Название | Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens |
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Автор произведения | Josef Frey |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076483 |
Als ich nach dem Gottesdienst wieder ins Freie trete, traue ich meinen Augen nicht. Die Sonne scheint, und der Himmel strahlt herrlich blau herab. Was doch ein bisschen Beten alles bewirken kann (schmunzel).
Mein Weg führt mich nun zum Ulmer Münster. Es hat mit 161 m den höchsten Kirchturm der Welt. Ein Floh- und Grümpelmarkt lockt heute viele Menschen an, und ich erfreue mich am Würstchenstand an einer Grillwurst im Semmel. Vorbei am wunderbar bemalten Rathaus, der modernen Bibliothek, welche als Glaspyramide die umliegenden Fassaden widerspiegelt, geht es in die herrliche Altstadt zum schiefen Haus an der Blau.
Die Blau entspringt in meiner jetzt neuen Heimat Blaubeuren. Einen Steinwurf von hier entfernt mündet sie in die Donau. Böse Zungen behaupten, die schöne blaue Donau, welche in Wien so besungen wird, erhält hier die nötige Färbung. Es kann natürlich auch andere Gründe haben.
Vorbei am Saumarkt geht es ans Donauufer und dann zwischen Bahngleisen und Duftgarten zur Martin-Luther-Kirche. Hier wird gerade ein Konzert für heute Abend vorbereitet. Die Kirche ist innen mit Holz verkleidet. Es sieht sehr gemütlich aus. Der Pfarrer ist auch Jakobspilger und erzählt mir, dass er es bereits bis Genf geschafft hat. Er wünscht mir alles Gute und „Buen Camino“. Das erste Mal auf meinem Pilgerweg, dass ich diesen Gruß höre.
Die Römerstraße geht es nun 2,5 km hoch zum Kuhberg. So wie Rom auf Hügeln erbaut ist, so liegt Ulm auf vielen Bergen verteilt. Eselsberg, Kuhberg, Michelsberg und Safranberg. Und jeder Berg hat seine eigenen Reize und Geschichten.
Ich gehe am Fort Oberer Kuhberg vorbei. Ursprünglich als Außenfort der Bundesfestung Ulm gebaut, wurden in den Jahren 1933–1935 politische Gegner des NS-Regimes hier inhaftiert. Heute dient es als Freilichtmuseum der früheren Bundesfestung und beherbergt eine KZ-Gedenkstätte.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ein Besuch dieser Gedenkstätte von mir bisweilen noch nicht erfolgt ist.
Hinaus geht es aus der Stadt entlang dem südlichen Rand der Schwäbischen Alb. Bald erblicke ich im Tal bereits Grimmelfingen, mein heutiges Tagesziel mit der St. Jakobskirche. Sehr klein, ohne große Ausschmückung, liegt sie inmitten des Ortes. Aber sie strahlt Geborgenheit und Ruhe aus.
An Grimmelfingen habe ich auch eine ganz persönliche Erinnerung. Lange Jahre machte ich Tanzmusik. Das bedeutet, dass wir sehr oft in den Nächten bei jeder Witterung mit unseren Instrumenten auf dem Heimweg waren. Den einzigen schweren Unfall, den wir dabei hatten, war nach einer Veranstaltung in Grimmelfingen. Dass ich nicht im Unfallwagen gesessen bin, verdanke ich der Tatsache, dass meine Eltern ausgerechnet an diesem Abend anwesend waren und warteten, bis wir unsere gesamte Musikanlage abgebaut und verstaut hatten. Danach nahmen Sie mich gleich mit nach Hause. Wie durch ein Wunder blieb es jedoch überwiegend bei Sachschaden. An diese Nacht muss ich heute traurig, aber auch dankbar wegen des glimpflichen Ausgangs denken.
In der Kirche bewundere ich den Erntedankschmuck, stemple nach einem Dankesgebet mein Credencial mit dem Pilgerstempel und gehe zu meinem Auto.
Erntedank Grimmelfingen
Zufrieden über einen schönen Pilgertag fahre ich heimwärts nach Blaubeuren zu meiner Familie. Ich freue mich schon auf Dienstag, wenn ich zu meiner ersten Mehrtagesetappe starte.
3. Pilgertag, Dienstag, 11.10.2011
Grimmelfingen–Oberdischingen: 16 km, Gesamt: 33 km
Frühmorgens aufstehen, mit dem Zug nach Ulm und dem Stadtbus nach Grimmelfingen zur St. Jakobuskirche, und schon kann ich auf meine heutige Etappe starten.
Bei Sonnenschein wandere ich durch ein schönes Tal. Vorbei an Gärtnereigewächsen und durch einen Wald hinauf in die Höhen der Schwäbischen Alb. Bald erblicke ich schon Einsingen mit seiner schönen Kirche St. Katharina. Weiter durch Wernau gelange ich nach Erbach, wo ich in der evangelischen Pfarrkirche die erste Erntekrone bewundern kann. Es sollen heute noch mehrere solcher Kunstwerke zu besichtigen sein.
Erntekrone Erbach
Ein Genuss für meine Augen ist kurze Zeit später Schloss Erbach mit seiner wunderschönen Barockkirche. Von hier aus habe ich auch einen herrlichen Blick über das Donautal. In Donaurieden mache ich eine Rast, um mich bei Pasta und Mineralwasser zu stärken. Stärkung tut not. Deutlich ist mein Defizit bezüglich meiner sportlichen Kondition zu spüren. Insbesondere, wenn es darum geht, einer länger anhaltenden Belastung standzuhalten.
Wieder über einen Höhenzug geht es meinem heutigen Etappenziel, Oberdischingen, entgegen. Bei herrlichem Sonnenschein komme ich an und erfreue mich am Anblick der klassizistischen Pfarrkirche mit seiner imposanten Kuppel, welche von vier Säulen getragen wird. Es ist ein ungewöhnliches Bauwerk, in unserer Gegend einzigartig.
Leider ist meine Freude mit dem Anblick dieses Prachtbaus bereits gedeckt. Ich bin früher als gedacht in Oberdischingen angekommen und wollte deshalb ein gemütliches Bier in einem Biergarten trinken. Doch leider sind alle Gaststätten geschlossen. Darüber tröstet auch nicht der markante Anblick der historischen Hauptstraße mit der Kastanienallee, welche 1769 für den Brautzug von Marie Antoinette angelegt wurde. Wieder einen ewig langen Berg hoch erreiche ich schon um 15.10 Uhr das Cursillo-Haus St. Jakobus.
Pilgerbrunnen Oberdischingen
Eine kurze Rast am Jakobsbrunnen, an welchem sich auch mein Pilgerpatron von der Mühsal des Tages ausruht, ist sehr angenehm. Erfreut stelle ich jedoch beim Blick hinüber zum Pilgerhaus fest, dass die Türen bereits offen stehen. Und dankenswerterweise kann ich auch gleich mein vorbestelltes Zimmer beziehen.
Vorher trinke ich aber auf einer Bank im kleinen Garten genüsslich ein Glas Bier und melde mich telefonisch zu Hause. Danach führt mich mein Weg zur Wallfahrtskirche nebenan. Ich bewundere die schwarze Madonna. Warum es in Oberdischingen eine schwarze Madonna wie in Altötting gibt, kann mir jedoch niemand erklären.
Mit dem Anzünden einer Kerze genieße ich einige Augenblicke der Ruhe und der Besinnung. Ich bin dankbar für den Augenblick und wunschlos glücklich.
Nach einem ausgedehnten Mittagsschläfchen begebe ich mich in den Speiseraum und nehme mit der Hospitalera das Abendvesper ein. Wir unterhalten uns sehr angenehm. Die Dame ist gerade als Lehrerin in den Ruhestand getreten und versorgt hier im Haus die durchreisenden Pilger. Sie war bereits vom Bodensee bis nach Santiago de Compostela gepilgert und kann mir einige gute Tipps geben. Und einige ihrer Erlebnisse steigern meine Neugier auf meine eigene Pilgerschaft. Ich denke, mir steht da noch einiges bevor. An das Ziel in Santiago de Compostela wage ich noch gar nicht zu denken. Das erscheint mir noch unerreichbar weit entfernt.
Abends nutze ich die Zeit und lese neben diversen Reiseberichten und Jakobusgeschichten Teile aus der Bibel, um mehr über meinen Pilgerpatron zu erfahren. Ich stelle zu meinem Bedauern fest, dass bei diesem Thema deutliche Wissenslücken vorhanden sind.
4. Pilgertag, Mittwoch, 12.10.2011
Oberdischingen–Schemmerberg: 18 km, Gesamt: 51 km
Gut ausgeruht wache ich am nervenden Ton meines Weckers auf. Ein gutes Frühstück gibt mir gleich wieder Kraft für die anstehende Etappe.
Ich erinnere mich noch kurz an das Jahr 2007, als ich mich hier wegen meiner Verletzung abholen lassen musste. Heute gehe ich ausgeruht und fit auf den weiteren Weg. Dieser Gedanke macht mich sehr glücklich.
Es ist noch kühl, aber mit immer mehr Bewegung wird mir ganz schnell warm. Bald überquere ich die Donau, über deren Höhenzüge ich von Oberelchingen bis hier gepilgert bin. Jetzt komme ich auf dem Weg von der Donau Richtung Bodensee durch das vorwiegend ebene Oberschwaben, welches mich dann zum Bodensee führt.
An der Franziskuskirche in Ersingen stelle ich mit Erstaunen fest, dass diese von