Название | Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens |
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Автор произведения | Josef Frey |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076483 |
Wieder durch die Weinberge geht es hinunter in das kleine Städtchen Rolle. Am Strand des Genfersees herrscht ein gar lustiges Treiben. Sonnenbaden, Federballspiel, Duft von gegrilltem Fleisch und Würstchen. Überall fröhliche Stimmen, Singen und Lachen.
Entspannt erblicke ich die Stadtpromenade mit der Anlegestelle der Schiffe. Vorbei an einem Café kommt jemand von der Terrasse auf mich zugerannt und will mich auf einen Kaffee und einen Drink einladen. Ich bedanke mich höflich, ziehe aber die Ruhe auf einer Parkbank vor. Solche Begegnungen sind sehr herzlich, aber wegen der unterschiedlichen Sprachen mitunter auch sehr anstrengend. Und das kann ich jetzt im Moment gerade nicht gebrauchen. Ich genieße einen Apfel und beobachte Spaziergänger, verliebte Paare, geruhsame Rentner und energiegeladene Kinder mit ihren Eltern und Großeltern.
Auch Tamino, der junge Schweizer Pilger, kommt gemütlich an und lässt sich neben einem großen Baum auf der Wiese nieder. Er packt seinen Rucksack aus und richtet sich häuslich ein. Ich glaube, er bereitet schon sein Nachtlager vor.
Schiff, Rolle
Nach kurzer Wartezeit fährt schon mein Schiff an der Anlegestelle ein, und ich freue mich auf eine mehr als zweistündige Schifffahrt über den See ins französische Yvoir, dann zurück ans Schweizer Ufer und weiter nach Genf. In Nyon besteigen zwei Pilgerpaare das Schiff. Sie stammen aus Sand in Franken und sind in Fribourg gestartet, sind also schon einige Tage auf Tour.
Entlang der Vororte und Parkanlagen geht es in das Zentrum von Genf. Schon von Weitem sieht man den berühmten Jet d’eau mit seiner über einhundertvierzig Meter hohen Wasserfontäne. Es ist atemberaubend, mit dem Schiff hier vorbei zur Anlegestelle am Quai Mont-Blanc zu fahren. Vorbei an Nobelhotels wie dem Kempinski oder dem Hotel Beau-Rivage Genève, in dem man leicht mal über 2.000 € für eine Nacht bezahlen darf.
Ich habe heute mal ausnahmsweise auf diese Annehmlichkeiten verzichtet und mir als Pilger standesgemäß im Home St. Pierre bei der Kathedrale ein Bett in der Männerherberge reserviert. Vom Schiff zehn Minuten durch die Altstadt, und schon habe ich mein Domizil erreicht. Ich werde ganz herzlich willkommen geheißen, und mein Bett in der neu renovierten Herberge ist sehr bequem. Wir sind nur zu dritt, so ist es angenehm ruhig.
Jet d’eau
Einen kleinen Abendspaziergang genieße ich im Trubel dieser internationalen Stadt. Am Seeufer gibt es nicht nur Luxushotels, sondern auch unzählige Geschäfte mit Luxusartikel aller bekannten Luxusmarken wie Rolex, Chanel und dergleichen.
Sehr erfreulich ist jedoch, dass ich auf Empfehlung der Herbergsdame eine kleines, charmantes Lokal inmitten der Altstadt finde, in dem ich herrliche Poulardenschlegel mit Kartoffeln Provence und buntem Salat für 15,90 CHF, nach Tageskurs ca. 13,80 €, genießen darf. Und ein gutes Glas Bier haben sie auch noch. Das war ein richtiger Geheimtipp. Danke!
29. Pilgertag, Sonntag, 29.04.2018
Genf–Le Mont Sion: 26 km, Gesamt: 627 km
Muschelzeichen
Sehr früh mache ich mich frisch, packe meinen Rucksack und starte bereits um 7.00 Uhr meine heutige Tagesetappe. Draußen ist es noch frisch, aber vor allem ruhig. Sonntagfrüh um 07.00 Uhr, da ist die Stadt noch wie ausgestorben. Ich finde gleich meinen Weg und folge immer der Muschelmarkierung. Gleich unterhalb der Kathedrale erkenne ich das Haus am Place du Bourg-de-Four, an dem eine Jakobsmuschel alle Pilger grüßt.
Diese Muschel ist in fast allen Reiseführern abgebildet. Ab heute auch in meinem Reisetagebuch verewigt. Es ist immer wieder schön, wenn man auf so einer Pilgerwanderung Orte entdeckt, die man schon daheim aus dem Studium des Reiseführers kennengelernt hat.
Eine offensichtlich unfreiwillig verlassene junge Dame, für die Tageszeit etwas leicht bekleidet und offensichtlich noch etwas leicht alkoholisiert, lässt ihrer Stimmung am Handy lauthals Luft und verdankt ihr Leben eigentlich nur der Tatsache, dass auf den Kreuzungen entweder gar kein Auto kommt und wenn doch, dass die Fahrer ausgeschlafen sind und auch bei Grün anhalten, weil die Dame bei Rot heulend und lauthals ins Handy flehend, bittend und schimpfend dahinschreitet.
Ich komme jetzt auch durch Gassen und Straßen, in denen ich mich ehrlich gesagt bei Nacht nicht wohlfühlen würde, gelinde gesagt …
Nachdem ich aber die Brücke von einem Zufluss der Rhône überquert habe, erreiche ich den malerischen Vorort Carouge. Hier ist es wieder gemütlich. Ich fühle mich wie in Grinzing in Wien. Schöne kleine bunte Häuser, eine Straßenbahn, und dann erblicke ich eine Bäckerei mit einer kleinen Terrasse. Ich freue mich schon auf eine Tasse Kaffee. Die hat es in der Herberge leider nicht gegeben. Dafür genieße ich sie jetzt in der wärmenden Sonne umso mehr.
Ich halte mich aber nicht allzu lange auf und folge weiter den Muschelzeichen. Ich bin überrascht, wie zuverlässig durch so eine große Stadt die Beschilderung des Jakobsweges erfolgt. Es geht weiter durch Vororte, und urplötzlich bin ich an einem Bach und gehe durch unberührte Natur, fernab von jeglichem Straßenlärm und Häuserschluchten.
Bald erreiche ich Compesières mit seiner großen Kirche, der ehemaligen Johanniterkomturei. An einer Kreuzung komme ich zu einer Metallkiste, aus der könnte ich den letzten Stempel der Schweiz bekommen, es ist aber der gleiche wie in der Kirche. Danach kommt ein unscheinbarer kleiner Bach mit einer kleinen Brücke. Er bildet die Grenze von der Schweiz nach Frankreich. Über den Bach überquere ich die EU-Außengrenze! Ade, Schweiz!
Ade, Schweiz
Impressionen Schweiz
Kloster Einsiedeln
Genfersee
Blick auf den Sarnersee
Vatertagspanorama
Frankreich
Via Gebennensis Genf–Le Puy
Feldkreuz
France
Chanaz
… ein kleiner Schritt über den Bach, ein großer Schritt zurück in die EU. Ich kann wieder gewohnt mit Euro bezahlen, beim Telefonieren hab ich keine teuren Zusatzkosten mehr. Vieles ist einfacher …
In Frankreich habe ich jetzt ca. 1200 km zu gehen, bis ich über die Pyrenäen Spanien erreiche. Aber jetzt freue ich mich erst einmal auf viele hoffentlich schöne Tage in Frankreich. Hier fühle ich mich immer sehr wohl. Die Menschen, die Lebensart, das Land mit seinen vielfältigen Kulturen. Nicht zuletzt der schöne Klang der französischen Sprache – ein Erlebnis für meine Ohren.
Leider kann ich