Seewölfe Paket 14. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 14
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397723



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Gelegenheit genug gewesen, aber wie ich sehe, hast du es mal wieder geschafft, dich aus allem herauszuhalten.“

      Der Giftzwerg zog den Kopf zwischen die Schultern. Seine gemein blickenden Augen huschten von einem zum anderen, und als er sah, daß er nirgends Unterstützung erwarten konnte, drehte er sich abrupt um und verschwand im Vorschiff.

      Der Bretone blieb vor Carberry und Ferris Tucker stehen, ein verlegenes Grinsen im Gesicht.

      „Tut mir leid“, begann er stockend. „Aber ihr müßt verstehen, daß es nicht einfach für uns …“

      Carberry winkte ab.

      „Wenn wir immer tun, was für das Schiff und seine Besatzung das beste ist, werden wir blendend miteinander auskommen“, sagte er. „Wir ziehen schließlich alle an einem Tampen.“

      Der Bretone zögerte noch ein paar Sekunden, doch dann streckte er die Hand aus, und Carberry nahm sie und drückte sie, daß dem Bootsmann die Tränen in die Augen traten.

      Auch Marteau, der Hammer, reichte Ferris Tucker die Hand. Er sagte allerdings nichts. Offensichtlich hatte er bemerkt, daß sich das Fehlen seiner Zähne ungünstig auf seine Aussprache auswirkte.

      Bills helle Stimme störte die allgemeine Versöhnung.

      „Zwei Mastspitzen achteraus!“ rief er vom Steuerbordschanzkleid über die Kuhl.

      „Bill, du gehst auf Ausguck in den Hauptmars!“ befahl Carberry mit dröhnender Stimme.

      „Ein Mann in den Hauptmars!“ ertönte die Stimme des Steuermanns vom Achterdeck.

      Einen Augenblick später erschien der Kapitän an der Galerie und beobachtete zufrieden, daß man den Befehl schon ausgeführt hatte, bevor er ausgesprochen worden war.

      „Was ist das für eine Volksversammlung!“ rief er zur Kuhl hinunter. „Habt ihr nichts anderes zu tun, als den ganzen Tag zu quasseln? An die Brassen und Schoten, Leute. Vielleicht geht es bald rund, wenn es ein verfluchter Spanier ist, der unseren Kurs kreuzt!“

      5.

      Die „Mercure“ lief unter vollem Zeug, aber der Wind war nicht stark genug, um den Spanier, als der sich die zweimastige Galeasse entpuppt hatte, abzuhängen.

      Pierre Delamotte war einem Tobsuchtsanfall nahe gewesen, als er nach mehreren Manövern erkannt hatte, daß die Galeasse darauf aus war, seine Galeone einzuholen. Er hatte sofort Gefechtsbereitschaft befohlen.

      Der Kapitän der französischen Galeone „Mercure“ hatte so seine Erfahrungen mit den Spaniern. Seit sie ihn das erstemal gekapert hatten, um seine Ladung aus irgendeinem fadenscheinigen Grund zu beschlagnahmen, stand er mit ihnen auf Kriegsfuß. Sie hatten inzwischen viermal Erfolg bei ihm gehabt und ihm die wertvollen Gewürze, die er aus dem Orient nach Frankreich transportierte, entsteißt.

      Delamotte war der Besitzer der „Mercure“, und er segelte auf eigene Rechnung. Wenn er seine Ladung heil nach Brest brachte, konnte er eine Menge Sous verdienen, aber eine verlorengegangene Ladung warf ihn um ein ganzes Jahr zurück.

      Bisher hatte Delamotte es vermieden, sich gegen die Spanier mit Gewalt zur Wehr zu setzen, aber diesmal war er entschlossen, sich zu verteidigen. Er hatte es satt, sich von den Dons ruinieren zu lassen.

      Seine schmale, etwas gekrümmte Nase stach spitz und etwas bleich aus seinem Ledergesicht hervor. Die wasserhellen Augen starrten zur Kimm, wo sich die Umrisse der spanischen Galeasse, die immer mehr Boden gewann, bereits deutlich abzeichneten.

      Die „Mercure“ war keine große Galeone, aber mit ihren je vier Stücken auf den Kuhlseiten sowie den je zwei Drehbassen achtern und auf der Back war sie genügend bewaffnet, um der Galeasse gewachsen zu sein – wenn der Wind mitspielte.

      Im Augenblick sah es schlecht aus. Der Wind flaute immer mehr ab. Die Galeasse sah aus wie ein großer, träger Vogel, der dicht über der Oberfläche des Wassers dahinschwebt. In nervenaufreibendem Rhythmus bewegten sich die Riemenreihen an beiden Seiten und trieben das schlanke Schiff unaufhaltsam näher an die Galeone heran.

      „Merde!“ stieß der Kapitän hervor.

      Eine krächzende Stimme antwortete mit demselben Wort.

      Delamotte drehte sich um und sah den Narbenmann mit seinem Papagei auf der Schulter ein paar Schritte hinter sich stehen.

      „Ganz schön begabt, das Kerlchen“, sagte Delamotte grinsend.

      Carberry grinste zurück. „Leider behält er nur Flüche.“

      Der Kapitän wies mit der Linken auf die Galeasse und reichte Carberry seinen Kieker.

      „Erkennen Sie das Schiff?“ fragte er.

      Carberry nahm den Kieker ans rechte Auge und kniff das linke zusammen. Er erschrak fast über die Geschwindigkeit, die der Spanier draufhatte. Er setzte den Kieker wieder ab und schüttelte den Kopf.

      „Die Galeasse lag im Hafen von Damiette“, sagte Delamotte. „Sie muß kurz nach uns ausgelaufen sein.“

      „Vielleicht hat sie nur den gleichen Kurs wie wir“, meinte Carberry, obwohl er wußte, daß die Galeasse ihren Segelmanövern bisher jedesmal gefolgt war.

      „Lehr’ mich einer die Dons kennen!“ stieß der Kapitän hervor. „Sicher haben sie in Damiette erfahren, daß ich eine wertvolle Gewürzladung an Bord habe. Die Geier sind darauf aus, sie mir zu entreißen, darauf verwette ich meine letzten Zähne!“

      Carberry blickte nach Nordwesten und sah die dunkle Wolkenwand über der Kimm aufziehen. Gleichzeitig spürte er, wie es abflaute, aber das kannte er. Das war die Ruhe vor dem Sturm, den sie so dringend brauchten, um der Galeasse zu entgehen. Die Frage war nur, ob die Galeasse nicht schon heran war, bevor der Sturm losbrach und soviel Wind in die Segel der „Mercure“ drückte, daß sie den Spaniern davonsegeln konnte.

      Ferris Tucker hatte das Kommando über die Geschütze übernommen. Nach der Debatte auf der Kuhl, in der mit gewichtigen Argumenten die Machtfrage an Bord der „Mercure“ ausdiskutiert worden war, hatte niemand mehr ein Wort des Widerspruchs gewagt. Außerdem begriff jeder der Franzosen nach den ersten Befehlen Ferris Tuckers, daß hier ein Fachmann am Werke war, dem niemand unter der Crew Marteaus das Wasser reichen konnte.

      Immer wieder glitten die Blicke der Männer nach Nordwesten, wo sich ein Wetter zusammenbraute. Selten hatten sich Seeleute so sehr nach einem Sturm gesehnt wie jetzt auf der „Mercure“.

      Durch den Kieker konnte Pierre Delamotte erkennen, daß ein paar Männer die beiden unbeweglichen Kanonen unter der vorderen Plattform luden. Nach Delamottes Erfahrungen waren das mindestens Vierundzwanzigpfünder. Wenn es ihnen nicht gelang, rechtzeitig aus dem Kurs der Galeasse zu laufen, konnte eins dieser Geschosse die „Mercure“ auf den Grund des Meeres bohren.

      Ein bißchen beruhigte Delamotte die Tatsache, daß die Spanier kein Interesse daran haben konnten, die „Mercure“ zu versenken. Schließlich würden sie sich dann nicht die wertvolle Ladung unter den Nagel reißen können. Aber Delamotte konnte ja nicht wissen, auf was der Kapitän der Galeasse wirklich aus war!

      Es wurde immer kritischer.

      Pierre Delamotte begann vor Wut zu zittern. Diesmal würden sie seine Gewürzladung nur über seine Leiche kriegen!

      Er befahl seinen Leuten, vor den Wind zu gehen.

      Die „Mercure“ fiel ab. Die Galeone wurde merklich schneller. Doch auch die Spanier vollführten diesen Kurswechsel. Sie holten auf.

      Carberry sagte: „Wir sollten auf das Wetter zuhalten. Sonst schaffen wir es vielleicht nicht mehr.“

      Der Kapitän nickte. „Geben Sie die Befehle, Monsieur Carberry.“

      Grinsend wandte sich Carberry ab und befahl Stenmark ans Ruder. Alain Duval, der Steuermann und Lotse, schickte seinen Mann hinunter auf die Kuhl. Er selbst befahl alle Männer an die Schoten und Brassen, um sofort reagieren