Название | Medienrezeptionsforschung |
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Автор произведения | Helena Bilandzic |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846340035 |
Übungsaufgaben
1 Definieren und finden Sie Beispiele für die zentralen Konstrukte der Rezeptionsforschung Verarbeitung und Erleben.
2 Was ist am Konzept des Publikums problematisch? Inwiefern bringt die Fokussierung auf die Tätigkeit des Publikums (Audiencing) mehr Präzision?
3 Medienkonvergenz hat weitreichende Auswirkungen auf die Nutzung. Welche Auswirkungen kann Medienkonvergenz auf Intensität und Beschaffenheit der Rezeption haben?
Zum Weiterlesen
Bratich, J. Z. (2005). Amassing the multitude: Revisiting early audience studies. Communication Theory, 15(3), 242–265.
Der Aufsatz präsentiert eine historische Betrachtung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Publika und liefert eine äußerst interessante kritische Analyse von Perspektiven, die hinter frühen Diskursen zum Publikum stecken – empfehlenswert für eingefleischte empirisch-analytische Denker zur Erweiterung der Perspektive.
Ridell, S. (2012). Mode of action perspective to engagements with social media: Articulating activities on the public platforms of Wikipedia and YouTube. In H. Bilandzic, G. Patriarche & P. Traudt (Hrsg.), The social use of media. Cultural and social scientific perspectives on audience research (S. 19–35). Bristol: Intellect.
Das Kapitel von Ridell stellt eine treffende und klarsichtige Analyse von Audiencing in neuen Medienumgebungen und kollaborativen Kontexten vor.
Lazarsfeld, P. F. (1941). Remarks on administrative and critical communications research. Zeitschrift für Sozialforschung. Studies in Philosophy and Social Science, 9, 2–16.
Dieser Essay ist ein einzigartiges Dokument der frühen Forschung zum Rezipienten, das die Spannung zwischen empirischer und kritischer Forschung aufgreift.
2 Verarbeitung von Medieninhalten1
Lernziele
1 Sie lernen die Grundlagen der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung kennen.
2 Sie verstehen, wie Medieninformationen abgespeichert, gelernt und abgerufen werden können.
3 Sie erlernen die Grundlagen für die Erklärung von verschiedenen Phänomenen bei der Rezeption von Medienbotschaften, wie die Erinnerung und das Verständnis von Nachrichten oder Spielfilmen.
2.1 Theoretische Grundlagen von kognitiven Prozessen bei der Medienrezeption
Bei der Verarbeitung von Medienbotschaften, beispielsweise bei Nachrichten oder Spielfilmen, nehmen Rezipienten in der Regel eine aktive Rolle ein. Sie selektieren wichtige Informationen von unwichtigen, integrieren die Informationen in bestehende Wissensschätze, lernen neue Informationen, speichern diese ab und können sie – unter bestimmten Bedingungen – später wieder abrufen. Aktiv bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass sich die Rezipienten jedes einzelnen Schrittes bewusst sind und diese willentlich beeinflussen. Viele Prozesse laufen auch ganz automatisch ab, im Grunde wie auf Autopilot. Für das Verständnis dieser grundlegenden Prozesse ist es notwendig, dass wir uns in diesem Kapitel mit den kognitiven Grundlagen der Rezeptionsforschung beschäftigen. Darunter fällt die Beschreibung des menschlichen Denkens und Verstehens bei der Nutzung von unterhaltungs- oder informationsorientierten Medienangeboten und der damit verbundenen Prozesse wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung. Wir lernen in diesem Kapitel grundlegende Prozesse bei der Medienrezeption kennen. Viele der im Folgenden vorgestellten Konzepte und Modelle stammen aus der psychologischen Kognitionsforschung. Sie liefern einen wichtigen Hintergrund für die folgenden Kapitel in diesem Buch.
Der kognitive Apparat des Menschen
Ein Begriff, der in der Rezeptionsforschung eine sehr große Rolle spielt, ist Kognition. Unter Kognition versteht man vereinfacht die Gesamtheit der informationsverarbeitenden Prozesse und Strukturen eines intelligenten Systems (vgl. z. B. Kluwe, 2001; Wirth, 1997). Darunter fallen eine Reihe von Phänomenen wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Problemlösen sowie Sprachverarbeitung und Sprachproduktion. All diese Eckpfeiler sind eng miteinander verbunden. Wir können uns den Begriff Kognition im Allgemeinen als einen Prozess vorstellen, der mehrere Stufen zwischen einem Reiz und einer dadurch verursachten Reaktion beschreibt. Bezogen auf die Medienrezeption erklärt die kognitive Perspektive, wie Menschen beim Umgang mit Medien Informationen wahrnehmen, sie aufnehmen, verarbeiten, abspeichern und wieder abrufen können.
Definition: kognitive Prozesse
Unter kognitiven Prozessen bei der Medienrezeption versteht man alle informationsverarbeitenden Vorgänge, die ab der Wahrnehmung eines Reizes bis zur dadurch verursachten Reaktion ablaufen. Darunter fallen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Problemlösen, Sprachverarbeitung und Sprachproduktion.
Seit der sogenannten kognitiven Wende in den 1970er-Jahren wird der kognitive Apparat des Menschen in der psychologischen Grundlagenforschung vereinfacht in Analogie zu einem Computer beschrieben, der Informationen aufnehmen, verarbeiten und abspeichern kann und dessen Rechenleistung begrenzt ist (vgl. Neisser, 1974; Schank & Abelson, 1977). Ausgangspunkt fast aller psychologischen Modelle des menschlichen kognitiven Apparates ist daher die Annahme, dass die Umgebung eines Organismus als interne Repräsentation abgebildet und gespeichert werden kann. Der kognitive Apparat wird dabei als ein informationsverarbeitendes System verstanden, das durch seine Sinnesorgane Informationen aufnimmt, sie in interne Repräsentationen umwandelt, sie verarbeitet, aber auch verändern und reproduzieren kann. Die Verarbeitung der wahrgenommenen Informationen – beispielsweise einer Fernsehnachricht – erfolgt dabei immer auf Basis der bisher gespeicherten Informationen bzw. des bisher vorliegenden Wissens oder der bestehenden Prädispositionen der Rezipienten.
Schon auf Basis dieser vereinfachten Vorstellung wird deutlich, dass interne Repräsentationen kein simples Abbild der Umgebungsinformation darstellen. Dies hat mindestens zwei Gründe:
Erstens operiert der kognitive Apparat hoch selektiv. Dies liegt in erster Linie daran, dass unsere Ressourcen zur Informationsaufnahme und -verarbeitung limitiert sind, wie wir später noch ausführlicher sehen werden. Das bedeutet, nur ein geringer Teil der auf uns einströmenden Informationen wird tatsächlich beachtet und weiter verarbeitet.
Zweitens hängen die Verarbeitung der einströmenden Informationen sowie die interne Repräsentation erheblich vom aktuellen Zustand des kognitiven Systems ab, also unserem Vorwissen, Einstellungen, Stimmungen, Emotionen oder unserer kognitiven Auslastung.
Abb. 2.1 zeigt das Grundmodell des kognitiven Apparates nach Wickens et al. (2004), das sich in ähnlicher Form auch bei anderen Autoren wiederfinden lässt (vgl. Kluwe, 2001; Lang, 2000). Das Modell besteht aus mehreren grundlegenden Komponenten: (1) Dem sensorischen System, das für wenige hundert Millisekunden sensorisch verfügbare Informationen abbildet; (2) der Aktivierung dieser Informationen durch unsere Wahrnehmung; (3) dem Arbeitsgedächtnis, das die Informationen beinhaltet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bewusst sind; (4) dem Langzeitgedächtnis als permanentem Wissensspeicher sowie (5) der Reaktionsselektion und -ausführung.
Das Schaubild zeigt einen idealtypischen Informationsverarbeitungsablauf. In einem ersten Schritt nimmt unser sensorischer Apparat auditive, visuelle,