Seewölfe Paket 14. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 14
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397723



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Sein rechter Fuß zuckte vor und stieß die Peitsche zurück auf den Laufgang, wo sie ein Stück weiterrutschte und zwischen zwei Duchten fiel. Einer der Ruderknechte bückte sich schnell und nahm die Peitsche an sich, unbemerkt von den Aufsehern, die ihre Blicke auf den Zuchtmeister gerichtet hatten.

      Der bärenstarke Kerl wurde wütend. Er langte zu, und seine kürbisgroße Faust wischte den zweiten Stückmeister von den Beinen.

      Juan de Faleiros Stimme überschlug sich. Immer noch kreischte er nach einer Peitsche, die ihm schließlich einer der Aufseher reichte. Wie ein Verrückter hieb der hagere Kapitän auf die beiden Stückmeister ein.

      Manuel Quintana, der Stückmeister, dem Juan de Faleiro schon mit dem ersten Peitschenschlag die Wange aufgerissen hatte, deckte sein Gesicht mit dem rechten Unterarm ab. Er war immer noch erschrocken über seine eben erfolgte Reaktion. Er wußte, daß sein Leben in dem Augenblick verwirkt gewesen war, als er den Kapitän angegriffen und niedergeschlagen hatte.

      Als die Peitsche de Faleiros seinen Arm zum drittenmal traf und er spürte, wie ihm das Blut zum Ellbogen hinunterlief, setzte sein Verstand aus. Er sah alles wie durch einen roten Schleier. Fast mechanisch stieß seine linke Faust vor, als die Peitsche wieder auf ihn niederzuckte. Blitzschnell packte sie zu und schloß sich um die Lederschnur.

      Er brüllte vor Schmerz auf, als Juan de Faleiro die Peitsche mit einem heftigen Ruck zurückreißen wollte. Wie ein Messer schnitt ihm die Schnur in den Handteller, doch er ließ nicht los.

      Es gab einen kurzen Ruck, als Quintana die Schnur mit einer schnellen Bewegung um seine Hand wickelte. Der hagere Kapitän verlor fast das Gleichgewicht.

      „Schlagt die Hunde zusammen!“ kreischte er, ließ die Peitsche los und wollte sich auf die achtere Plattform in Sicherheit bringen.

      Manuel Quintana war wie von Sinnen. In seinen Augen war ein irres Glitzern. Er sah nur den kreischenden Mann, der für sein Unglück verantwortlich war, und ehe sich ihm jemand in den Weg stellen konnte, sprang er auf den Kapitän zu und riß ihn mit seinen Bärenkräften zu Boden.

      Das Schreien Juan de Faleiros ging in ein Winseln über.

      Der Zuchtmeister wirbelte herum. Zusammen mit zwei Aufsehern stürzte er sich auf Quintana und riß ihn an der Jacke zurück. Der Stückmeister hatte seine Hände um den dünnen Hals des Kapitäns gekrallt. De Faleiros Gesicht lief schon blau an. Krampfhaft schnappte er nach Atem.

      Die Faust des Zuchtmeisters donnerte auf Quintanas Haupt und löschte sein Bewußtsein aus. Dennoch hatten die beiden Aufseher Mühe, seine Hände vom Hals des Kapitäns zu lösen.

      Juan de Faleiro schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Langsam veränderte sich die Farbe seines Gesichtes wieder von Blau in ein dunkles Rot. Er wollte etwas sagen, doch nur ein Krächzen drang über seine Lippen.

      Er starrte über den bewußtlos auf dem Tabernakel liegenden Quintana hinweg auf den zweiten Stückmeister, der geduckt vor zwei anderen Aufsehern stand, die Pistolen auf ihn gerichtet hatten.

      „Seien Sie vernünftig, Sotero“, sagte Teniente Ribera eindringlich.

      Antonio Sotero schüttelte den Kopf.

      „Sie müßten den Capitán doch gut genug kennen, Teniente“, stieß er heiser hervor. „Er wird uns wegen Meuterei an die Rah hängen lassen, und niemand wird mehr danach fragen, daß er es war, der uns ungerechterweise provoziert hat. Er ist ein Teufel, und ich glaube, daß derjenige, der ihn zur Hölle schickt, ein gottesfürchtiges Werk vollbringt.“

      „Versündigen Sie sich nicht, Sotero“, sagte der Teniente gepreßt. Ribera gab dem Stückmeister im stillen recht, doch ihm waren die Hände gebunden. Er konnte nur hoffen, daß es ihm gelang, den Kapitän davon abzuhalten, die beiden Männer zu töten.

      Antonio Sotero senkte den Kopf.

      „Er ist der Teufel“, murmelte er.

      Manuel Quintana erwachte aus seiner Ohnmacht und drehte sich stöhnend auf den Rücken. Mit verzerrtem Gesicht trat Juan de Faleiro an ihn heran und stieß ihm die Spitze seines Stiefels in die Seite.

      Quintana krümmte sich. Er hatte nicht mehr die Kraft, sich zu erheben.

      Teniente Ribera ging zwei Schritte auf den Kapitän zu. Sofort schoben sich die Aufseher näher an ihn heran.

      „Bleiben Sie mir vom Leib!“ sagte de Faleiro mit schriller Stimme. Seine Augen weiteten sich, als er an den Aufsehern vorbei auf die Seesoldaten starrte, die wieder alle Musketen in den Händen hielten, deren Läufe wie zufällig auf die achtere Plattform gerichtet waren.

      „Ich habe nicht die Absicht, Sie anzugreifen, Señor Capitán“, sagte Ribera kalt. „Ich weiß, daß Quintana und Sotero ein schweres Unrecht begangen haben, aber ich möchte Sie bitten, bei Ihrem Strafmaß zu bedenken, daß Sie es waren, der zuerst mit der Peitsche zugeschlagen hat.“

      Juan de Faleiro wurde von Zorn und Haß geschüttelt.

      „Sie brauchen mir keine Ratschläge zu erteilen, Señor Ribera“, erwiderte er zischend. „Auf diesem Schiff hat nur einer Befehle zu erteilen, und das bin ich! Ich habe auch das Recht, jeden hier an Bord zu züchtigen, wenn er meinen Befehlen zuwiderhandelt oder sie nicht richtig ausführt.“

      Jesus Valencia, der sich bis jetzt still verhalten hatte, konnte sich nicht mehr beherrschen.

      „Das gilt aber nur, wenn die Befehle vernünftig und ausführbar sind, Señor Capitán“, sagte er heftig. „Als Sie den Stückmeistern den Befehl zum Feuern gaben, war die Galeone bereits viel zu weit von uns entfernt, als daß ein Treffer möglich gewesen wäre!“

      Juan de Faleiros Geierkopf ruckte herum, als hätte er nur darauf gewartet, daß sich sein Erster Offizier einmischte. Er atmete keuchend. Seine dünnen Lippen zitterten vor Wut.

      „Ich weiß, Señor Valencia, daß Sie auf meinen Posten aus sind“, stieß er hervor. „Aber Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen, das verspreche ich Ihnen. Wenn wir zurück in Cadiz sind, werde ich der Admiralität Meldung erstatten, in welcher Weise Sie sich gegen Ihren Capitán gestellt haben!“

      Jesus Valencia nickte mit bleichem Gesicht.

      „Auch ich werde einen Bericht verfassen, Señor Capitán“, erwiderte er. „Der Capitán eines Schiffes hat nicht nur die Macht über Leben und Tod seiner Besatzung, sondern auch die Pflicht, jeglichen Schaden von der Mannschaft fernzuhalten.“

      „Señor Valencia, lassen Sie die Riemen auslegen“, sagte de Faleiro kalt. „Lassen Sie weiterrudern.“

      Jesus Valencia preßte die Lippen aufeinander. Er wußte, daß er diesen Befehl auszuführen hatte und die Auseinandersetzung mit dem Kapitän nicht fortsetzen konnte. Der Wind hatte etwas nachgelassen, und es war durchaus möglich, die Galeasse mit Riemeneinsatz schneller voranzubringen. Er drehte sich abrupt um und gab seine Befehle an die Aufseher weiter, die sich über den Laufgang verteilt hatten.

      Die Rudersklaven, die das Geschehen beim Tabernakel in atemloser Spannung verfolgt hatten, gehorchten, als die Aufseher ihre Peitschen schwangen und auch ein paarmal auf ihre Rücken sausen ließen.

      Die Riemen klatschten ins Wasser. Jesus Valencias Befehle klangen über Deck. Die Takttrommel begann dumpf zu tönen, und dann war das gleichmäßige Eintauchen der Riemen ins bewegte Wasser zu hören. Die Ruderer hatten Mühe, sich an die unruhige See zu gewöhnen, und der Erste Offizier war voll damit beschäftigt, Ruhe in die Reihen der Rudersklaven zu bringen. Er befahl den Aufsehern, die Peitschen nicht mehr zu benutzen, und half auf einigen Duchten nach, wenn ein Riemen durch die Luft stach und aus dem Rhythmus geriet. Obwohl er immer ein Ohr auf das Geschehen auf dem Tabernakel gerichtet hatte, kriegte er nicht mit, was der Kapitän sagte.

      Juan de Faleiros Wut war immer noch nicht verraucht, obwohl er inzwischen ruhiger geworden war. Im ersten Impuls hatte er die beiden aufsässigen Stückmeister an die Rah hängen lassen wollen, doch dazu hätte die Galeasse beidrehen müssen, und er hätte Zeit verloren, von der er jede Minute brauchte, um die französische Galeone wieder einzuholen.