Der Bruch. Sabine Deubler

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Название Der Bruch
Автор произведения Sabine Deubler
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783702580841



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ein kleiner „Hupser“ – ein Tag, der ein bisschen besser ist. Danach wieder eine lange schwierige Phase und es macht wieder einen „Hupser“. Die Schwester zeigt auf die oberste Stufe ihrer Zeichnung.

       Auf der obersten Stufe bin ich nach mehr als zehn Jahren angekommen. Es ist immer auf und ab gegangen. Das war ein langer Gesundungsprozess. Mit der Zeit habe ich endlich erkannt: Wenn sich an meinem Zustand etwas verändern soll, kann und muss ich meinen Beitrag dazu leisten. Und verbessern kann sich nur dann etwas, wenn ich alte Verhaltensweisen loslasse und neue annehme. Endlich habe ich mir zugestanden: „Heute geht es schwer, aber morgen geht es wieder leichter.“ So denken zu dürfen, das habe ich mühsam lernen müssen, doch es hat mich viel gelassener und wieder zuversichtlich gemacht. Sehr geholfen hat mir, dass ich seit dem Klinikaufenthalt alle sechs Wochen zur Oberärztin der Psychiatrie gehen darf. Außerdem nehme ich Psychotherapiestunden und meine Tablette. Die Tablette will ich gar nicht lassen, denn ich will das nie, nie wieder erleben. Zu den Mitschwestern sage ich immer: „Ihr müsst mir eine Packung Cipralex in den Sarg legen. Sicher ist sicher!“

      Inzwischen geht es der Ordensschwester wieder gut. So gut, dass sie mit ihrer Krankheits- und Gesundungserfahrung heute als Genesungsbegleiterin eine wertvolle Stütze für psychisch erkrankte Menschen ist. Die Schwester, die jetzt Zivilkleidung trägt, arbeitet seit 2016 mehrmals pro Woche im Peer Center Salzburg. Seit 2018 leitet sie diesen vom Land Salzburg finanzierten Verein, der kostenlose Beratung und Gruppenangebote anbietet. Hier arbeiten ehrenamtlich weitere Genesungsbegleiterinnen und -begleiter. Diese müssen selbst einmal an einer psychischen Krankheit gelitten haben, Psychotherapie absolviert haben und Psychopharmaka genommen haben. Dazu gehört auch, dass sie auf dem Weg der Gesundung schon ein gutes Stück vorangekommen sind.

       Was unsere Teammitglieder sich während ihrer eigenen Erkrankung gewünscht hätten, das leisten sie im Peer Center für Betroffene. Wir hier wissen, wie sich beispielsweise eine Depression wirklich anfühlt. Dadurch fühlen sich unsere Besucherinnen und Besucher verstanden. Man ist hier auf Augenhöhe. Allen ist gemein, dass sie persönliche Erfahrungen mitbringen. Die Besucherinnen und Besucher müssen nicht erklären, was sie gerade empfinden. Wir kennen die Probleme. Das haben viele unserer Besucher in der Klinik oder bei ihren Therapeuten vermisst. Einen Menschen, mit dem man ohne Tabus auf Augenhöhe über die eigene Krise reden kann. Einen Menschen, der sagen kann: „Ich habe das auch erlebt. Wenn du willst, begleite ich dich durch diese schwere Zeit.“

      Mittlerweile Seniorin, blüht Schwester Michaela in ihrer neuen Arbeitsstelle auf. Man sieht es ihr an. Wenn sie von ihrer ehrenamtlichen Arbeit redet, strahlt sie über das ganze Gesicht. Die Arbeit macht ihr Freude. In den Jahren ihrer Genesung hat sie gelernt, zu ihren Bedürfnissen zu stehen. Endlich weiß sie, was zu tun ist, wenn sie sich einmal schlecht fühlt. Sie geht auch weiterhin wöchentlich zu ihrer Psychotherapeutin und alle zwei Monate zu ihrer Psychiaterin. Und endlich hat diese Krise etwas Gutes. Schwester Michaela gibt mit Herzblut all das weiter, was sie gelernt hat. Beispielsweise, dass Betroffene niemals sofort ihre Tabletteneinnahme abbrechen sollen, auch wenn es ihnen momentan besser geht. Oder dass sie nach einem Psychiatrieaufenthalt möglicherweise ihren Arbeitsplatz und ihre privaten Lebensumstände ändern müssen.

      Aus meiner Krise habe ich viele Erfahrungen mitgenommen. Als ich gesehen habe, dass ich damit vielen Leuten helfen kann, wollte ich das tun. Das ist wohl das Wesen einer Krankenschwester, da habe ich lebenslänglich bekommen. (Sie lacht laut auf.) Aber ich habe während meiner Genesung gelernt, auch mich selbst zu lieben und meinen Bedürfnissen Platz zu geben. Inzwischen kann ich schon viel besser nein sagen. Ich bin selbstbewusster geworden und mache mir für meine Arbeit jetzt einen genauen Zeitplan. Wenn ich Energie brauche, gehe ich in die Natur, male, stricke, höre Musik oder gehe mit Freundinnen auf ein Eis. Dann fühle ich mich gleich wieder ruhiger, freudiger und stärker. Meine allerwichtigste Erfahrung aus dem Ganzen ist: Dass ich selber erlebt habe, wie man aus einer völlig aussichtlosen Situation, wo der Selbstwert unter null ist, etwas ganz Neues machen kann. Und zwar so, wie man es nie für möglich gehalten hätte. Ich weiß heute, dass diese Krise zum größten Segen meines Lebens geworden ist.

      Weil sie das Wesen einer großen Schwester, einer Krankenschwester noch immer in sich trägt, setzt sich die Lungauerin mit Herz und Seele für das Peer Center ein. Sie berät Besucher, sie hält Wahrnehmungsgruppen, Frühstücks-Gesprächsgruppen und das Team zusammen. Zusätzlich macht die Genesungsbegleiterin Zeitungsredaktionen auf das Center aufmerksam und trommelt, wo sie kann, um Geld. Denn die Fördermittel von Land und Stadt, um Miete, Öffentlichkeitsarbeit und Informationsbroschüren zu bezahlen, sind sehr knapp bemessen. Mit ihrer offenen Art gewinnt die Seniorin immer wieder Förderer. Denen erklärt sie anschaulich, was ihr Team hier macht und redet dabei, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Manchmal muss sie schimpfen. Es ist etwas Rebellisches in ihr zum Vorschein gekommen. Sie weiß, wofür sie kämpft.

      Unlängst habe ich der zuständigen Dame beim Land gesagt: „Wissen Sie, wir arbeiten alle ehrenamtlich und müssen dauernd Anträge schreiben, damit wir annähernd genügend Geld zum Überleben des Peer Centers haben. Wir ersparen ja der Gesellschaft Geld, wenn Leute, die wir beraten, nicht mehr ins Spital müssen.“ Kurz darauf hat sich das Fördergeld leicht erhöht.

      Ganz ohne ist ihr Einsatz nicht. Er kostet viel Zeit und Energie. Bekannte sagen im Spaß, sie habe im Peer Center ihren Zweitwohnsitz. Wenn manchmal die ehrenamtliche Arbeit zu viel wird, macht sie einen Tag Pause. Sie denkt dann: „Heute könnt ihr mich gernhaben.“ Die Schwester kümmert sich immer noch sehr viel um andere. Aber heute sorgt sie endlich auch für sich selbst. Arbeit und Zuhause sind getrennt. Sie schaut auf sich, kennt ihre Bedürfnisse und richtet sich nach ihnen.

      An einem warmen Junimittwoch sitzt Schwester Michaela im gelb gestrichenen Frühstücksraum des Peer Centers. In blauem Shirt und blauer Hose sieht sie sportlicher aus als früher. Für heute ist Schluss mit der Beratungsarbeit. Schwester Michaela trinkt ihre Kaffeetasse leer und räumt ab. Sie geht zu ihrem Fahrrad und radelt in der Abendsonne nach Hause. Sie freut sich auf morgen, da hat sie frei.

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