Название | Seewölfe Paket 14 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954397723 |
Als sich die beiden Aufseher in der Mitte des Laufganges getroffen hatten und einer zur achteren und der andere zur vorderen Plattform zurückging, wagte Manuel Quintana, mit der linken Hand nach seinem Rücken zu tasten.
Es ging wie ein Schock durch seinen Körper, als er den Griff des Messers spürte, das er immer unter seinem Hemd auf dem Rücken in seinem Gürtel stecken hatte. Seine Hand glitt zurück, und mit einem vorsichtigen Blick zur Seite vergewisserte er sich, daß auch sein Nachbar auf der Ducht nichts bemerkt hatte.
Manuel Quintana vergaß auf einmal seine Schmerzen. Haß war das Gefühl, das ihn zu beherrschen begann. Das Feuer in seinen Augen verstärkte sich.
Sein Blick ging hinüber zum Tabernakel, wo die Gestalten der Aufseher nur noch als Schatten zu unterscheiden waren. Er starrte auf den größten der Männer. Das mußte der Zuchtmeister sein, der ihn auf Befehl des Kapitäns geschunden und gedemütigt hatte.
Manuel Quintana senkte den Kopf und begann, leise zu beten. Sein Nachbar drehte den Kopf und lauschte, aber verstand nichts von den Worten, die Quintana murmelte.
„Wie geht’s dir, Mann?“ fragte er leise. Ein Grinsen, in dem wenig Anteilnahme war, glitt über sein Gesicht. „Wenn du die Nacht überstehst, wirst du hart wie Eisen sein, Mann.“
Manuel Quintana hörte zwar die Stimme, aber nicht die Worte, die der Ruderknecht sprach. Seine Sinne waren nach innen gekehrt. Vor seinem geistigen Auge tauchte das Geiergesicht Kapitän Juan de Faleiros auf. Seine Hände begannen, automatisch zu zittern. Er verschränkte sie ineinander. Er mußte ruhig bleiben!
Er wußte plötzlich, daß es ihm nicht gelingen würde, sich an dem Kapitän zu rächen. In der Nacht würde dieser niemals den Laufgang betreten.
Aber es gab noch einen anderen, dessen Tod ihm seinen Seelenfrieden wiedergeben konnte.
Die große, dunkle Gestalt des Zuchtmeisters schob sich auf den Aufseher zu, der vom Großmast bis zum Tabernakel hin und her ging und Wache schieben mußte.
„Alles in Ordnung, Jaime?“ hörte er die Stimme des Zuchtmeisters fragen. „Was ist mit unseren beiden stolzen Kanonieren?“
„Sie ruhen sich ein wenig aus, damit sie morgen wieder bei Kräften sind und tüchtig pullen können“, antwortete der Aufseher.
Manuel Quintana konnte sein Gesicht nicht sehen, aber er war überzeugt davon, daß er grinste.
Wieder zitterten seine Hände. Er preßte sie zwischen den Knien zusammen und stöhnte unterdrückt auf. Er durfte nicht zittern! Er mußte eine ruhige Hand haben, wenn er seine Rache vollenden wollte!
Der Aufseher neben dem Tabernakel sagte etwas, und der Zuchtmeister erwiderte: „Hol dir was zu trinken. Ich werde mal nach meinen Lieblingen schauen.“
Manuel Quintana hielt den Atem an. Seine Zähne klapperten aufeinander, ohne daß er etwas dagegen tun konnte. Er meinte, es müsse auf dem ganzen Schiff zu hören sein. Ein kurzer Blick seitwärts zeigte ihm, daß die Männer auf seiner Ducht schliefen. Zwei hatten sich auf die etwas breiteren Planken zu ihren Füßen gelegt, sein Nebenmann war zur Seite gesunken und schnarchte leise.
Manuel Quintana sah, daß der Zuchtmeister an seinem Kameraden Antonio Sotero, der etwa vier Ruderbänke weiter achtern an Steuerbord saß, vorbeiging. Die Augen des riesigen Kerls waren spöttisch auf Manuel Quintana gerichtet. Nur einen Schritt vor ihm blieb er stehen. Sein gehässiges Grinsen verstärkte sich.
„Na, immer noch nicht müde, Ruderknecht?“ fragte er.
Manuel Quintana wollte ihn anspucken, doch sein Rachen war vom Fieber ausgedörrt, und er brachte keinen Speichel zustande. Mit krächzender Stimme erwiderte er: „Scher dich zum Teufel, Schinder!“
Die Peitsche in der rechten Hand des Zuchtmeisters zuckte vor wie der Kopf einer zubeißenden Schlange. Er hielt sie verkehrt herum, und der Knauf traf Quintana am Hals. Der Zuchtmeister schob sie unter das Kinn des Angeketteten und drückte von unten dagegen, so daß Quintana den Kopf heben mußte.
„Immer noch ein freches Maul, wie?“ sagte der Zuchtmeister zischend.
Der Mann neben Quintana war erwacht.
„Hau ab, Fettsau“, sagte er wütend. „Laß uns wenigstens in der Nacht ruhig schlafen, wo wir deine dreckige Visage nicht sehen müssen.“
Der Zuchtmeister kümmerte sich nicht um ihn. Ihn hatten Beleidigungen noch nie gestört. Bisher hatte er sie höchstens zu Vorwänden benutzt, um seiner Freude am Quälen freien Lauf zu lassen.
„Wie geht’s deinem Rücken, Ruderknecht?“ fragte der Zuchtmeister grinsend und hieb Quintana mit der flachen Linken darauf.
Manuel Quintana richtete sich steil auf. Tränen des Schmerzes schossen ihm in die Augen. Seine Hand lag plötzlich auf seinem Rücken, und er spürte den Griff des Messers an seinen Fingern. Für einen kurzen Moment war er versucht, es herauszureißen und dem brutalen Kerl in den Leib zu stoßen. Aber trotz des Schmerzes und der Fieberschauer, die in seinem Körper tobten, ahnte er, daß der Schinder auf der Hut war. Er rechnete sicher immer damit, von einem der Sträflinge angefallen zu werden.
Der Zuchtmeister lachte leise auf.
„Du bist das größte Miststück, dem ich in meinem Leben begegnet bin, Fettsau!“ stieß der Mann neben Quintana hervor. „Dich sollte man in siedendem Öl baden!“
Diesmal wandte der Zuchtmeister den Blick und starrte den Mann an.
„Morgen bist du dran, Fernandez“, sagte er kalt. „Dein Rücken wird ziemlich unter deinem großen Maul zu leiden haben.“
Der Rudersträfling klappte den Mund zu und preßte die Lippen aufeinander. Er warf Quintana einen schiefen Blick zu und sagte sich wohl, daß es sich eigentlich nicht gelohnt hatte, dem Zuchtmeister die Meinung zu geigen.
Der Riese nahm den Peitschenknauf vom Kinn Quintanas, stieß ihn damit noch einmal vor die Brust und drehte sich dann um.
Manuel Quintanas rechte Hand umklammerte immer noch den Knauf seines Messers. Er sah den breiten Rücken des Zuchtmeisters vor sich, der breitbeinig den Laufgang entlang schritt.
Jetzt! schrie es in ihm, aber er zögerte. Plötzlich traute er sich nicht mehr zu, den Rücken des gehenden Mannes zu treffen.
Dann sah er, wie der Zuchtmeister neben der Ducht stehenblieb, auf der Antonio Sotero festgekettet war. Der Schinder klopfte ihm mit dem Peitschenstiel auf die geschundene Schulter, und das Stöhnen Soteros war bis zu Quintana zu hören.
Manuel Quintana wandte den Kopf. Der zweite Aufseher befand sich immer noch in der Nähe der vorderen Plattform. Offensichtlich wollte er dem Zuchtmeister bei seiner „Inspektion“ nicht in die Quere geraten. Quintana sah, daß er sogar den Kopf gewandt hatte und nach vorn über die beiden Vierundzwanzigpfünder hinweg aufs bewegte Meer schaute.
Die rechte Hand mit dem Messer hob sich. Auf einmal war das Zittern fort. Manuel Quintana spürte eine Ruhe in sich, die er sich niemals zugetraut hatte. Die Dunkelheit war inzwischen hereingebrochen, und die Konturen des Zuchtmeisters, der nur wenige Schritte von ihm entfernt auf dem Laufgang stand und seinen Kameraden quälte, waren nicht mehr klar zu erkennen.
Der Mann neben Manuel Quintana stieß einen leisen Pfiff aus, als er das Messer in der Faust seines Nebenmannes sah. Einen Augenblick glaubte Quintana, der Mann wollte ihn zurückhalten, doch da zischte dieser: „Los, wirf, Mann! Eine solche Gelegenheit kriegst du nie wieder!“
Fernandez hatte zu laut gesprochen. Der Zuchtmeister, der Ohren wie ein Luchs hatte, drehte sich um.
In diesem Augenblick zuckte Manuel Quintanas Hand mit dem Messer vor. Der Stahl wirbelte durch die Luft, und auch die vorgereckte Faust des Riesen konnte seine Flugbahn nicht mehr verändern. Tief senkte sich die Schneide in die linke Brust