Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder

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Название Die Sterne in uns
Автор произведения Jan Corvin Schneyder
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783968140131



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sah die anderen an. Ich konnte nicht sehen, mit welchem Gesichtsausdruck sie das tat.

      »Warum sind Sie nicht auf einem Schiff, Stalev Woodman?«

      »Zu viel Bewegung, Patronus«, antwortete ich.

      Das war sicher eine arg verkürzte Argumentation, aber warum fragten die auch ausgerechnet jetzt danach?

       Überlegt ihr, ob ihr mir vertrauen könnt? Worum geht’s? Seid ihr doch nicht die Bösen hier?

      Commodore Dangler schickte den für mich noch immer namenlosen Stalord und die Reiseleiterin, oder was auch immer sie war, weg.

      Dangler sah den beiden nach und lächelte mich dann erstmals dezent an.

      »Schlecht verkleideter Geheimdienst«, sagte sie. »Nicht direkt Teil der Squadronica. Politisches Instrument.«

      Ich nickte, fand es aber bedenklich, dass politische Geheimdienste Menschen in Stalord-Uniformen steckten. Ach was bedenklich! Es war zum Kotzen!

      »Verstehe. Finde ich nicht gut, wenn jemand Abzeichen trägt, die ihm nicht zustehen.«

      Sie nickte.

      »Gehen wir ein paar Schritte, und zwar weg von diesem Schrotthaufen, bitte? Schade um die Ressourcen.«

      Ich war sehr einverstanden.

      Sie hatte diese blonde Haarfarbe älterer Frauen, die mich immer unsicher zurückließ, ob es die Reste von naturblonder oder bereits künstlicher Farbe waren. Sagen wir, die Haarfarbe heißt altblond. Nicht despektierlich gemeint.

      »Wir vermuten ein Hacker-Netzwerk von Pazifisten dahinter«, sagte Dangler. »Und wir wollen es von Anfang an entsprechend gründlich wieder entfernt wissen. Deswegen nehmen wir weltweit alle, die direkt oder indirekt beteiligt waren, erst einmal fest. Ebenso bekommen all diejenigen Probleme, die diese Anschlagsserie eventuell gedeckt haben oder aus Sorglosigkeit oder Sympathie nicht verhindern konnten oder wollten.«

      Ich verzog vorsorglich keine Miene. So ganz sicher, dass sie mich nicht doch noch einsperren wollte, war ich nicht. Also guckte ich schlau und nickte vor mich hin.

      »Sie sind doch loyal und systemtreu, Woodman. Das haben sie selbst angedeutet.«

      Ich nickte, auch wenn ich das Wort systemtreu seltsam fand. Es klang, als klammere man sich an etwas, das nicht gut war.

      »Solange das System unserer Verfassung entspricht, ja. Wenn das System faschistisch wird, trete ich dagegen ein. Kann ich aktuell aber nicht erkennen«, sagte ich. »Wieso eigentlich Pazifisten? Gerade jetzt.«

      Dangler zuckte mit den Achseln. Es sah nach vielfach einstudierter Geste aus.

      »Was falsch daran sein soll, die Erde durch die Aufrüstung von Orbitalgeschützsystemen wehrhafter zu machen, erschließt sich uns nach den Ereignissen der vergangenen Jahre nicht. Aber sie kennen ja diese Pazifisten und Kommunisten.«

      »Nein«, sagte ich, vielleicht etwas zu forsch. »Also ich kenne schon welche, ich werfe die aber nicht alle in einen Topf. Pazifismus oder Kommunismus sind nur schlecht, wenn man sie rücksichtslos gegen den Willen der Mehrheit umzusetzen gedenkt.«

      Das missfiel ihr, wie ich ihren Mundwinkeln ansah, aber das war mir egal. Wenn sie schon offen mit mir sprach, sollte sie dabei nicht billig nach Zustimmung fischen. Ich war politisch nicht klar in irgendeinem Lager, aber ideologische Gruppen pauschal abzuwerten, klang nicht gut, nur nach Schublade. Wobei ich mir bewusst war, dass ich das mit Faschisten ebenso handhabte.

      Dangler sah mich eine Zeit lang forschend an. Das sollte dieser Blick sein, der einen innerlich aufhorchen lässt und gedanklich mitnimmt. Ich blieb skeptisch, kannte beeindruckendere Anführer und Blicke als diese. Mein Gesicht hingegen sah, so hoffte ich, nur nicht so dumm abwartend aus wie das vieler Männer. Sorry, Jungs! Meine Skepsis ließ ich darin zumindest nicht aufleuchten.

      »Woodman, egal wie viele Leute wir einsperren und wie sehr sich der Geheimdienst da reinhängt, ich befürchte, wir werden nicht herausfinden, was wirklich dahintersteckt, wenn wir es nicht von innen angehen. Also wirklich von innen. Ohne künstliche Einschleusung und ohne Geheimdienst.«

      Ich vermutete, dass sich da gerade eine Chance für mich ergeben könnte, daher schwieg ich nicht länger.

      »Gut, gern, ich werde sehen, was ich rausfinden kann, aber ich möchte zuerst meine Basis wieder übernehmen. Irgendetwas stimmt dort nicht und aktuell dürfte Jill Bekker …«

      Dangler hob die Hand, was mich schweigen ließ. Sie drehte sich um und tippte etwas in ihr CommandCom. Vermutlich den Namen Jill Bekker.

      Dann drehte sie sich mit undeutbarer Miene wieder zu mir um.

      »Jill Bekker befindet sich bereits in unserem Gewahrsam. Sie hat einen gewissen Torgan ermordet.«

      Mir wurde heiß und kalt. Mit Verrat und Lügen rechnete ich ja schon, aber damit?

      Ich glaube es nicht. Also im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht mal aus Versehen. Ich glaube es nicht. Ich kenne Jill zumindest gut genug, um ihr einen Mord nicht zuzutrauen.

      Commodore Dangler wartete auf meine Zustimmung, auf meine Bereitschaft, in ihrem Plan ein Rädchen zu sein. Es war meine Chance, frei zu bleiben und dem auf den Grund zu gehen, was in meiner Basis vorgefallen war. So irrsinnig heikel das auch alles war.

      »Gut!«, hörte ich mich sagen.

      Weder Lennox´ Tod noch Jills Gefangennahme waren in irgendeiner Weise gut. Jensens Verrat auch nicht.

      »Haben Sie Jensen?«

      »Nein«, sagte sie, und zwar ohne den Namen eingeben zu müssen. Er war vermutlich gleich mit überprüft worden.

      »Sie sollten ihn aber kriegen. Er hat mich kurz vor der Explosion noch kontaktiert. Im Gleiter. Über abgeriegelten Kanal. Den finden Sie schon noch.«

      Sie nickte es, beinahe gelangweilt, weg.

      »Wir haben bislang vermutlich kaum bedeutsame Täter erwischt. Gehen Sie in ihre Basis zurück, Woodman. Die ersten schnellen Aktionen des Geheimdienstes und des Squadronica Commands werden in etwa vierundzwanzig Stunden abgeschlossen sein und relativ geringe, spürbare Nachwirkungen verursachen. Die meisten Geschütze sind übrigens nicht explodiert, sondern nur offline. Die Nachrichten übertreiben. Komponenten wurden beschädigt, Leitungen sind geschmolzen, Software wurde zerstört. Die Aufräumarbeiten beginnen unverzüglich. Auch ihre Geschütze sind nicht alle ein glühendes Loch im Boden. Galway und Belfast hat es am heftigsten getroffen, aber Cork und Dublin, ebenso wie Cardiff sind noch ganz okay. England und Island müssen Sie sich im Detail ansehen, da bin ich nicht auf dem neuesten Stand.«

      Ich nahm alles hin und nickte, nickte und nickte. Das war viel Information auf einmal. Einige dieser Geschütze waren erst in den letzten Monaten fertiggestellt geworden, und jetzt waren sie schon wieder im Eimer. Das versprach sehr viel frustrierende Arbeit.

      »Sie werden also ein wenig Ihren Job machen, Woodman, aber Sie werden vor allem mir und anderen aus dem Command berichten, was sie darüber hinaus herausfinden können. Nur uns und nur Commodores! Sie werden keinem Stalord oder Geheimdienstler etwas sagen. Um Geheimdienstler zu entlarven, müssen Sie nur …«

      Ich winkte so höflich wie möglich ab. Ich war kein Crewie-Beginner auf der Training Fortress mehr. Ich hatte Stalev-Autorisation und konnte die Rechtmäßigkeit von Rängen abfragen, bevor ich Befehle befolgte. Ein Stalord, der sich als Stalord bezeichnete, musste auch vor dem System Bestand haben, bevor ich wirklich wichtige Dinge für ihn ausführte, mich nackt auszog oder was auch immer. Wobei das mit dem Ausziehen kein üblicher Befehl war. Den hätte ich bis vors Kriegsgericht verweigert.

      Ich nickte wieder.

      »Gut, Commodore Dangler. Ich werde aber nicht nur bei mir ermitteln, damit das klar ist. In meinem engen Bereich werde ich vermutlich nicht die Keimzelle finden. Ich werde auch in andere Bereiche oder Teams hinein ermitteln müssen. Und falls die Geheimdienste doch etwas Hilfreiches herausfinden, würde ich die Infos gern gesteckt bekommen.«