Название | Seewölfe Paket 27 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399956 |
Der Seewolf sah seinen Profos lange an, der gottergeben und mit frommen Blicken in den wolkenlosen Himmel schaute.
„Ich glaube, wir haben niemanden, der so überzeugend reden kann, daß die anderen ihren Hunger vergessen“, meinte er. „Oder würden deine Argumente eine ganze Crew sättigen?“
„Wahrscheinlich nicht“, gab Carberry zu. „Obwohl ich immer ein sehr frommer Pilger war.“
„Deine Frömmigkeit wird dir sicher später einmal hoch angerechnet werden, wenn das Himmelreich nahe ist, mein Sohn. Und nun geh und wandele und bete zum Herrn, auf daß diese fünf Fischlein in einen sehr großen verwandelt würden. Das ist dann sehr überzeugend.“
Der Profos grinste bis an die Ohren. Er verstand sich wieder einmal prächtig mit seinem Kapitän.
Erneut wurden die Leinen ausgeworfen, diesmal mit einem Köder bestückt, bei dem die Hoffnung bestand, daß er nicht mit Verachtung gestraft wurde.
An diesem Tag schien der Herr wahrhaftig ein Einsehen zu haben, denn am späten Nachmittag fingen sie einen Brocken, den sie nur mit Hilfe von fünf starken Männern bändigen konnten. Der Fisch war groß und schwer und tobte wie besessen herum. Er zog und zerrte, bis die „Santa Barbara“ ganz langsam in Fahrt geriet.
Aber dann hatten sie ihn endlich geschafft. Batuti gab ihm den Rest, als er an der Oberfläche erschien. Er schoß ihm einen Pfeil in den Schädel, und dann hievten sie ihn an Bord.
Der Jubel über diesen unerwarteten Fang war groß. Mit Feuereifer wurde der riesige Fisch zerlegt und in handliche Portionen geschnitten.
„Das wird ein Festessen“, versprach der Kutscher freudestrahlend. „An diesen Tag werden wir uns noch lange mit Dankbarkeit erinnern.“
Seit langer Zeit konnten sie endlich wieder mal richtig zulangen, und das taten sie ausgiebig, denn niemand wußte, wann ihnen wieder so ein Glücksfall beschieden war.
8.
Am folgenden Morgen dachten sie an den Tag, aber keinesfalls mit Dankbarkeit, denn da waren fast alle krank.
Das kleinste Übel waren Magenschmerzen, über die etliche Männer klagten. Aber das war nur der Anfang.
Al Conroy litt unter Sehstörungen, ebenso Piet Straaten und Pete Ballie, die die Welt nicht mehr begriffen.
Sam Roskill, Jack Finnegan, Big Old Shane und Stenmark liefen mit leichenblassen Gesichtern herum und hängten sich über das Schanzkleid. Dabei wurden sie von heftigen Krämpfen geschüttelt.
Wieder andere hatten Koliken oder einen dumpfen Druck im Schädel, der mit anfallartigen Schmerzen verbunden war.
Selbst Hasard blieb nicht verschont. Immer wenn er seinen Blick auf einen Punkt konzentrierte, sah er grüne Sterne oder grelles Flimmern, bis alles vor seinen Blicken verwischte.
„Du lieber Himmel“, sagte der Kutscher mühsam, der unter ständigem Erbrechen litt. „Wir haben uns mit dem Fleisch des Fisches vergiftet. Und wir haben nicht mal ein Mittel dagegen.“
Hasard stand auf der Kuhl. Mal sah er den Kutscher doppelt, dann dreifach, dann zerfloß er zu einem breiten Schemen.
„Was jetzt, Kutscher?“ fragte er mühsam. „Was können wir tun?“
Der Kutscher dachte mühsam nach. Er spürte, wie sich sein Magen umkrempelte und alles nach oben kam. Wortlos stürzte er ans Schanzkleid und würgte.
Die Angst ging um auf der „Santa Barbara“, denn niemand wußte, wie gefährlich diese Vergiftung war und welche Folgen sie hatte. Da wackelten selbst so harten Kerlen wie Carberry oder Ferris die Knie.
Der Kutscher kehrte wieder zurück. Sein Gesicht war schweißüberströmt, und er rang nach Luft.
„Essig trinken, bis alles erbrochen ist“, flüsterte er, „die Mägen müssen leer werden. Aber das meiste ist wohl schon ins Blut gegangen.“
Hasard sah den Kutscher auf und nieder tanzen. Die Gestalt des Kutschers schien aus sich selbst herauszutreten wie ein Geist. Zwei Kutscher standen ihm plötzlich gegenüber, dann drei, und dann vier, die alle nacheinander wieder zusammenwuchsen. Der Seewolf schloß krampfhaft die Augen, um den Alptraum loszuwerden.
Mac Pellew hing ebenfalls über das Schanzkleid gebeugt. Er rülpste und jammerte, und wenn er zwischendurch Luft kriegte, dann verfluchte er das Schiff und alle Fische dieser Welt.
Hasard und der Kutscher holten Essig und gaben ihn den Männern zu trinken.
Später tönte Carberry herum, so eine große Kotzerei hätte es noch auf keinem Schiff der Welt gegeben, und er selbst habe sich dabei sehr geschämt.
Alle opferten der See mit leichenblassen Gesichtern, bis sie total abgeschlafft und erschöpft auf den Planken hockten.
Danach konfrontierte sie der Kutscher mit einer weiteren Medizin. Er gab ihnen Holzkohle, jede Menge, die er in einem Mörser zu Pulver zerstoßen hatte.
„Holzkohle habe ich noch nie in meinem Leben gefressen“, sagte Carberry erschöpft. „Ich hab’ mir die Seele aus dem Leib gereihert, jetzt langt es.“
„Du friß die Holzkohle“, sagte der Kutscher barsch. „Und wenn ich sie dir mit der Culverine ins Maul schießen muß.“
„Muß ich dann wieder kotzen?“ fragte Carberry kläglich.
„Nein – im Gegenteil“, sagte der Kutscher trocken. Er sah zu, wie der Profos das Zeug schluckte und würgte, bis er blau anlief. Dann wollte er es wieder ausspucken.
„Was passiert, wenn ich das Zeug nicht esse?“
„Dann kriegst du die Trockenstarre und siehst hinterher aus wie ein Stockfisch an der Leine. Dein Körper wird trocken und starr, und wir werden dich als Trockenmumie über Bord geben.“
Das half, denn vor dem Wissen des Kutschers hatte der Profos immer noch einen Heidenrespekt. Er wollte auch nicht als Trockenmumie an Bord herumliegen. Also schluckte er weiter.
Es dauerte einen weiteren Tag, bis die Halluzinationen und die Übelkeit langsam abklangen. Aber es hatte keine Ausfälle gegeben. Die Arwenacks waren wieder auf der Höhe, aber ihre Körper waren noch ausgelaugt und geschwächt.
„Dieser verdammte Fisch“, sagte der Kutscher. „Hinterher ist man immer schlauer. Ich werde jedenfalls kein Vieh mehr anrühren, das ich nicht genau kenne. Wir hätten uns den Tod holen können.“
„Ja, das hätte der Fall sein können“, gab Hasard zu. „Aber dank deiner Mittelchen haben wir es überstanden. Hat noch jemand Beschwerden irgendwelcher Art?“
Ernstliche Beschwerden hatte zum Glück keiner mehr. Da war nur noch eine gewisse Mattigkeit und Unlust, ein Erschöpfungszustand, der sich allmählich legte.
„Kräftiges Essen würde die Kerle jetzt wieder auf die Beine bringen“, sagte der Kutscher zum Seewolf leise, „aber das haben wir nicht. Wir müssen wohl noch einmal durch die Hölle.“
Der Seewolf nickte. Auch er sorgte sich immer mehr, denn noch hielt sie die entsetzliche Kalme gefangen. Mit jedem Tag wurden die Vorräte und das Wasser weniger. Es stand ihnen noch eine verdammt harte Zeit bevor.
Wieder verging ein Tag langsam und qualvoll. Es sah immer noch nicht so aus, als würde sich in den nächsten Tagen etwas ändern. Im Geiste sahen sie sich schon als Skelette an Bord liegen, wenn das letzte Trinkwasser verbraucht war.
„Wir werden das Schiff morgen schleppen“, sagte Hasard. „Wenn wir Glück haben, bringen wir es an den Wind. Wenn wir hier warten, werden wir nicht mehr sehr alt.“
Was das bedeutete, war jedem klar. Knochenarbeit, Schinderei und Plackerei, bei kräftezehrender Hitze und immer kleiner werdenden Rationen. Das würde auch ihre letzten Kräfte aufzehren. Aber es mußte