Название | Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik |
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Автор произведения | Michael Bohnet |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846351383 |
Später erkannte WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen jedoch, dass die Politik, die Entwicklungshilfe als Instrument der Wirtschaftspolitik einzusetzen, falsch war: „Deshalb habe ich bei meiner Bitte um Verständnis für die deutsche Entwicklungspolitik die wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik viel zu stark in den Vordergrund gestellt. Ich glaubte, mit dieser Methode Menschen leichter gewinnen zu können. Doch dieser Weg war falsch. Heute weiß ich, dass die verantwortlichen Politiker in den reichen Industrieländern ihren Bürgerinnen und Bürgern ehrlich sagen müssen, dass wirkliche Opfer gebracht werden müssen, um diese vielleicht größte Aufgabe zu erfüllen. Heute sind sich verantwortungsbewusste Politiker darüber einig, dass die Lösung von drei Weltproblemen über den weiteren Fortbestand dieser Erde entscheidet:
Die Schaffung und Erhaltung des Friedens in allen Teilen dieser Welt.
Die Erhaltung und Wiederherstellung von Natur und Umwelt auf dem Lande, im Wasser und in der Luft, in allen Regionen der Erde.
Der Abbau des nahezu unmenschlichen Gefälles zwischen den reichen Ländern im Norden und den armen Ländern im Süden unserer Welt.“9
WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen erkannte früh die Bedeutung des BevölkerungswachstumBevölkerungswachstums. So schrieb er 1968:
„Vom Jahr 2000 trennen die Menschheit nur noch 32 Jahre. In diesem kurzen Zeitraum wird sich die Bevölkerung der Erde von heute 3,4 Mrd. Menschen auf mehr als 6 Mrd. verdoppeln.“10 Deshalb hatte sich das BMZ entschlossen, Programme der Bevölkerungspolitik in Entwicklungsländern zu unterstützen. „Der besonderen Verantwortung, die bei jeder Mitwirkung an bevölkerungspolitischen Programmen übernommen wird, sind wir uns ebenso bewusst, wie der Problematik solcher Programme: Missbräuche und negative Nebenwirkungen bei Maßnahmen der Familienplanung können nur vermieden werden, wenn die Programme in eine fundierte Bevölkerungspolitik eingebettet werden, die auf breiten soziologischen und ethnologischen Untersuchungen basiert.“11 Eine Unterstützung der Familienplanung war in den 1960er-Jahren mutig. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen wählte klare Worte: „Obwohl vor kurzem das Oberhaupt der katholischen Kirche in der Enzyklika ‚Humanae vitae‘ den Gebrauch antikonzeptioneller Mittel untersagt hatte, müssen wir weiterhin die Überzeugung vertreten, dass die Geburtenregelung in den Entwicklungsländern unumgänglich ist.“12
Eine große Bedeutung hatte eine von WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen eingerichtete PlanungsgruppePlanungsgruppe, wie überhaupt das BMZ einen hohen Anteil von Planern, Beratern und Gutachtern beschäftigte.13
WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen bemühte sich um eine Effizienzsteigerung der Entwicklungspolitik und forcierte die Projektevaluierung. Alle laufenden Projekte wurden überprüft (sog. DurchforstungsaktionDurchforstungsaktion), Schwerpunktsetzungen erarbeitet und Methoden der ProjektevaluierungProjektevaluierung entwickelt. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Die Überprüfung der Projekte war notwendig, um die Ausgabe von Haushaltsmitteln weit von der Bundesrepublik entfernt, irgendwo im Busch, mit den Richtlinien der Reichshaushaltsordnung in Einklang zu bringen.“14
WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen BMZ war noch sehr schmalbrüstig, denn die Mittel der Kapitalhilfe waren noch im Haushalt des Wirtschaftsministeriums untergebracht. Natürlich musste es Aufgabe des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit sein, diesen wichtigen Betrag in den Haushalt des eigenen Ministeriums zu übernehmen. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Wirtschaftsminister Karl SchillerSchiller, Karl war ein brillanter Mann, aber auch ein Zuständigkeitsfetischist. Ich hatte mit ihm harte Auseinandersetzungen in dieser Frage und habe mein Ziel auch nicht erreichen können. Erst meinem Nachfolger Erhard EpplerEppler, Erhard ist es gelungen, die Zuständigkeit für die Kapitalhilfe im BMZ zu verankern.“15 WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen Entwicklungspolitik hat dennoch einige wenige Marksteine gesetzt: seine Betonung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker, sein Beharren auf den exportfördernden Wirkungen der Entwicklungshilfe (die er allerdings später revidierte), die Initiierung der Familienplanung als Instrument der Entwicklungspolitik und die Einführung der Projektevaluierung.
„WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen hat Entwicklungspolitik zu einem Thema gemacht, an dem niemand mehr vorbeikam. Nicht so sehr deshalb, weil er ursprünglich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine Exportnation wie die deutsche ein Interesse daran hat, dass anderswo die Menschen etwas kaufen können. Es war seine Persönlichkeit, seine Vitalität und seine Vergangenheit (seine frühe Unterstützung der algerischen Unabhängigkeit). So stand der Name „Ben Wisch“ für die persönliche Beziehung zu den Menschen, um deren Zukunft es bei der Entwicklungspolitik ging.“16
❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf, Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut, Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard
Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf
Mitarbeiter des BMZ 1963–1998, Persönlicher Referent der Bundesminister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen und Dr. Erhard EpplerEppler, Erhard, Leiter der Abteilung Multilaterale Zusammenarbeit und Sektorpolitik. 1998–2006 Berater der Regierungen in Albanien, Kosovo und Georgien zu Fragen der Annäherung an die EU.
Der Gerechte
Am beeindruckendsten war an Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen sein Sinn für Gerechtigkeit, seine Empathie, sein Sich-Kümmern um den Mitmenschen und seine absolute Loyalität gegenüber seinen Mitarbeitern. In der täglichen engen Zusammenarbeit passieren auch in der engsten Umgebung des Ministers Pannen, die sofort nach außen getragen werden. Diese werden von ihm intern unaufgeregt kritisiert, nach außen stellt sich der Minister immer vor seine Leute. Darauf kann man sich verlassen. Auf längeren Fahrten mit dem Dienstwagen sitzt immer sein Fahrer beim Essen auf Ministerkosten mit am Tisch, auch bei vertraulichen Gesprächen.
Ein Besuch in Teheran, 1968: Das offizielle Tagesprogramm ist abgearbeitet. Für den freien Abend hat WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen die beiden uns ständig begleitenden iranischen Motorrad-Polizisten zum Essen eingeladen. Nach einer wilden Fahrt mit viel Blaulicht und Gehupe auf der linken Fahrspur durch Teheran fehlt beim Restaurant einer der beiden Polizisten. Bei Nachfrage stellt sich heraus, dass dieser einen wegen unserer Fahrweise zu Recht protestierenden Iraner schnurstracks deswegen ins Gefängnis gebracht hat. Dort sollte er erst mal bleiben. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen fordert dessen sofortige Freilassung und verschiebt das Essen solange, bis der Mann in Freiheit und der zweite Polizist wieder aufgetaucht ist.
Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut
Leiter der Planungsgruppe