nach 165 Jahren Rost angesetzt.

      Was ist gemeint? Unser fragmentiertes Staatswesen reagiert auf den Zeitenwandel zum Beispiel mit interkantonalen Konkordaten und Konferenzen. 16 Konferenzen der kantonalen Departements-Direktoren (kennen Sie alle: KdK, BPUK, EnDK, EDK, FDK, FoDK, KKJPD, KöV, LDK, MZDK, GDK, SODK, VDK, KOKES, FKS, Staatsschreiberkonferenz?) koordinieren ihre Kompetenzen. Und in über 20 Konkordaten (deren Auflistung sprengt den Rahmen dieser Kolumne) sind Hunderte von Arbeitskräften engagiert, um weitere, unterschiedlichste kantonale Gesetze und Verordnungen zu harmonisieren. Damit einher geht still und leise eine Entdemokratisierung und Bürokratisierung mit erheblichem finanziellem Aufwand. Flickwerke statt Reformen.

      Der Kantönligeist

      Ist es noch sinnvoll, mit den Zuständigkeiten des 19. Jahrhunderts zu leben? Da und dort wird der »Kantönligeist« zwar belächelt, doch das allein genügt nicht. Der Föderalismus war und ist nur möglich, wenn er sich an veränderte Bedingungen anpasst. Die politischen Akteure sind gefordert. Mehr und mehr politische Sachbereiche müssen heute international geregelt werden, wofür der Bundesrat zuständig ist. Was auf Kantonsebene verbleibt, wird noch heute mit (in der Regel) 26 unterschiedlichen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Zwar wurden per 1. Januar 2011 die 26 kantonalen Zivilprozessordnungen vereinheitlicht – ein wegweisender Schritt in die Zukunft? 165 Jahre nach Errichtung des letzten helvetischen Neubaus – der neuen Bundesverfassung – ist die Zeit reif, sichtbar werdende Bauschäden zu sanieren, neue Technologien zu adaptieren, veränderten gesellschaftlichen Tatsachen Rechnung zu tragen. Was die Gründerväter schufen, war ein großartiger Wurf. Die Tagsatzung, sozusagen der eidgenössische Gesandtenkongress