Название | Einführung Gerontopsychologie |
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Автор произведения | Ben Godde |
Жанр | Документальная литература |
Серия | PsychoMed compact |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846345672 |
Strategie für erfolgreiches Altern
Als geeignete Strategien zur Bewältigung dieser Negativ-Bilanz sehen die Autoren Selektion, Optimierung und Kompensation, die es ermöglichen sollen, auch im Alter ein zwar eingeschränktes, aber selbstwirksames Leben zu führen. Demnach ist der koordinierte Einsatz von Selektion, Optimierung und Kompensation zentral für eine erfolgreiche Entwicklung. Selektion meint die Entwicklung, Auswahl und Festlegung auf bestimmte Ziele, um die begrenzten Ressourcen zu fokussieren. Optimierung bezieht sich auf die Entwicklung und Investition von Ressourcen zum Erreichen der ausgewählten Ziele. Kompensation hebt die Entwicklung und Investition von Ressourcen hervor, die den Folgen von Verlusten entgegenwirken sollen.
Als Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung des SOK-Modells sei hier der Pianist Rubinstein angeführt. Um seine Konzerte „erfolgreich“ gestalten zu können, spielte Rubinstein mit zunehmendem Alter immer weniger Stücke (= Selektion), übte diese häufiger (= Optimierung) und kompensierte Probleme bei schnellen Passagen durch betont langsames Spielen der vorausgehenden Passagen (= Kompensation). Krampe (1994) erbringt für ältere erfolgreiche Pianisten den Nachweis, dass die verlangsamte motorische Geschicklichkeit durch wissensbasierte antizipatorische Bewegungsabläufe ausgeglichen wird. Ähnliches wurde auch für ältere Büroangestellte beim Schreibmaschineschreiben berichtet. Eine verlängerte Reaktionszeit wurde dadurch kompensiert, dass der zu bearbeitende Text antizipatorisch weiter vorausgelesen wurde (Salthouse, 1991, Kapitel 9: Interventionen). Sehr hoch entwickelte und eingeübte Fähigkeiten sowie das damit verbundene Wissen bedeuten Expertise, welche eng mit Weisheit (s. o.) verknüpft ist (Baltes & Smith, 1990).
2.3 Zusammenfassung
Die Ursachen menschlicher Seneszenz bleiben im Großen und Ganzen noch ein Rätsel. In der Gesamtheit leisten die biologischen Alternstheorien bzw. -hypothesen Erklärungen für das komplexe Phänomen Altern. Dabei beleuchten sie jeweils nur Ausschnitte des komplexen biologischen Alterns auf einer Erklärungsebene (Molekül, Zelle, Organ, Organismus) und damit ein spezifisches Phänomen der Alterung. So hat zum Beispiel – vereinfacht ausgedrückt – die Programmtheorie die Replikation der DNA, die Fehler-Katastrophentheorie die Reparatur von Replikationsfehlern und die Mutationstheorie Mutationen an der DNA zum Gegenstand. Die beschriebenen Prozesse wirken jedoch nicht isoliert, sondern z. T. ineinander und bedingen sich z. T. gegenseitig.
Die Theorien widersprechen sich aber teilweise auch, stellen konkurrierende Auffassungen dar. So könnte z. B. die Hypothese der genetisch aktiv gelenkten Alterung als konkurrierend zu den meisten anderen Theorien angesehen werden: Ist die Lebensdauer genetisch vorprogrammiert, kann den anderen Theorien ein Erklärungswert für das primäre Altern abgesprochen werden, sie können damit, im Sinne der proximaten Perspektive, höchstens das sekundäre Altern beschreiben.
Unabhängig davon, wie das primäre Altern auf molekularer oder zellulärer Ebene abläuft oder zustande kommt, die Sekundärerscheinungen auf höherer Organisationsstufe sind gleichartig. Es kommt zu Einschränkungen der Zellfunktion und zum Zelltod, mit entsprechenden Folgen für die Struktur und Leistung der einzelnen Organe. Letztendlich führt biologisches Altern zum Tod.
In der Entwicklungspsychologie, vor allem in der Lebensspannenpsychologie, wird Altern als Entwicklung verstanden, die durch Verluste und Gewinne, Plastizität und Variabilität gekennzeichnet ist. Alternde Individuen besitzen die Fähigkeit zur Kompensation. Altern wird als multidimensional und multidirektional verstanden und muss im Kontext betrachtet werden.
Weiterführende Literatur
Baltes, P. B. (1990). Entwicklungspsychologie der Lebensspanne: Theoretische Leitsätze. Psychologische Rundschau. 41: 1 – 24.
Bengtson, V. L. (2008). Handbook of Theories of Aging. Springer Publishing Company, New York.
Ho, A. D., Wagner, W., Eckstein, V. (2008). Was ist Alter? Ein Mensch ist so alt wie seine Stammzellen. In: Was ist Alter(n), Ursula M. Staudinger und Heinz Häfner (Hrsg.). Springer, Berlin Heidelberg.
2.4 Fragen zum Kapitel
1. Welche Lebensphasen des Alterns werden in der Biologie unterschieden und wodurch sind diese gekennzeichnet?
2. Was ist unter dem Begriff Seneszenz zu verstehen?
3. Welche zwei grundlegenden Perspektiven in den biologischen Alternstheorien gibt es und wie unterscheiden sich diese?
4. Auf welchen Vorstellungen beruht die Theorie der maximalen Lebensdauer?
5. Was haben Schadens- und Schädigungstheorien gemeinsam?
6. Wie können freie Radikale zum Alterungsprozess beitragen?
7. Welche Theorien postulieren einen Zusammenhang zwischen der Energieaufnahme und Alterungsprozessen?
8. Wie wird die Notwendigkeit übergreifender Theorien des Alterns begründet?
9. Was besagt die Homöostasistheorie?
10. Worin unterscheidet sich der Hippocampus in Bezug auf die Neubildung von Nervenzellen von anderen Hirnregionen?
11. Worin unterscheidet sich das Altern aus psychologischer Sicht von den biologischen Alternstheorien?
12. Auf welcher Ebene sind „Gewinne“ im Alter zu erwarten und weshalb?
13. Was ist unter einer multidimensionalen und einer multidirektionalen Entwicklung im Altersverlauf zu verstehen?
14. Welche Bedeutung hat die Plastizität (im Altersverlauf)?
15. Welche Theorie basiert auf der Annahme einer sich verschlechternden Gewinn- und Verlustbilanz und welche Kernaussagen zur Bewältigung werden dieser Theorie zugeordnet?
3 Methoden der Altersforschung
Wissenschaftliche Forschung bedeutet, ausgehend von bestehenden oder neu aufgestellten Theorien oder Modellen Fragestellungen abzuleiten, die diese Theorien oder Modelle bestätigen, erweitern oder widerlegen sollen. Dazu werden Hypothesen generiert, die mit geeigneten Untersuchungsmethoden und Untersuchungsdesigns überprüft werden. Die Basis dafür bilden Daten, die auf unterschiedlichste Art und Weise erfasst oder erfragt, analysiert und interpretiert werden (Abbildung 3.1). Zum detaillierten und vertiefenden Studium von Forschungsmethoden sei auf die zahlreichen entsprechenden Lehrbücher verwiesen. In diesem Kapitel werden wir ausführlich diejenigen Untersuchungsmethoden und Untersuchungsdesigns vorstellen, die insbesondere für die Neuro- und Gerontopsychologie von Bedeutung sind. Dabei beschränken wir uns auf Methoden, die beim Menschen angewandt werden. Das Kapitel gliedert sich dazu in drei Teilbereiche. Zunächst werden Studiendesigns vorgestellt, die geeignet sind, Altersveränderungen zu beschreiben. Von besonderem Interesse sind solche Designs, die es erlauben, tatsächliche Alters- und Alterungseffekte von Kohorteneffekten oder Effekten, die auf bestimmten historischen Ereignissen beruhen, zu unterscheiden. Danach werden quantitative und qualitative Methoden der Datengewinnung und Datenanalyse auf Verhaltensebene vorgestellt. Im letzten Teil geht es dann um moderne bildgebende Verfahren der Hirnforschung. An Beispielen werden Vor- und Nachteile sowie mögliche Einsatzbereiche der vorgestellten Designs und Methoden diskutiert und Möglichkeiten zur Analyse der gewonnenen Daten aufgezeigt.
Abb. 3.1: Forschungsprozess von der Theorie über das Experiment zum Erkenntnisgewinn.
3.1 Untersuchungsdesigns
Quasi-experimentelle Studien
Die spezifische Forschungsfrage