Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast

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Название Tatort Bodensee
Автор произведения Eva-Maria Bast
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994845



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hochwehte, das war es, was das Herz des Kriminalisten höherschlagen ließ! »Wie geschaffen für ein Verbrechen!« rief Protnik begeistert aus, während Horst aufseufzend die Augen zum Himmel richtete: Sein Kollege war und blieb nun einmal ein kulturloser Geselle, an dem war Hopfen und Malz hoffnungslos verloren!

      »Also, Michael«, begann Horst, nachdem sie eine Zeit lang jeder für sich ihren Gedanken nachhängend stumm am Tisch gesessen hatten. »Ich habe mir die ganze Geschichte noch mal hin und her überlegt: Das war kein Selbstmord – in hundert Jahren nicht! Und Susanne, also seine Frau«, fügte er rasch hinzu, als er den fragenden Blick seines Kollegen auffing, »Susanne war’s auch nicht. Die haben sich zwar ganz und gar auseinandergelebt und wollten sich sogar scheiden lassen, aber Susanne und Mord?! Nein – nie und nimmer. Außerdem waren sie sich längst einig über das Auseinandergehen. Dann der Psychopath von Nachbar. Gut, bei solchen Typen weiß man nie, wenn die vollends durchknallen, aber trotzdem! Der hat doch erstens Horst das Disziplinarverfahren und die Anzeige angehängt, und zweitens glaube ich auch nicht, dass der so clever ist, um auf die Idee mit dem Sauerstoff zu kommen! Nein, da muss noch ein anderer, ein absoluter Insider im Spiel sein!«

      Protnik brütete dumpf über seinem Weinglas. »Aber wer? Wie um alles in der Welt sollen wir das denn rauskriegen?«

      »Na, komm schon, da haben wir doch schon ganz andere Dinger geknackt, denk doch nur an den angeblichen Selbstmord damals in …« Horst wurde vom Klingeln seines Handys unterbrochen. Gereizt starrte er das Telefon an. »Was ist denn jetzt schon wieder? Man hat einfach keine Ruhe mehr, seit es diese Scheißdinger gibt! Überall und jederzeit erreichbar sein! Furchtbar!« Beständig klingelte das Handy weiter.

      »Dann nimm halt ganz einfach nicht ab – irgendwann hört’s ja auch wieder auf«, knurrte Protnik, dem die Aversionen seines Kollegen gegen den technischen Fortschritt manchmal ein Rätsel waren.

      »Quatsch!«, erwiderte Horst und bellte ein ärgerliches »Meyer!« in das Mikrofon. Nur wenige Augenblicke später musste Protnik eine merkwürdige Veränderung in Horsts Mienenspiel erleben. So also sah einer aus, dem gerade eben die Gesichtszüge entgleisten!

      »Ja, schon, Herr Steiner! Nein, natürlich nicht, Herr Steiner! Ich denke nicht daran, selbstverständlich weiß ich, dass das nicht unser Gebiet ist! Nein, klar habe ich verstanden. Nein, ich ermittle nicht auf eigenes Risiko. Und mein Kollege«, erstaunt sah er Protnik an, »nein, mein Kollege auch nicht! Wir haben ja auch beide Urlaub, da ist schon deshalb gar nicht dran zu denken … ja, doch, alles klar, geht in Ordnung! Danke, ja! Hallo … aufgelegt, der hat schon aufgelegt!« Wütend drückte er auf den roten Knopf und feuerte das Handy in die Ecke. »Wiederhören!«

      Verwundert betrachtete Protnik das merkwürdige Schau­spiel. »Was um alles in der Welt ist denn in dich gefahren? Und wer war das denn überhaupt?«

      Horst schnaubte wütend. »Das errätst du in hundert Jahren nicht, wer da gerade angerufen hat!«

      »Ja, wie denn auch? Ich bin schließlich kein Hellseher!« Missmutig musterte Protnik sein Gegenüber. »Also Rätsel haben wir auch so genug, da brauche ich nicht noch zusätzlich eines an der Backe!«

      Beschwichtigend hob Horst die Hand. »Hast ja recht! Aber trotzdem: Das ist jetzt wirklich der Gipfel! Weißt du, wer das war?«

      »Nein!!! Weiß ich nicht!!!«

      »Das war der Steiner! Der Steiner höchstpersönlich!« Horst schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die vor ihnen stehenden Gläser hüpften und die Weinflasche für einen Augenblick bedenklich wackelte.

      Protnik glotzte ihn verständnislos an. »Steiner … welcher Steiner denn?«

      »Na, mein Chef natürlich. Und zwar der Oberboss! Der Steiner von der Polizeidirektion Heilbronn, der Oberrat! Persönlich!«

      Jetzt war es Protnik, der seinerseits mit einem Fausthieb auf den Tisch die Gläser tanzen ließ: »Das gibt’s doch nicht! Sag bloß, der weiß schon alles …«

      Horst nickte: »Na ja, was auch immer ›alles‹ ist! Aber auf jeden Fall haben ihn die Typen aus Konstanz informiert: über den Unfall, über das Krankenhaus und darü­ber, dass ich nun auf eigene Faust Ermittlungen anstellen wollte!«

      Protnik schnaubte: »Was ist das denn für eine Schweinerei?!«

      »Wart’s ab, es kommt noch besser!« Horst nahm einen Schluck Rotwein zu sich, bevor er weitersprach. »Ich sei aus dem Krankenhaus getürmt wie ein flüchtiger Schwerverbrecher, das hat er auch schon gewusst! Und dann, das Allerschärfste: Der Konstanzer Landrat habe ihm mitteilen lassen, dass er stinksauer sei, wenn er noch einmal irgendetwas von mir hören würde! Dass er sich dann beim Innenminister persönlich über mich und über die Heilbronner Polizei beschweren und das dann wiederum heftige Konsequenzen für mich nach sich ziehen würde …«

      Wieder ein Hieb auf den Tisch, der die Empörung ausdrückte, die von Protnik inzwischen völlig Besitz ergriffen hatte. »Aber das ist ja unglaublich! Was hast du denn bisher Schlimmes getan? Und was hat denn dieser Landrat da rumzumachen, das ist ja das Allerletzte!«

      Horst nickte nachdenklich. »Das muss dieser Bär sein! Von dem hat schon der Professor im Krankenhaus gesprochen. Ja, richtig! Da hab ich noch nachgefragt, was der denn will, wo doch Überlingen zum Bodenseekreis gehört und nicht zu Konstanz. Und da ist der mir ganz kurz und heftig mal über den Mund gefahren! Dieser Landrat, das scheint so einer von der Sorte zu sein, die überall die Finger drin haben! Ach ja, und noch was: Ich solle ja Abstand von der Presse halten!«

      Protnik verzog säuerlich den Mund. »Klar, das sagen sie sowieso immer, nur damit sie auch irgendwas zu sagen haben!«

      Doch Horst wehrte ab. »Nein, nein! Ich glaube, da ist mehr dran! Der hat sofort in diesem Zusammenhang das Stichwort ›Seekurier‹ von sich gegeben, als wenn er mitbekommen hätte, wie wir mit dem Winter gesprochen haben!«

      »Unmöglich! Das glaube ich aber jetzt wirklich nicht! Die können uns doch nicht bespitzelt haben! Was auch immer das für Typen sind, das sind doch Kollegen, Polizisten wie wir beide auch! Nein«, Protnik schüttelte energisch den Kopf, »da hat der einfach so im Nebel herumgestochert und den ›Seekurier‹ halt als Beispiel für die Presse im Allgemeinen genommen … Mehr kann an dieser Sache beim besten Willen nicht sein!«

      Horst war nach wie vor skeptisch. »Hoffentlich hast du recht! Ist ja schließlich keine schöne Vorstellung, von den eigenen Kollegen bespitzelt zu werden! Aber wie auch immer: Ich denke, ich muss jetzt wirklich vorsichtig sein. Denn sonst bricht’s über mich noch dicker herein, als das eh schon der Fall ist! Protnik«, und damit blickte er seinen alten Freund unbeiirt an, »jetzt musst du mehr im Vordergrund die Initiative ergreifen!«

      Bevor der so Angesprochene zu einer Erwiderung ansetzen konnte, wurde die Tür der Burgschenke geöffnet und der Herbergsvater trat ein. In der Hand hielt er einen kleinen Notizzettel. »Tut mir leid, dass ich euch störe, aber da ist grade ein Anruf gekommen.« Dabei richtete er sich an Protnik. »Der Anruf war für Sie, Herr Protnik. Da war einer namens Krauter am Telefon. Den sollen Sie möglichst rasch zurückrufen – zu Hause. Ich hab Ihnen hier die Nummer aufgeschrieben!« Damit legte er den Zettel vor dem völlig entgeistert aufblickenden Protnik auf den Tisch.

      »Das gibt’s nicht!«, stammelte der und schüttelte fassungslos den Kopf. »Horst, du weißt wer das ist, oder?«

      Auch Horst war verblüfft und nickte langsam. »Natürlich: Das war jetzt dein Chef bei der Polizeidirektion in Ulm! Und dreimal darfst du raten, was der von dir will und wer mit ihm gesprochen hat!«

      Gegen Mittag des darauffolgenden Tages verabschiedeten sich Horst und Protnik vom Herbergsvater auf dem Wildenstein. »Das war ja ein Blitzbesuch, das hat sich fast gar nicht gelohnt«, schüttelte der verständnislos den Kopf. »Und gestern Abend war mit euch beiden ja auch nichts mehr anzufangen! Ich glaube, hinter euch beiden ist der Teufel her«, setzte er lächelnd noch hinzu.

      »Damit kannst du recht haben«, nickte Horst, dem der Frust über die gestrigen Telefonate immer noch in den Knochen