Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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den ich traf, ob er etwas über den Verbleib der Kleinen wusste, doch niemand konnte konkrete Auskünfte geben. Schweren Herzens fand ich mich damit ab, dass meine Freundin wohl die Fronten gewechselt hatte – ob aus Hoffnungslosigkeit oder aus Überzeugung, zu den Glasigen zu gehören, konnte dahingestellt bleiben. Ich fühlte mich einsam und verlassen ohne sie und erwog ernsthaft, einfach aufzugeben, denn mein Kampf gegen die Mikrozellen und die Befallenen erschien mir sinnloser denn je. Dann dachte ich jedoch an die, die sich von mir Schutz und Hilfe erhofften, also machte ich weiter.

      Spät in der Nacht tauchte Valabog bei mir auf und bat mich um ein Gespräch. Da jeder wusste, wie sehr ich an Perlmutt hing, nahm ich an, dass er mich mit seinen Hauruck-Gedichten ablenken und aufheitern wollte, aber das war nicht der Fall, im Gegenteil, er rückte mit einem abenteuerlichen Vorschlag heraus, ohne zu reimen.

      »Die tatenlose Warterei zerrt allen an den Nerven. Wir müssen wissen, was die Gegenseite plant, und deshalb habe ich mich entschlossen, ins feindliche Lager überzuwechseln, um Informationen zu sammeln.«

      »Du bist verrückt. Das wäre dein sicherer Tod. Dein Plan ist abgelehnt«, sagte ich kategorisch.

      »Als Immuner habe ich die Pfeile nicht zu fürchten«, wandte der Hobbydichter ein.

      »Dafür um so mehr die Glasigen selbst. Ich verweigere meine Zustimmung zu diesem Unternehmen. Gibt es sonst noch etwas?«

      »Nicht so hastig, ich habe dir ja noch gar nicht erklärt, wie ich vorgehen will.« Valabog setzte eine Verschwörermiene auf. »Ich mache Maske. Kann ich auf deine Unterstützung zählen, oder muss ich es allein tun?«

      Ich verstand. Der Kaytaber hatte vor, sich als Befallener zu tarnen, trotzdem kam ich zu dem Schluss, dass seine Chance gering war, unentdeckt zu bleiben und heil zu uns zurückzukehren.

      »Dein Mut ist bewundernswert, dennoch – das Risiko ist zu groß.«

      »Mein Entschluss steht fest«, beharrte der Flurhüter. »Versuche nicht, mich aufzuhalten, denn es wird dir nicht gelingen. Gute Nacht!«

      Er machte Anstalten, den Raum zu verlassen. Da ich einsah, dass er nicht umzustimmen war, hielt ich ihn zurück.

      »Warte, ich werde dich präparieren. Wenn ich schon sonst nichts für dich tun kann, sollst du wenigstens so echt wie möglich aussehen.«

      »Mehr habe ich auch nicht erwartet. Fang gleich an.«

      Seufzend machte ich mich an die Arbeit, schor eine Stelle am Rücken kahl und komponierte aus Gel und anderen Zutaten eine Pustel, die nicht nur sehr echt wirkte, sondern auch wasserfest war und so elastisch, dass sie durch Muskelbewegungen nicht riss oder abplatzte.

      »Du hast nicht unbegrenzt Zeit«, schärfte ich ihm ein. »Zwei, drei Tage vielleicht, nicht mehr, sonst beginnt das nachwachsende Fell durchzuschimmern.«

      »Danke, Traykon. Ich habe gewusst, dass du mich nicht im Stich lassen würdest. Du bekommst Nachricht über Funk, wenn ich etwas herausgefunden habe.«

      »Sei vorsichtig – und viel Glück, Valabog.«

      Der Dichter ging zur Tür und winkte verabschiedend.

      »Jetzt oder nie! Ich muss den teuren Augenblick ergreifen.«

      Sprach's und verschwand in der Dunkelheit. Ein wenig perplex blickte ich ihm nach. Was der Bursche da von sich gegeben hatte, stammte von Schiller. Seit wann beherrschte ein Kaytaber den Teil? Oder hatte er es von mir aufgeschnappt?

      Eine andere Erklärung gab es wohl nicht. Nachdenklich schloss ich die Pforte und wandte mich wieder meiner Arbeit zu. Ich war nicht sonderlich zuversichtlich, Valabog noch einmal lebend zu Gesicht zu bekommen. Seine äußere Tarnung mochte noch so perfekt sein, aber wenn es unter den Glasigen Telepathen gab – was nicht auszuschließen war – nützte ihm auch die beste Maskerade nichts.

      Meine pessimistische Einstellung musste ich etwas korrigieren, als sich unser Kundschafter kurz nach Sonnenaufgang meldete. Es war kaum mehr als ein »Alles in Ordnung!«, doch ich war froh, etwas von ihm zu hören. Das nächste Lebenszeichen empfing ich am späten Nachmittag. Der Kontakt war nur kurz, dafür aber um so inhaltsschwerer. Man war dabei, Kommandos zusammenzustellen, die die Immunen beseitigen sollten. Zwar konnte Valabog keinen genauen Termin nennen, doch meine Befürchtung bestätigte sich, dass ein Kampf unausweichlich war. Sofort warnte ich die kleine Schar, die hier versammelt war, und ließ die Wachen verstärken.

      Durch die sich abzeichnende Entwicklung war meine Arbeit im Labor überflüssig und unwichtig geworden. So ließ ich Versuche Versuche sein und half mit, unsere Verteidigungsanlagen zu vervollkommnen und Fluchtwege zu schaffen. Aus psychologischen Gründen hatte ich das bisher vernachlässigt und sah eigentlich auch jetzt noch keinen Sinn darin, doch die anwesenden Mütter bestanden darauf, im Notfall wenigstens die Kinder in Sicherheit zu bringen.

      Ich beugte mich dieser Forderung, ohne Einwände zu machen, dabei wusste ich, dass die Notausgänge keineswegs Rettung verhießen. Wem es gelang, in die Wildnis zu entkommen, würde irgendwann doch noch den Glasigen in die Hände fallen oder ein Opfer der Tixudkatzen werden.

      Valabogs nächster Funkruf erreichte mich in den frühen Morgenstunden des noch jungen Tages bei einem Patrouillengang. Mit wenigen Worten berichtete er, dass eine Gruppe gebildet worden war, die mich ausschalten und vernichten sollte. Kopf dieses Kommandos war Perlmutt. Der Dichter warnte noch vor der Brutalität und der Rücksichtslosigkeit der Glasigen, als das Gespräch abrupt unterbrochen wurde. Ich hörte noch ein paar dumpfe Laute, ein Rauschen, dann war der Kontakt endgültig weg. Es war nicht auszuschließen, dass das Kommunikationsgerät seinen Geist aufgegeben hatte, aber daran glaubte ich nicht. Wahrscheinlicher war, dass man den Immunen als solchen erkannt und entlarvt hatte. Der arme Valabog weilte vermutlich nicht mehr unter den Lebenden.

      Und ich? Dass meine Existenz bedroht war, vermochte mich nicht zu schrecken, doch dass ausgerechnet mein kleiner Liebling der Chef dieser Einheit war, die mir den Garaus machen sollte, traf mich sehr. Galt ihr unsere Freundschaft nichts mehr, war die Beeinflussung tatsächlich so stark, dass unsere harmonische, teilweise sogar innige Beziehung plötzlich wie weggewischt war?

      Es schien so. Perlmutt war zu einem Feind geworden, ihr Ziel war, mich zu vernichten. Das konnte ich natürlich nicht zulassen – schon aus dem einfachen Grund, weil eine derartige Passivität nicht mit meinem Selbsterhaltungsprogramm vereinbar war. Es tat mir weh, ausgerechnet gegen sie antreten zu müssen, aber das ließ sich wohl nicht vermeiden. Ob sie es sich gewünscht hatte, mich zum Gegner zu haben? Ich konnte es mir eigentlich nicht vorstellen, obwohl Valabog es behauptet hatte. Wie auch immer – ich würde sie vorsichtig behandeln.

      6.

      Der Angriff erfolgte zur Mittagszeit. Unsere aufmerksamen Wachen gaben sofort Alarm, und es dauerte noch nicht einmal drei Minuten, bis alle auf ihrem Posten waren. Es war selbstverständlich, dass ich mich an vorderster Front befand.

      Insgeheim hatte ich gefürchtet, dass alle Bewohner von Yutlamal aufbrachen, um uns zu überrollen, doch das war nicht der Fall. Es waren noch nicht einmal tausend Glasige, die auf unser Lager vorrückten. Das gab meinen Mitstreitern Auftrieb, mir dagegen wurde es mulmig. Wie Valabog angedeutet hatte, war die Entwicklung der Psi-Fähigkeiten sehr individuell und bei den meisten nur schwach ausgeprägt, doch was sich auf uns zu bewegte, konnte nicht dazu zählen, sondern musste so etwas wie die Mutantenelite sein. Noch bevor die Menge auf Speerwurfweite herangekommen war, verwandelten sich die Absperrungen in nutzlose Trümmerhaufen, ohne dass erkennbar war, wer oder was dafür verantwortlich war.

      So gut es ging, hatte ich meine Freunde darüber informiert, was psi-begabte Lebewesen leisten konnten, doch damit konfrontiert zu werden, war eine andere Sache. Von Schreck gezeichnet, umklammerten sie ihre Waffen, harrten jedoch aus. Auf meinen Befehl hin wurden die vorhandenen Kraftstoffvorräte in einen Graben geschüttet und angezündet. Sofort loderte eine riesige Flammenwand zum Himmel empor. Die Hitze war so groß, dass die Posten zurückwichen.

      Meine Hoffnung, dass die Gegenseite ebenfalls den Rückzug antreten musste, erfüllte sich nicht. Plötzlich erloschen die Flammen, und auch mein bengalisches Feuer,