Null. Gine Cornelia Pedersen

Читать онлайн.
Название Null
Автор произведения Gine Cornelia Pedersen
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903081918



Скачать книгу

finde es widerlich und kotze ins Waschbecken

      Der Mann singt

      Er singt richtig dreckiges Zeug

      Er benutzt Wörter, von denen ich nicht einmal gewusst habe, dass alte Leute sie kennen

      Es ist völlig absurd

      Die Scheiße sickert nur so aus seinem Arsch

      Es hört nicht auf

      Bei der Übergabe sage ich, er hört einfach nicht auf zu scheißen und will nicht einsehen, dass Scheiße nichts ist, was man essen oder überall hinschmieren sollte

      Sie sagen, darüber sind sie informiert und er wird es nie lernen

      Jeden Morgen muss ich das tun

      Jeden Morgen muss ich an einen Ort, wo die Leute darauf warten, dass sie sterben

      Ich fange in einem Kindergarten an

      Wir müssen spazieren gehen, auch wenn es scheißkalt ist

      Ich friere und habe vor allem Lust, selbst in so einem Wagen zu sitzen

      Ich stelle fest, dass ich sauer auf die Kinder werde, die einfach nur rumliegen und es gemütlich haben, gefüttert werden und in warme Decken eingepackt sind

      Ich will das auch

      Ich will auch schlafen

      Mir ist dieser ganze Scheiß hier zu blöd

      Ich kündige Ich finde einen Job in einem hippen Klamottenladen

      Alle hier haben denselben Kleidungsstil

      Sie sehen aus wie eine Mischung aus Punks und BWL-Studenten

      Ich habe einfach irgendwas an

      Die Chefin sagt, dass ich etwas aus dem Laden tragen muss

      Ich antworte, dass im Vertrag nichts über Uniformierung steht

      Sie lacht, findet es lustig

      Sucht eine Levi’s-Hose heraus und ein T-Shirt, auf dem steht: Dare to be different, Diesel gives you the fuel to break out, eine idiotische Mütze und einen Palästinenserschal

      Ich sehe fürchterlich aus, kriege einen Kloß im Hals, als ich mich selbst im Spiegel sehe

      Wenn Kunden in den Laden kommen, sagt sie: „Hey hey, wie geht’ s?“

      Es ist total peinlich, ich werfe den Kunden entschuldigende Blicke zu

      Sie schaut mich an und meint, jetzt bin ich dran, jetzt soll ich Hallo sagen

      „Hallo“, sage ich

      Sie wirkt enttäuscht

      Sagt, wenn ich so zugeknöpft bin, dann ist es sinnlos

      Als ich nach Hause komme, weine ich

      Ich will kündigen

      Meine Freundin meint, dass es nur am Anfang so ist und dass ich mich daran gewöhnen werde

      Ich sage, es fühlt sich so an, als würde ich mich prostituieren

      Am Freitag gibt es eine Teamparty

      Sie haben einen Club gemietet

      Einen kleinen Keller in der Karl Johans Gate

      Da ist ein Typ von einer Radioshow, die live übertragen wird

      Ein anderer Typ schlägt mit einem Fisch auf ihn ein

      Ich verstehe gar nichts

      Alle lachen und stupsen mich an

      Es sind viele Schweden da

      „Geil“, sagen sie, „sick.“

      Ich tue so, als würde ich ebenfalls lachen, nicke und lächle und renke mir dabei fast den Kiefer aus

      Aber so soll es doch nicht sein

      Warum kann ich nicht über das Fischdings lachen?

      Warum kann ich nicht einfach mit einem Bier in irgendeiner Ecke stehen und cool sein, so wie ich mir das vorgestellt habe?

      Ich weine auf dem Klo

      Sehe mich im Spiegel

      Es fühlt sich an, als sähe ich irgendjemand anderen

      Ich kündige

      Ich tue nichts

      Schaue jeden Tag Oprah und Dr. Phil

      Lebe von Sozialgeld

      Ich bin beim Arzt gewesen und habe Tabletten bekommen

      Ich bin ganz leer

      Die Tabletten helfen nicht

      Ich gehe wieder zum Arzt

      Er überweist mich an eine psychiatrische Polyklinik

      Meine Therapeutin ist eine Sozialarbeiterin, die ein paar Kurse in kognitiver Gesprächstherapie belegt hat

      Sie ist sehr unsicher

      Schaut mir nicht in die Augen

      Fragt mich, was mir fehlt, warum ich jemanden zum Reden brauche

      Ich sage, dass ich jede Minute, die ich wach bin, ans Sterben denke, dass ich nachts davon träume

      Dass ich mich selbst hasse und die meisten anderen Menschen auf der Welt verachte

      Sie sagt, das hört sich schlimm an

      Ich sage, das ist es auch, dass mir aber niemand helfen kann, auch sie nicht

      Sie sagt, das werden wir sehen

      Sie zeichnet Unmengen von Kreisen und Strichen auf eine Overheadfolie

      Erklärt mir, dass man Gedankenmuster ändern kann

      Ich beschließe, sie aus dem Konzept zu bringen

      Starre sie an

      Stelle ihr kritische Fragen, damit sie ins Stottern gerät

      Sie stottert

      Ich sage, dass ich jetzt losmuss, und gehe, bevor die Stunde um ist

      Ich möchte nicht sterben

      Ich träume, dass ich in meinem eigenen Blut bade und mir die Haut mit einem stumpfen Messer vom Körper kratze

      Wenn ich nur irgendetwas ganz durchziehen könnte, aber ich bin feige und habe Angst

      Vielleicht wenn ich Krebs kriegen würde, aber das ist leichter gesagt als getan

      Ich trete, ohne links und rechts zu schauen, auf die Straße und rauche so viel ich kann

      Nach dem Abendessen schlucke ich die dreifache Dosis von meinen Hirntabletten

      Mein Körper ist auf einmal komplett gelähmt

      Ich rufe den Notarzt

      Die Frau am Telefon sagt, es wird nicht mehr passieren, als dass mein Körper für ein paar Stunden gelähmt bleibt, aber dass ich nicht sterben werde

      Ich fange an zu weinen

      Jetzt kann ich nicht mal fernsehen

      Nächstes Mal springe ich, denke ich

      Ich stelle mir die Leute vor, die mich finden

      Meine zertrümmerten Arme und Beine

      Das Trauma, das ich ihnen für den Rest ihres Lebens zufüge

      Ich schlafe ein

      Als ich aufwache, ist Weihnachten

      Opa sagt, ich soll nicht so viele Rippchen essen

      Ich frage ihn, was er damit sagen will

      Er sagt, dass ich ganz schön auseinandergegangen bin

      Ich sage, er ist selber auseinandergegangen, und laufe aufs Klo und weine

      Die