Название | Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) |
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Автор произведения | Hans Kneifel |
Жанр | Языкознание |
Серия | Atlan classics Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783845347400 |
Von keinem Luftzug bewegt und achtunggebietend standen die Baumriesen da. Blankgeputzt leuchtete ihr Blattwerk, würdevoll reckten sie ihre belaubten Kronen in den hellen Himmel, den kein Wölkchen trübte. Eine gewisse Feierlichkeit ging von den Wäldern aus, die Felder und Wiesen säumten. Sie schienen über alles erhaben zu sein, scheinbar unangreifbar, nur den Naturgewalten Tribut zollend, uralte, weise Beobachter, die allem und jedem Nahrung und Lebensgrundlage boten, der sich in ihren Schutz begab. Freund und Feind tummelten sich zwischen den mächtigen Stämmen, die mit ihrem Laub die Unbilden der Witterung abmilderten.
Auch Yutlamal profitierte von den Wäldern. Ihr Holz diente nicht nur zum Hausbau, sondern auch zur Befestigung der Wälle rings um die Stadt, zur Anlegung von Brücken, zur Errichtung von Wachtürmen auf den Feldern und zum Bau von Toren. Unter meiner Anleitung hatte sich Yutlamal in eine Wehrsiedlung verwandelt, umgeben von einem Wassergraben, so dass die Stadt für die Tixudkatzen fast unangreifbar wurde. Dezimiert, wie die Tiere waren, stellten sie im Augenblick keine Bedrohung mehr für die Kaytaber dar, doch da die Planetarier sie nicht gezielt verfolgten oder gar ihre Ausrottung betrieben, würde sich die Art wieder erholen.
Die ärgsten Schäden hatten abgewendet werden können. Der Weiße Unbekannte, jener geheimnisvolle Nebel, der das Psi-Potenzial des Getreides in sich aufgenommen und es dadurch als Nahrung für die Kaytaber unbrauchbar gemacht hatte, hatte Aytab nicht mehr heimgesucht. Die Vermutung, dass es sich bei dieser Erscheinung um EVOLO oder zumindest um sein Werk handelte, lag nahe, doch der letzte Beweis fehlte mir trotz umfangreicher Untersuchungen. Immerhin hatte genug Mannanna geerntet werden können, um die Speicher halbwegs zu füllen und eine Neuaussaat zu sichern. Meine Analysen hatten ergeben, dass keine Substanzen im Boden zurückgeblieben waren, die das Korn in der nächsten Wachstumsperiode ungenießbar machen würden.
Nicht nur eine Hungersnot war gebannt worden, es war auch gelungen, die Zerstörungen zu beheben, die die rasenden Tixudkatzen angerichtet hatten. Damit nicht genug, hatte ich auch allerlei Verbesserungen einführen können, die der Sicherheit und der Anhebung des Lebensstandards dienten. Das betraf nicht nur den persönlichen Bereich, sondern vor allem auch die Technik. Die Holprigs, jene vorsintflutlichen Vehikel mit Verbrennungsmotor, die als bodengebundene Transportmittel eingesetzt wurden, konnten inzwischen tatsächlich als »Autos« bezeichnet werden, und aus der mittelalterlichen Alchimistenküche von Linque und Restjue war ein Labor geworden, das diesen Namen auch verdiente. Das Wrack des abgestürzten Traykon-Schiffes hatte sich dabei als eine unerschöpfliche Fundgrube erwiesen, dessen Schätze noch längst nicht alle geborgen waren.
Meine unermüdlichsten und auch sachkundigsten Helfer dabei waren die beiden Forscher, die ich der Einfachheit halber Links und Rechts nannte. Natürlich begriffen sie nicht alles und beherrschten die komplizierte Maschinerie nur zu einem geringen Teil, doch sie waren wissbegierig und lernten täglich dazu. Routineangelegenheiten konnte ich ihnen getrost überlassen, und hatten sie erst einmal die Problemstellung erkannt, machten sie auf eigene Faust weiter und tüftelten und bastelten, bis sie eine brauchbare Lösung fanden.
Vor rund drei Monaten hatten Atlan, Chipol und Mrothyr den Planeten mit der STERNSCHNUPPE verlassen, und ich bereute es bis heute nicht, hiergeblieben zu sein. Schon beim ersten Kontakt hatte ich eine ungeheure Zuneigung zu diesem liebenswerten, friedlichen Völkchen entwickelt, die in den letzten Wochen eher noch zugenommen hatte. Ja, ich hatte die Kaytaber regelrecht in mein positronisches Herz geschlossen, eine emotionelle Komponente, die wohl Schwiegermutter und vor allem Blödel in meine Speicher und Programme eingebracht hatten. Deutlicher als je zuvor empfand ich, dass meine Entscheidung richtig war, den Planetariern beim Wiederaufbau zu helfen. Auf Aytab wurde ich wirklich gebraucht. Ob ich Atlan bei seiner Mission so nützlich sein konnte wie hier, war fraglich.
Meine besondere Liebe galt Perlmutt, einer niedlichen, jungen Kaytaberin, mit der ich enge Freundschaft geschlossen hatte. Sie begleitete mich auf Schritt und Tritt, und sogar die Unterkunft teilten wir miteinander. In meinem Unterbewusstsein war der Begriff »Agaporniden« aufgetaucht – die »Unzertrennlichen«. So hatte man seinerzeit das Gespann Nockemann-Blödel genannt, doch das mochte ich für unsere Beziehung nicht gelten lassen. Die beiden waren oft aneinandergeraten, wir zwei dagegen verstanden uns ganz prächtig und stritten uns nie.
Wie immer war Perlmutt an meiner Seite. Sie räkelte sich neben mir auf der Plattform behaglich in der Sonne. Sanft fuhr ich ihr über den hellblauen Pelz und kraulte sie zwischen den Ohren, eine Liebkosung, die sie besonders gern mochte. Genüsslich schloss sie die Augen und schnurrte dabei fast wie eine Katze.
»Ist Aytab nicht eine herrliche Welt, Traykon, so voller Frieden und Harmonie?«, meinte die zierliche Kaytaberin schwärmerisch und atmete tief die würzige Luft ein.
»Ja, das ist sie wirklich«, bestätigte ich. Überwältigt brach sich das Blödel-Erbe in mir Bahn und riss mich zu einem Goethe-Zitat hin. »Wer nicht die Welt in seinen Freunden sieht, verdient nicht, dass die Welt von ihm erfahre.«
»Das hast du schön gesagt, Traykon.« Sie öffnete die ausdrucksvollen Augen und bedachte mich mit einem warmherzigen Blick. »Ich bewundere dich. Du weißt alles, du kannst alles, und du verstehst dich sogar auf die Dichtkunst. Nie zuvor bin ich jemandem begegnet, der so vollkommen ist wie du.«
Fast wurde ich ein wenig verlegen über dieses Lob. Nicht, dass ich ein Typ war, der sein Licht unter den Scheffel stellte, aber ein Meister der Feder und der Reime war ich nicht, und dass das Wissen von drei Positroniken in mir verankert war, konnte ich ihr schlecht auf das hübsche Näschen binden, also verstieg ich mich zu dem klassischen Ausruf:
»Die unbegreiflich hohen Werke sind herrlich wie am ersten Tag.«
»Oh, mein Traykon, ich liebe dich und deine Künste!«
Nun wurde mir die Sache doch peinlich. Schroffer als beabsichtigt sagte ich:
»Du mich auch.«
Verständnislos blickte mich die Kleine an.
»Du mich auch? Was heißt das?«
Sofort tat mir meine dumme Bemerkung leid, ich ärgerte mich darüber. Im Umgang mit rüden Raumfahrern mochte sie ihre Berechtigung haben, für so liebliche Ohren war sie eigentlich nicht bestimmt. Um eine Ausrede nicht verlegen, hatte ich sofort eine passende – wenn auch alberne – Antwort parat.
»Du liebst mich, ich liebe dich, ich liebe mich, und du mich auch.«
»Ach so.« Sie lachte glockenhell. »Du bist wirklich unterhaltsam.«
»Ich weiß. Scherz erkannt, Witz gebannt.«
»Du bist wirklich ein Schatz.« Wieder lachte Perlmutt. »Was du dir immer für lustige Dinge ausdenkst. Ich erinnere mich noch deutlich daran, als Valabog seine eigenen Verse vortrug und dich um deine Meinung fragte. Weißt du noch, was du ihm gesagt hast?«
»Natürlich, denn mein Gedächtnis ist vollkommen«, gab ich im Brustton der Überzeugung zurück. »Ich antwortete: Du passt zu den Dichtern wie ein A...«
Erschrocken hielt ich inne. Um ein Haar hätte ich einer Dame gegenüber diesen unaussprechlichen Körperteil in den Mund genommen – bildlich gesprochen, denn ich besaß weder eine Analgegend noch ein Organ zur Nahrungsaufnahme. Bevor ich Perlmutt ablenken konnte, ergänzte sie voller Heiterkeit:
»... zu den Gesichtern. Ich habe mich köstlich darüber amüsiert, nur der arme Valabog war etwas geknickt, als er dein Urteil hörte.«
»Vielleicht habe ich es ein wenig hart formuliert. Ich mag ihn, er ist ein netter Kerl, aber er sollte lieber Flurhüter bleiben. Was er sich da zusammenreimt, lässt mir ja direkt mein Gesichtsfeld beschlagen. Was soll ich halten von ›Auf der grünen Wiese / wartet ein Tixud / auf eine milde Brise